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Krieg gegen die Ukraine ++ 100.000 Ukrainer ohne Strom ++
Stand: 27.08.2025 16:30 Uhr
Nach russischen Angriffen auf Energieanlagen sind in drei ukrainischen Regionen etwa 100.000 Menschen ohne Strom. Die Bundesregierung hat 2024 Rüstungsexporte im Wert von 8,15 Milliarden Euro an Kiew genehmigt.
Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:
- Deutschland genehmigt Rüstungsexporte von 8,15 Mrd. an Kiew
- 100.000 Ukrainer ohne Strom
- Wegen Ölgeschäften mit Russland: US-Zölle für Indien verdoppelt
- Witkoff: Treffen mit Vertretern der Ukraine geplant
Die Ukraine prüft die Weitergabe ihrer umfangreichen Daten vom Kriegsgeschehen an Verbündete und will diese als „Trumpf“ bei Verhandlungen über weitere Unterstützung einsetzen. „Die Daten, die wir haben, sind für jedes Land von unschätzbarem Wert“, sagte der für die Digitalisierung zuständige stellvertretende Ministerpräsident Mychajlo Fedorow am Mittwoch in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Die Ukraine sei bei der Weitergabe derzeit jedoch „sehr vorsichtig“.
Die riesigen Datensätze sind für das Training von Modellen der Künstlichen Intelligenz (KI) zur Mustererkennung und für Vorhersagen von entscheidender Bedeutung. Seit der russischen Vollinvasion im Februar 2022 hat die Ukraine eine Fülle von akribisch protokollierten Statistiken vom Schlachtfeld und Millionen Stunden an Videomaterial von Kampfeinsätzen aus der Luft gesammelt. „Ich denke, dies ist einer der ‚Trümpfe‘, wie unsere Kollegen und Partner sagen, um Win-Win-Beziehungen aufzubauen“, sagte Fedorow. Die Nachfrage nach den Daten sei „unglaublich hoch“, aber man sei dabei, eine Strategie zu entwickeln, wie dieser Prozess korrekt organisiert werden könne.
Die Ukraine hat sich zudem als Testfeld für internationale Rüstungsunternehmen positioniert. Fedorow zufolge werden inzwischen zwischen 80 und 90 Prozent der russischen Ziele auf dem Schlachtfeld mit Drohnen zerstört. Dies habe auf beiden Seiten der Front eine „Todeszone“ geschaffen, die sich nach seiner Schätzung etwa zehn bis 15 Kilometer von der Frontlinie erstreckt. Um in diesem Umfeld agieren zu können, setze die Ukraine inzwischen mehrere tausend unbemannte Bodenfahrzeuge (UGVs) ein, um Munition und Nachschub an die Front zu bringen.
Das Bundeskabinett hat das neue Wehrdienst-Modell verabschiedet, das der Bundeswehr zu mehr Soldatinnen und Soldaten verhelfen soll. Das Modell von Verteidigungsminister Boris Pistorius beruht weitgehend auf Freiwilligkeit, eine Wiedereinsetzung der Wehrpflicht ist vorerst nicht vorgesehen. Für junge Männer wird allerdings ab Mitte 2027 eine Musterung verpflichtend.
Pistorius zeigte sich überzeugt, dass die anvisierte personelle Stärkung der Bundeswehr damit gelingen könne. Die Union zweifelt allerdings daran: Ihr geht der Entwurf nicht weit genug.
Die Bundesregierung beschloss zudem die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates. Das Gremium soll bei Krisen tagen und schnelle Entscheidungen herbeiführen können, aber auch Strategien für Bedrohungslagen erarbeiten und Sicherheit vernetzt angehen. Den Vorsitz hat der Bundeskanzler, derzeit also Friedrich Merz. Merz bezeichnete das Gremium nach dem Kabinettsbeschluss als zentrale Plattform für übergreifende Sicherheitsfragen und wichtigen Baustein für eine Sicherheitspolitik aus einem Guss.
Hintergrund für beide Entscheidungen ist auch die Bedrohung durch Russland.
Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr Rüstungsexporte in Höhe von 12,83 Milliarden Euro genehmigt – Deutschland exportierte damit so viele Kriegsgüter wie noch nie. Auf dem ersten Platz bei den Empfängerländern steht die Ukraine mit einem Wert von 8,15 Milliarden Euro, wie aus dem Rüstungsexportbericht hervorgeht, mit dem sich das Bundeskabinett am Vormittag befasste.
Auch die tatsächlichen Rüstungsausfuhren erreichten im vergangenen Jahr ein Rekordhoch. Die Ukraine machte einen Anteil von 64 Prozent aller genehmigten Rüstungsexporte aus. An Kiew gingen unter anderem 306 gepanzerte Kampffahrzeuge, 316 Raketen und Raketensysteme, 78 Kampfpanzer und elf großkalibrige Artilleriesysteme. Weitere große Aufträge gingen an Singapur.
Russland hat in Bezug auf ein Treffen zwischen Präsident Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatsoberhaupt Wolodymyr Selenskyj die Notwendigkeit einer „guten Vorbereitung“ betont. Die Chefs der russischen und ukrainischen Delegationen seien im Gespräch, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Jeder weitere Kontakt auf hohem Niveau oder auf höchster Ebene muss gut vorbereitet sein, um effektiv zu sein“, fügte er hinzu. Ein Datum für ein mögliches Treffen könne er nicht nennen. Kritiker werfen Russland vor, auf Zeit zu spielen während der Angriffskrieg mit unverminderter Härte fortgeführt wird.
Die Diskussionen um die westlichen Sicherheitsgarantien für die Ukraine sehe der Kreml „negativ“, fügte Peskow hinzu. Russland sei gegen die mögliche Stationierung europäischer Truppen in der Ukraine nach einem Friedensabkommen.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat das vom Kabinett beschlossene Gesetzespaket für Sicherheit und Verteidigung mit der Bedrohung aus Moskau begründet. „Russland führt längst hybride Attacken gegen uns“, sagte Merz nach einer Sitzung des Bundeskabinetts im Berliner Verteidigungsministerium. Er verwies unter anderem auf eine „massive Einmischung“ in die deutsche Demokratie sowie gezielte Angriffe auf die IT-Sicherheit.
Zum Gesetzespaket, über das jetzt der Bundestag entscheidet, gehört neben dem neuen Wehrdienst auch die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrats. „Seit 30 Jahren wird diskutiert – wir entscheiden nach vier Monaten“, sagte Merz. Das Gremium soll bei Krisen tagen und schnelle Entscheidungen herbeiführen.
Russland hat nach eigenen Angaben die Ortschaft Osarjaniwka in der ostukrainischen Region Donezk eingenommen. Dies teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die Angaben lassen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen.
In der Ukraine sind nach russischen Angriffen laut Präsident Wolodymyr Selenskyj mehr als 100.000 Verbraucher in drei Regionen ohne Strom. Energieanlagen seien gezielt beschädigt worden, schreibt Selenskyj auf der Online-Plattform X. Der Angriff habe Stromausfälle in den Regionen Poltawa, Sumy und Tschernihiw verursacht.
Der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, bringt gemeinsame europäische Truppen zur Absicherung eines möglichen Friedens in der Ukraine ins Spiel. Vielleicht sei dies jetzt der richtige Zeitpunkt, sagte der CSU-Vize. Er könne sich gemeinsame Truppen mit der europäischen Fahne auf der Uniform vorstellen, eventuell sogar unter Einbindung Großbritanniens. „Zumindest als Option, finde ich, sollte das jetzt auf dem Tisch liegen.“
Europa müsse einen Beitrag leisten, wenn es um verlässliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine gehen. „Wir haben einen Plan B in der Tasche“, ergänzte Weber, sollte Russland seine Angriffe auf die Ukraine nicht einstellen. Dann müsse es weitere Sanktionen gegen Russland geben und noch umfangreichere Waffenlieferungen an die Ukraine.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert Gespräche der Staats- und Regierungschefs über Sicherheitsgarantien für sein Land. Es sei an der Zeit, die wichtigsten Prioritäten und Zeitpläne dafür zu erörtern. „Militärkommandeure, Verteidigungsminister und Sicherheitsberater bereiten auf verschiedenen Ebenen die Komponenten der künftigen Sicherheit vor“, schreibt Selenskyj auf der Online-Plattform X. „Wir beschleunigen den Prozess der Festlegung der Details.“
Die russische Flugabwehr hat nach eigenen Angaben 26 ukrainische Drohnen abgefangen, 15 davon über der Oblast Rostow. Wie viele gegnerische Drohnen insgesamt gestartet wurden, teilt die russische Seite nicht mit.
Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben 74 russische Drohnen abgefangen und zerstört. Insgesamt hätten die russischen Streitkräfte bei ihrem nächtlichen Angriff 95 Drohnen auf Ziele im ganzen Land gefeuert. In der Region Poltawa im Zentrum der Ukraine wurde nach Angaben des Gouverneurs die Energieinfrastruktur getroffen. Es sei zeitweise zu Stromausfällen gekommen.
Auch in der Stadt Sumy im Norden wurde nach Angaben örtlicher Behörden die kritische Infrastruktur getroffen, alle Anlagen zur Wasserversorgung seien ohne Stromversorgung und auf Notstromaggregate angewiesen.
Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Bei russischen Angriffen auf die Stadt Cherson ist nach ukrainischen Angaben eine 81-jährige Frau getötet worden. Eine 53-Jährige sei bei dem Artillerieangriff in den frühen Morgenstunden verletzt worden, teilte die Staatsanwaltschaft im Onlinedienst Facebook mit. Die Frau wurde demnach in ein Krankenhaus eingeliefert.
Zudem wurde nach Angaben der Militärverwaltung ein 56-Jähriger bei einem Drohnenangriff im Zentrum von Cherson verletzt. Die Staatsanwaltschaft eröffnete nach eigenen Angaben Ermittlungen wegen möglicher Kriegsverbrechen.
Bei einem russischen Luftangriff in der zentralukrainischen Region Poltawa ist nach Angaben der örtlichen Behörden ein Energieunternehmen beschädigt worden. Dadurch sei es vorübergehend zu Stromausfällen gekommen, teilt Regionalgouverneur Wolodymyr Kohut auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Die Stromversorgung sei inzwischen wiederhergestellt worden.
Die Frist für neue US-Zölle auf Importe aus Indien wegen dessen Ölgeschäften mit Russland ist abgelaufen. US-Präsident Donald Trump hatte Anfang August angeordnet, dass die zusätzlichen Zölle in Höhe von 25 Prozent um 6.01 Uhr deutscher Zeit in Kraft treten. Ein hochrangiger Regierungsbeamter bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass die Maßnahme wie angekündigt kommt.
Die neuen Zölle gelten somit planmäßig ab jetzt. Damit verdoppelt sich der unter Trumps Regierung für Indien verhängte Zollsatz auf 50 Prozent. Trump will mit dem Schritt die wirtschaftliche Basis des Kremls weiter schwächen. Indien war im Juni nach China der zweitgrößte Abnehmer russischer fossiler Brennstoffe. Russland führt seit mehr als drei Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine und hält seine Kriegsmaschinerie vor allem damit am Laufen, dass es seine Rohstoffe verkauft, vor allem fossile Brennstoffe wie Öl und Gas.
US-Regierungsvertreter haben Insidern zufolge mit Russland am Rande der jüngsten Verhandlungen über einen Frieden in der Ukraine auch über mehrere Energiegeschäfte gesprochen. Wie fünf mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten, wurden diese Geschäfte als Anreize vorgeschlagen, um den Kreml zu ermutigen, dem Frieden in der Ukraine zuzustimmen.
Im Gegenzug habe man eine Lockerung der Sanktionen vorgeschlagen. Konkret sei es um eine mögliche Rückkehr des US-Ölkonzerns Exxon Mobil in das Öl- und Gasprojekt Sachalin-1 gegangen, hieß es weiter. Zudem sei der mögliche Kauf von US-Ausrüstung für russische Flüssiggas-Projekte wie Arctic LNG 2 erörtert worden, die unter westlichen Sanktionen stünden.
Vor einem Treffen der EU-Außen- und Verteidigungsminister ab Donnerstag in Kopenhagen hat sich die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas für „glaubwürdige und robuste“ Sicherheitsgarantien zur Sicherung eines künftigen Friedens in der Ukraine ausgesprochen.
„Zur Rückversicherung für die Ukraine müssten die westlichen Friedenstruppen gut ausgerüstet und in der Lage sein, sich verteidigen zu können“, sagte Kallas der „Welt“.
Die Sicherheitsgarantien müssten stark genug sein, um Russland von einem weiteren Angriff auf die Ukraine abzuhalten. „2022 darf sich nicht wiederholen“, sagte Kallas mit Blick auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022.
Die Trümmer einer zerstörten ukrainischen Drohne haben in einem Wohnhaus in der südrussischen Stadt Rostow am Don Behörden zufolge ein Feuer ausgelöst. Wie der Gouverneur der Region Rostow, Juri Sljusar, über die Nachrichten-App Telegram mitteilte, mussten 15 Bewohner evakuiert werden.
Er fügte hinzu, dass das Feuer schnell unter Kontrolle gebracht wurde. Zuvor hatte der Gouverneur erklärt, russische Flugabwehreinheiten hätten zehn ukrainische Drohnen über drei verschiedenen Teilen der Region Rostow zerstört.
Der US-Gesandte Steve Witkoff will sich nach eigenen Angaben noch in dieser Woche mit Vertretern der Ukraine treffen. „Ich werde mich also diese Woche in New York mit ihnen treffen, und es ist ein wichtiges Signal, dass wir täglich mit den Russen sprechen“, sagte Witkoff dem US-Sender Fox News.