Mit Unterstützung der Emirate Separatisten erobern große Teile Südjemens
Stand: 21.12.2025 07:23 Uhr
Im Jemen hat eine separatistische Bewegung die Kontrolle über Aden und weitere Teile im Süden übernommen. Im Stellvertreterkrieg ausländischer Mächte ist damit eine von den Emiraten gestützte Gruppe in die Offensive gegangen.
Von Andrea Beer, ARD Kairo
Seit Anfang Dezember hat der seit vielen Jahren andauernde Mehrfrontenkrieg im bitterarmen Jemen eine Facette mehr. Jemenitische Paramilitärs nahmen überraschend einen Großteil der teils ölreichen Provinzen im Südjemen ein und vertrieben andere Milizen und Regierungstruppen.
Es sind Einheiten des sogenannten Südlichen Übergangsrats (STC) unter Führung von Aidarous al-Zubaidi. Die Separatisten wollen den Jemen wieder in Nord und Süd aufteilen. Dabei ist der STC ein relevanter Teil des Präsidialrats, einer weitgehend machtlose Allianz gegen die Huthi im Norden, die international als Regierung des Jemen anerkannt wird.
Nach eigenen Angaben kontrolliert der STC unter anderem Ölförderanlagen sowie die südjemenitische Hafenstadt Aden, wo die Regierung ihre Sitz hat. Präsident Raschad al-Alimi hält sich in Saudi-Arabien auf, und das ohnehin fragile Regierungsbündnis könnte vollends zerfallen.
Jahrelange Kriege und Krisen
Im Jemen leben rund 40 Millionen Menschen. Doch die Situation im Land am Roten Meer ist katastrophal: Nach Schätzungen der Vereinten Nationen hatten 2025 rund 17 Millionen Menschen nicht ausreichend Nahrung. Fast 20 Millionen seien auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Im von ihnen beherrschten Norden verhindert die Huthi-Miliz humanitäre Hilfe. Nach UN-Angaben werden zurzeit fast 60 Mitarbeitende der Vereinten Nationen von den Huthi festgehalten. Die Jahre des Kriegs und der Krisen haben Wirtschaft, Währung, Bildungs- und Gesundheitswesen ausgehöhlt.
2014 nahmen die Huthi nach einem langen Konflikt, unter anderem mit der Zentralregierung, die Hauptstadt Sanaa im Norden des Landes ein und errichten ein militaristisches Regime, das vom Iran gefördert wird. Im Süden wurden die Huthi 2015 von einer militärischen Koalition vertrieben, die von Saudi-Arabien angeführt wurde.
„Recht auf Selbstbestimmung des Südens“
Der Jemen sei eine komplexe Arena sich überschneidender Konflikte und ein Synonym für Krieg und Bürgerkrieg geworden. So führte ein Moderator des Senders Sky News Arabia mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein Interview mit dem STC-Funktionär Mansour Saleh ein.
Dieser verteidigte das militärische Vorgehen der STC-Milizen in den südlichen Provinzen. Es festige die Front des Südens gegen das Huthi-Regime im Norden. „Unsere Vision ist vollkommen klar“, so Mansour: Es ginge um das Recht auf Selbstbestimmung des Südens sowie den Kampf gegen die Huthi-Miliz.
Doch die Begründung sei vorgeschoben, meint der Nahostexperte Andreas Krieg vom King’s College London im Gespräch mit dem ARD-Studio Kairo. Der STC erweitere Macht und Territorium nur unter dem Deckmantel des Kriegs gegen die Huthi-Miliz. Mit den Huthi habe sich der STC bisher fast nie beschäftigt. Rund um Aden und an der Küstenregion im Südjemen habe der STC aber viele Jahre aktiv Regierungsarbeit gemacht und bei der Zivilbevölkerung relativ gute Rückendeckung.
Der Präsident des Jemen, Raschad al-Alimi, wirft seinem Regierungspartner vor, der Alleingang der STC gefährde den gemeinsamen Kampf gegen die mit dem Iran verbündete Schiitenmiliz der Huthi.
Regionalmächte mit widerstreitenden Interessen
Al-Alimi ist von Aden in die saudische Hauptstadt Riad geeilt, um von dort aus die internationale Gemeinschaft zu mobilisieren. Abgesehen vom Problem, das die Huthi unter anderem für die wichtigen Schiffsrouten der Region darstellen, interessiere sich die internationale Gemeinschaft jedoch wenig für den Jemen und habe keine Strategie für dessen Einheit, sagt Nahostexperte Krieg.
Saudi-Arabien unterstützt das Lager um die international anerkannte Regierung. Die Vereinigten Arabischen Emirate hingegen unterstützen den STC militärisch, finanziell und diplomatisch. Wie im brutalen Krieg im Sudan, verfolgen die auf der arabischen Halbinsel konkurrierenden Regionalmächte im Jemen ihre eigenen Ziele und unterstützen unterschiedliche Gruppierungen. Dabei gehe es um wirtschaftliche und strategische Interessen, konstatiert Bakil al-Zidani von der Katar-Universität.
Mithilfe von Milizen im Jemen würde weiter Spaltung im Land geschaffen, was den diese jeweils unterstützenden Regionalmächten weiterhin Kontrolle sichere, so al-Zidani. Das gelte für den Norden, den Westen, den Osten sowie das Zentrum des Jemen, sagte der Professor für internationale Beziehungen im Sender Alaraby mit Sitz in Katar.
„Auf diese Weise können sie ihre Interessen durchsetzen. Und die Milizen blähen sich auf, plündern staatliche Ressourcen, schaffen ein Sicherheitsvakuum und interne Konflikt“, erklärt al-Zidani. „So bleibt der Jemen in diesem Sumpf aus Konflikten stecken, deren Verlauf wir nicht vorhersagen können.“









