Zweidrittelmehrheit im Bundestag Drei neue Richter für Bundesverfassungsgericht gewählt
Stand: 25.09.2025 20:07 Uhr
Im zweiten Anlauf hat der Bundestag drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht gewählt. In der geheimen Abstimmung erhielten Sigrid Emmenegger, Günter Spinner und Ann-Katrin Kaufhold die nötige Zweidrittelmehrheit.
Der Bundestag hat drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Wie Bundestagsvizepräsidentin Andrea Lindholz bekannt gab, erhielten die von der SPD nominierten Kandidatinnen Sigrid Emmenegger und Ann-Katrin Kaufhold sowie der Unions-Kandidat Günter Spinner in geheimer Wahl jeweils die notwendige Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen.
Dafür war es nötig, dass neben den Abgeordneten der Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD auch Parlamentarier der Grünen und Linken mitstimmten. Emmenegger erhielt von 613 abgegebenen Stimmen 446, Kaufhold 440 und Spinner 424 Ja-Stimmen. Die Ernennung durch den Bundespräsidenten ist für Anfang Oktober geplant. Bereits an diesem Freitag steht aber im Bundesrat die Wahl der neuen Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts an. Für diesen Posten ist Kaufhold vorgeschlagen.
Union und SPD erleichtert über Ergebnis
„Es ist eine große Erleichterung, dass es so gut geklappt hat“, sagte Unions-Parlamentsgeschäftsführer Steffen Bilger nach der Abstimmung im TV-Sender Welt. Bis auf Außenminister Johann Wadephul, der in New York bei den Vereinten Nationen ist, hätten aus den Koalitionsfraktionen alle Abgeordneten an der Wahl teilgenommen, sagte der CDU-Politiker. Es sei wichtig gewesen, „dass die Koalition steht“.
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch sprach von einem wichtigen Tag für die Demokratie in Deutschland. Er bedankte sich ausdrücklich bei den Abgeordneten der Linken und der Grünen. „Ich glaube, das ist ein Signal, was über den Tag hinaus wirkt. Denn wir werden hier jetzt auch die Dinge weiter in Angriff nehmen, die im Zweifel auch Zweidrittelmehrheiten bedürfen.“
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann sagte, die Koalition habe sich handlungsfähig und entscheidungsfähig gezeigt. Auch er bedankte sich bei den Oppositionsabgeordneten, die zur Mehrheit beigetragen haben. „eder dieser Kollegen hat staatspolitische Verantwortung bewiesen und das ist das, was unser Land und unsere Demokratie jetzt braucht.“
Reichinnek sieht „Heuchelei“
Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek warf der Union nach der Wahl vor, in Kauf genommen zu haben, den eigenen Kandidaten mit AfD-Stimmen wählen zu lassen. Die Union habe sich „vehement geweigert, für demokratische Mehrheiten zu sorgen“. Die Union hatte ihre Weigerung, mit der Linkspartei über eine Zustimmung zu Spinner zu verhandeln, mit ihrem Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken begründet. Reichinnek nannte das „Heuchelei“.
Wie viele Abgeordnete von Grünen, Linken und AfD ihre Stimmen für die drei Kandidaten abgegeben haben, wird unklar bleiben, weil es sich um eine geheime Wahl handelte. Die Grünen hatten bereits im Vorfeld Zustimmung signalisiert, die Linken ließen ihr Abstimmungsverhalten beim Unions-Kandidaten Spinner offen, stellten aber ihre Unterstützung der beiden SPD-Nominierten in Aussicht. Die AfD lehnte im Vorfeld der Abstimmung die SPD-Kandidatinnen ab, unterstützen aber Spinner.
Der Deutsche Richterbund (DRB) reagierte „erleichtert“ auf das Ergebnis. „Es ist gut, dass der Bundestag nun seine Handlungs- und Kompromissfähigkeit in dieser Frage bewiesen hat“, sagte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn den Funke-Zeitungen.
Wahl stellte Koalition auf die Probe
Der erste Anlauf für die Richterwahl war im Juli gescheitert, was für erhebliche Verstimmungen in der Koalition gesorgt hatte. Die Wahl galt auch als Testfall für die Arbeitsfähigkeit der schwarz-roten Koalition.
Grund war Widerstand in der Union gegen die damalige SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf – unter anderem wegen deren Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen. Die Potsdamer Staatsrechtlerin verzichtete später auf ihre Kandidatur. Mit der Bundesverwaltungsrichterin Emmenegger hatte die SPD eine Ersatzkandidatin gefunden. Allerdings gab es auch gegen sie in der Union vereinzelte Bedenken wegen ihrer Haltung zum Klimaschutz und zu Vergesellschaftungen.