Bund-Länder-Finanzen Klamm, klammer, Kommunen?
Stand: 15.11.2025 16:37 Uhr
Der Bundeshaushalt steht. Die Kommunen würden von dem Geld gerne mehr abbekommen – für zusätzliche Aufgaben, die ihnen der Bund auferlegt. Der Bund sagt: Wir zahlen schon mehr, als wir müssten. Wer hat Recht?
Die Kassen sind leer, in vielen deutschen Kommunen. Sogar mehr als das, sagt Uwe Conradt. „Städte und Gemeinden ertrinken in Schulden“, sagt der CDU-Oberbürgermeister von Saarbrücken und Vizepräsident des Deutschen Städtetages. Im vergangenen Jahr kamen die Kommunen zusammen auf ein Rekorddefizit von 25 Milliarden Euro.
Bei der Suche nach Schuldigen zeigt Conradt auf die Bundesregierung. „Alle erwarten, dass die Wünsche aus Berlin am Ende Städte und Gemeinden umsetzen und bezahlen.“ Das müsse sich aber auch im Geld widerspiegeln. „Wie beim Kaffee, den man bestellt, muss gelten: Wer ihn bestellt, der muss ihn auch bezahlen. Sonst funktioniert das System nicht.“
Brandbrief an den Kanzler
„Wer bestellt, bezahlt“: Damit haben sich Conradt und 12 andere Oberbürgermeister von Landeshauptstädten in einem Brandbrief an Kanzler Friedrich Merz gewandt. Die Bundesregierung müsse künftig in jedem Gesetzentwurf, der sich auf die Kommunen auswirkt, die Finanzierung sicherstellen. Der Bund bestellt, auch bei den Kommunen – mit neuen Gesetzen.
Der Bund zahlt aber auch jetzt schon zusätzlich, obwohl er das rechtlich gar nicht müsste: Zum Beispiel mehr als 100 Milliarden Euro aus dem schuldenfinanzierten Sondervermögen für den Bau von Straßen, Schulen, Kitas. Und anders als der Bund müssen Länder und Kommunen das Geld nicht zwingend für zusätzliche neue Investitionen in die Infrastruktur ausgeben. Auch beim Abbau von kommunalen Altschulden will der Bund unterstützen.
Personalkosten und Sozialausgaben steigen
„Da fließt schon einiges an Geld“, sagt der Steuerpolitik-Experte Björn Kauder vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. „Aber es reicht eben nicht.“
Zu schaffen machen den Kommunen vor allem steigende Personalkosten und steigende Sozialausgaben – etwa die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung. Aber auch die Kosten für die Kinderbetreuung. „Gerade da ist aufgrund der politischen Wünsche viel passiert und ausgebaut worden. Die kommunalen Ausgaben dafür haben sich in den letzten 30 Jahren vervierfacht“, sagt Kauder.
Politische Wünsche, die der Bund allerdings nicht allein durchsetzt. Denn im Bundesrat bestimmen die Länder mit – auch stellvertretend für die Kommunen, für die sie zuständig sind. Das müsse man im Hinterkopf behalten, sagt Kauder. „Denn in der öffentlichen Debatte entsteht oft der Eindruck, als ob der Bund das einfach macht und die Länder haben da gar kein Mitspracherecht. Dem ist nicht so.“
Länder nehmen am meisten Steuern ein
Die Länder stimmen oft auch solchen Gesetzen zu, die für die Kommunen teuer sind. Hinzu kommt: Die Länder selbst nehmen am meisten Steuern ein – rund 44 Prozent, wovon sie Geld an die Kommunen weitergeben müssen. Der Anteil des Bundes liegt bei rund 40 Prozent, der der Kommunen bei 16 Prozent.
Dennoch zeigt sich die Bundesregierung bereit, auf die finanzielle Schieflage der Kommunen zu reagieren. „Wir müssen den Kommunen helfen, dass sie auch gesetzlichen Verpflichtungen, die wir ihnen auferlegen, erfüllen können“, sagte Kanzler Merz bei seinem Antrittsbesuch in Mecklenburg-Vorpommern Anfang des Monats.
Der Kanzler sagt: Mehr Geld ist nicht drin
Seine Koalition hat versprochen, Aufgaben und Geld fair zu verteilen – nach dem Prinzip: „Wer bestellt, bezahlt“. So steht es im Koalitionsvertrag.
Bis zur Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Kanzler Anfang Dezember sollen Ideen dazu vorliegen – Arbeitsgruppen von Bund, Ländern und Kommunen arbeiten derzeit daran. Ein Vorschlag, wie die Finanzbeziehungen künftig geändert werden könnten, kommt von den Grünen: Sie plädieren dafür, den direkten Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer zu erhöhen. Der liegt im Moment noch bei zwei Prozent. „Einfach, unbürokratisch und schnell umsetzbar“, nennt Parteichefin Franziska Brandner ihren Vorschlag.
Mehr Geld will Merz aber nicht versprechen. Er sieht vor allem die Lücken im eigenen Haushalt: „Weder Bund noch Länder sind in der Lage, steigende Kosten zu kompensieren mit höheren Zuwendungen an die Kommunen. Wir müssen an die Kosten heran.“
An die Kosten, also an die Ausgabenseite. Das könnte bedeuten: weniger Aufgaben für die Kommunen. Auch da wäre der Bund gefragt. Der alte Streit ums Geld zwischen Bund, Länder und Kommunen dürfte wohl noch eine Weile weitergehen.










