Reform des Wehrdienst „Klingt nach mehr Bürokratie“
Stand: 13.11.2025 16:26 Uhr
Aus der Opposition kommt Kritik an den Plänen der Regierung zum Wehrdienst. Die Grünen sprechen von „Verschlimmbesserung“, die Linke von einer grundsätzlich „schlechten Sache“. Schüler-Vertreter melden sich mit Forderungen.
Der Wehrdienst-Kompromiss der schwarz-roten Koalition stößt auf ein gemischtes Echo. Kritik kommt vor allem aus den Oppositionsparteien – aber auch von Vertretern junger Menschen.
Die Grünen-Politikerin Sara Nanni sieht in der Einigung eine „Verschlimmbesserung“. Insgesamt klinge der Vorschlag nach mehr Bürokratie als der ursprüngliche aus dem Ressort erarbeitete und vom Kabinett beschlossene. Der Kompromiss sei nun ein „klarer Punktsieg für die SPD“, so Nanni. Eine umfassende Musterung halte sie für „kaum machbar“.
Im Oktober hatte die Unionsfraktion das schon vom Kabinett verabschiedete Gesetz zum neuen Wehrdienst wegen Bedenken gestoppt. Auch innerhalb der SPD gab es vor allem beim Losverfahren einen Dissens.
Linke will Hilfs- und Beratungszentren aufbauen
Kritik kam nun auch von den Linken. Parteichef Jan van Aken kündigte Widerspruch an: „Wir sind gegen jede Form von Zwangsdienst“, sagte er der Funke Mediengruppe. Er wandte sich auch gegen die Einbeziehung von Frauen in eine mögliche künftige Wehrpflicht. „Eine schlechte Sache wird ja nicht besser, nur weil sie alle Menschen betrifft“, so van Aken.
Linken-Fraktionschef Sören Pellmann erklärte, bei dem Kompromiss der Koalition komme die junge Generation unter die Räder. „Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass die Wehrpflicht kommen wird“, so Pellmann. „Die Linke arbeitet bereits jetzt am Aufbau von Hilfs- und Beratungsangeboten für die jungen Menschen – auch und gerade, wenn sie den Kriegsdienst verweigern wollen.“
Dürr: „Völlig aus der Zeit gefallen“
FDP-Chef Christian Dürr hingegen forderte eine Grundgesetzänderung, um auch Frauen zum Wehrdienst verpflichten zu können. „Bei der Verteidigung unseres Landes können wir es uns nicht leisten, auf die Hälfte der Bevölkerung zu verzichten“, sagte Dürr der Nachrichtenagentur AFP. „Dass Union und SPD Frauen ausschließen, ist völlig aus der Zeit gefallen.“ Im Bundestag wäre für eine Grundgesetzänderung eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, die als aussichtslos gilt. Die FDP ist nach ihrem schwachen Abschneiden bei der letzte Wahl nicht mehr im Bundestag vertreten.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im EU-Parlament, sprach von einem schwachen Kompromiss. Kritik übte sie an dem geplanten Losverfahren: „Dass immer noch ein Losverfahren geplant ist, ist ein schlicht unseriöses Vorgehen von Union und SPD.“
Bundesschülerkonferenz nennt Vereinbarung unzureichend
Auch der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Quentin Gärtner, kritisierte die Vereinbarung als unzureichend. Er forderte in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, das Wehrdienstgesetz „mit einer Offensive für Bildung und mentale Gesundheit junger Menschen“ im Umfang von 100 Milliarden Euro zu flankieren.
„Es gibt noch nicht einmal das kleinste Signal, dass der Staat auch bereit ist, für uns Verantwortung zu übernehmen“, sagte Gärtner. „So kann man nicht verteidigungsfähig werden.“ Die vorgesehene Freiwilligkeit für den Dienst bei der Bundeswehr werde „absehbar scheitern“.
„Schritt in die richtige Richtung“
Als Schritt in die richtige Richtung sieht die Einigung der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, André Wüstner. Es handele sich um einen „Kompromiss, der zumindest die Attraktivität des freiwilligen Einstiegs in die Bundeswehr stärkt“ und „Transparenz mit Blick auf den Aufwuchs erzeugt“, sagte er der Zeitung Welt.
Union und SPD hatten sich am Mittwochabend auf die Ausgestaltung des neuen Wehrdienstes geeinigt. Die Koalition setzt dabei weiter auf Freiwilligkeit und will dafür den Wehrdienst durch ein geplantes Gehalt von 2.600 Euro brutto attraktiver machen. Außerdem sollen künftig alle 18-Jährigen einen Fragebogen erhalten, der ihre Bereitschaft zur Absolvierung des Wehrdienstes abfragt. Für Männer ist die Beantwortung des Fragebogens verpflichtend, ebenso wie die Musterung aller Männer, die ab dem 1. Januar 2008 geboren wurden.









