Kurswechsel in Frankreich :
Kurswechsel in Frankreich :
Neuer Premier will keine Feiertage mehr streichen
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Anders als sein Vorgänger verspricht Sébastien Lecornu, Beschäftigte zu verschonen. Geld sparen will er in der Verwaltung und bei Privilegien früherer Minister. Die Ratingagenturen muss er noch überzeugen.
Frankreichs neuer Premierminister Sébastien Lecornu hat das umstrittene Vorhaben seines gestürzten Amtsvorgängers eingestampft, zwei Feiertage abzuschaffen. „Ich wünsche mir, dass diejenigen verschont bleiben, die arbeiten. Deshalb habe ich entschieden, die geplante Streichung zweier Feiertage wieder zurückzunehmen“, sagte der Vertraute von Präsident Emmanuel Macron französischen Regionalmedien in einem Interview. Stattdessen brauche es andere Lösungen zur Sanierung der Staatskasse.
Ab nächster Woche werde es Beratungen geben, wie Frankreich dezentralisiert, der Verwaltungsapparat verschlankt und Kommunalparlamenten mehr Verantwortung übertragen werden könne, sagte Lecornu. Er wolle Regierungsbehörden zusammenlegen oder ganz abschaffen und ehemaligen Kabinettsmitgliedern auf Lebenszeit gewährte Privilegien entziehen. „Reformen sind nicht immer nur „für die anderen“, das schafft Misstrauen“, sagte Lecornu.
Frankreich hat mit rund 3,3 Billionen Euro den größten Schuldenberg in der Europäischen Union angehäuft. Gemessen an der Wirtschaftsleistung ist die Schuldenquote mit 114 Prozent die dritthöchste nach der Griechenlands und Italiens. Auch die Staatsausgaben gehören zu den höchsten in der EU.
„Wir bezahlen für die Instabilität“
Mitten in der Haushaltskrise stufte die Ratingagentur Fitch auch die Kreditwürdigkeit des Landes herab – womit sie der strauchelnden Regierung in Paris die Finanzierung ihrer Staatsschulden erschwert. Als Gründe nannte Fitch unter anderem die hohe und voraussichtlich weiter steigende Staatsverschuldung sowie geringe Erfolgschancen für Wirtschaftsreformen, weil das Land politisch instabil und polarisiert sei.
„Wir bezahlen für die Instabilität“, sagte Lecornu in dem Interview, als er auf die Fitch-Analyse angesprochen wurde. Steigende Zinsen für den Schuldendienst hätten direkte Folgen für die Staatskasse, aber auch für das Leben der Menschen und die Unternehmen im Land. In dieser Lage müsse man einen stabilen Finanzkurs finden – das sei „auch eine Frage der Souveränität“.
Lecornus Vorgänger François Bayrou hatte mit einem Sparhaushalt-Vorschlag Proteste ausgelöst und stürzte am Montag nach nicht einmal neun Monaten im Amt über ein Misstrauensvotum im Parlament, das auch seine Mitte-Rechts-Minderheitsregierung zu Fall brachte. Macron ernannte daraufhin Lecornu zum Nachfolger, der zuvor Verteidigungsminister gewesen war und ursprünglich von den Konservativen kommt, aber seit Jahren dem Mitte-Lager angehört.