Stand: 11.12.2025 12:14 Uhr
Als „schreckliche Jubelschreie der Hirten“ wurde es schon im 4. Jahrhundert erwähnt – nun hat die UNESCO das Schweizer Jodeln als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Es sei eine Kulturpraxis, die „Einheit stifte“, hieß es im Antrag.
Das Schweizer Jodeln ist als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt worden. Ein Ausschuss der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) gab dem Antrag bei einer Sitzung in Neu-Delhi in Indien statt.
Gerade die Ausbildung von Jodlerinnen und Jodlern aller Altersgruppen in der Schweiz wurde vom Vorsitzenden der Bewertungskommission, Rimvydas Laužikas, gelobt. Und Jodeln sei auch einfach schön und verbinde die Menschen. Schon in der Schweizer Bewerbung hatte es geheißen, Jodeln diene als „kraftvoller Ausdruck der Identität und einer Einheit stiftenden Kulturpraxis“.
Altbacken oder nicht?
„Es ist wie vorgezogene Weihnachten“, sagt Nadja Räss, Jodlerin und Professorin an der Hochschule für Musik in Luzern, dem Schweizer Sender SRF. Sie unterrichtet das Jodeln dort als Studienfach und hatte den Antrag mit vorbereitet. Mit Studentinnen und Studenten war sie nun eigens vor fünf Uhr morgens aufgestanden, um die Entscheidung in Neu-Delhi live zu verfolgen.
Am Antrag beteiligt war auch Barbara Betschart, Leiterin des Zentrums für Appenzeller und Toggenburger Volksmusik, des Roothuus Gonten. „Es gilt unter anderem, der Meinung entgegenzuwirken, dass das Jodeln eine altbackene Sache ist“, sagte sie vor der Entscheidung. Es gibt zwar viele Jodlergruppen, die traditionell in Tracht die alten Melodien singen, aber andere Musiker jodeln längst auch in Verbindung mit Jazz, Techno, Rock und Rap. Sie nennen sich „Wildjodler“.
„Schreckliche Jubelschreie der Hirten“
Jodeln ist ein Gesang ohne Text und Worte, bei dem zwischen tiefer Brust- und hoher Falsettstimme gewechselt wird. Er soll auf Hirten zurückgehen, die sich einst zwischen weit entfernten Bergweiden so verständigt haben sollen. Schon im 4. Jahrhundert erwähnten christliche Mönche das Jodeln, die damals despektierlich über „schreckliche Jubelschreie der Hirten“ schrieben, wie Lea Hagmann, Musikethnologin an der Universität Bern, dem SRF sagte. Es zeige, wie lange es das Jodeln schon als „emotionalen Ausdruck“ gebe.
Es geht bei dem UNESCO-Eintrag nicht um die Technik des Jodelns, so Hagmann weiter. Die gibt es nicht nur im Alpenraum, sondern in zahlreichen anderen Ländern. Tatsächlich sind schon Jodelgesänge aus Simbabwe in Südafrika und Georgien auf der UNESCO-Liste. Vielmehr bewerbe sich ein Land, um seine ganz eigene Geschichte, sein Repertoire und die Vielfalt der Tradition würdigen zu lassen.
Mit der Einschreibung verpflichten sich die Vertragsstaaten, das Immaterielle Kulturerbe auf ihrem jeweiligen Staatsgebiet zu fördern. Das Bundesamt für Kultur in Bern teilte mit, es werde nun verstärkt den Nachwuchs sowie die Ausbildung fördern. Zudem soll das Jodeln systematisch dokumentiert und weiter erforscht werden.
Italiens Küche und Lichterfest Diwali aufgenommen
Zum Immateriellen Kulturerbe werden lebendige Traditionen aus den Bereichen Tanz, Theater, Musik, mündliche Überlieferungen, Naturwissen und Handwerkstechniken gezählt. Der UNESCO-Ausschuss nahm in der Sitzung, die bis zum 13. Dezember dauert, unter anderem bereits die italienische Küche, die Schwimmbad-Kultur auf Island und das vom Gastgeberland Indien nominierte hinduistische Lichterfest Diwali (Dipavali) auf.
Anträge aus Deutschland wurden in Neu-Delhi nicht behandelt. Auf der Liste stehen aber bereits mehr als 130 deutsche Traditionen, darunter die Apfelweinkultur, das Brieftaubenwesen, die Falknerei und das Hebammenwesen.
Mit Informationen von Peter Hornung, ARD Neu-Delhi









