Einzelkritik
Stand: 08.09.2025 07:25 Uhr
Die deutschen Spieler haben gegen Nordirland mit viel Einsatz aber wenig Ideen gespielt. In der Kategorie Kreativität gibt es noch viel Luft nach oben.
Tor – Oliver Baumann: Der Torhüter hatte insgesamt sehr wenig zu tun, beim Gegentreffer kam der Hoffenheimer einen Schritt zu spät, ohne dass man ihm eine Mitschuld geben könnte. Wirkte dabei genauso überrascht wie die gesamte deutsche Elf. Ansonsten solide ohne große Auffälligkeiten, war zur Stelle, wenn er zur Stelle sein musste.
Abwehr – Waldemar Anton: Mit seiner stabilen Statur und seiner Größe eine Erscheinung in der neu formierten Abwehrkette. Der Dortmunder fügte sich zunächst gut ein, wirkte selbstbewusst und auch passsicher. Aber: Der 29-Jährige verlor nach einem Eckball der Gäste ein Kopfballduell gegen Paddy McNair, danach wirkte er verunsichert und hatte Glück, dass Schiedsrichter Espen Eskas vor dem Pausenpfiff nicht auf Elfmeter gegen ihn entschied. Fing sich im zweiten Durchgang wieder und setzte einen Raum-Freistoß mit dem Kopf knapp über das gegnerische Tor.
Abwehr – Robin Koch: Noch so ein baumlanger Verteidiger, der den Nordiren mit Körperlichkeit den Zahn ziehen sollte. Der Frankfurter spielte so robust, wie man es von ihm kennt. Machte keine entscheidenden Fehler, sondern arbeitete seine Aktionen routiniert mit Leidenschaft und Übersicht ab.
Abwehr – Antonio Rüdiger: Wurde gegen die Nordiren nicht in diese Eins-zu-eins-Duelle verstrickt, in denen er gegen die Slowakei noch so unglücklich aussah. Spielte grundsätzlich solide, allerdings hat Rüdiger immer wieder kleine Fehler in seinem Spiel. So geschehen vor dem Ausgleich. Rüdigers unnötiger Ballverlust führte zum Eckball für die Gäste, der zum Gegentreffer führte. Der Madrilene strotzt derzeit nicht gerade vor Selbstvertrauen. Das kann er nicht verstecken.
Mittelfeld – Jamie Leweling: Die Aufgabe des Stuttgarters war eindeutig zu sehen. Er sollte die großen Räume hinter der nordirischen Abwehrkette über die rechte Seite nutzen. Diesen Auftrag nahm er sehr ernst, startete immer wieder und bot diesen Laufweg seinen Mitspielern an – die übersahen ihn dann aber regelmäßig. Vom sprintstarken Offensivspieler gingen in der zweiten Hälfte dann mehr Impulse aus, auch einen sehenswerten Torschuss feuerte er ab. Aber er hat noch mehr Möglichkeiten, als er in diesem Spiel zeigen konnte.
Mittelfeld – Joshua Kimmich: Der eigentliche deutsche Spielgestalter bekam die Partie nie richtig in den Griff und setzte kaum Akzente: Viele Querpässe, keine Ideen, wenig Präsenz. Der Münchner scheint seine Rolle in diesem Team noch zu suchen. Dabei werden seine so gefürchteten Chip-Bälle hinter die gegnerischen Abwehrketten so vermisst. Der 30-Jährige zeigt sich derzeit alles andere als in Topform.
Mittelfeld – Pascal Groß (bis 66.Min): Arbeitete viel im defensiven Mittelfeld, ohne Schnörkel aber auch ohne Esprit und Ideen. Sicher, Kreativität ist nicht die vorrangige Aufgabe des Dortmunders. Aber ein wenig mehr positiven Einfluss auf das deutsche Offensivspiel wäre sicher wünschenswert gewesen.
Mittelfeld – David Raum: War auf seiner linken Seite fleißig unterwegs, sein Wille war ihm deutlich anzusehen. Aber viel besser wurde es lange nicht, weil er sich einfach nicht durchsetzen konnte. Von den gefährlichen Flanken, mit denen er sich einst einen Namen machte, war so gut wie nichts zu sehen. Im Laufe der zweiten Hälfte wurde er aber zielgenauer. Sein Freistoß fand Antons Stirn, seine Flanke Amiri, der nur noch einschieben musste. Deutliche Leistungssteigerung.
Angriff – Serge Gnabry (bis 61. Minute): Die ersten paar Ballkontakte waren nix, da ging noch viel schief. Was aber hervorragend klappte: Als der Münchner seine Schnelligkeit und seine Robustheit im Zweikampf ausspielen und zum frühen 1:0 verwandeln konnte. War in der ersten Hälfte der auffälligste deutsche Spieler. Einen fatalen Fehler beging er dennoch: Er ließ vor dem 1:1 seinen Gegenspieler Isaac Price im Strafraum davon ziehen und seelenruhig verwandeln. Tauchte bis zu seiner Auswechslung dann aber nahezu ab.
Angriff – Florian Wirtz: War sehr bemüht, seine überschaubare Darbietung gegen die Slowakei vergessen zu machen. Aber der 22-Jährige spielt derzeit noch nicht mit dieser Selbstverständlichkeit und Leichtigkeit, die er einst in Leverkusen an den Tag gelegt hatte. Der Neu-Liverpooler war unermüdlich unterwegs, hatte viele Ballkontakte, aber verlor überraschend den einen oder anderen Zweikampf. Wirtz steigerte sich im Laufe des Spiels und erzielte mit seiner genialen Schusstechnik das 3:1. Vielleicht findet er mit diesem Erfolgserlebnis jetzt zu alter Stärke zurück.
Shea Charles und Florian Wirtz im Duell
Angriff – Nick Woltemade (bis 61. Min): In den ersten zehn Minuten war der Stürmer schon mehr unterwegs als im gesamten Spiel gegen die Slowakei. Woltemade ließ sich immer wieder ins Mittelfeld und sogar in die Abwehr fallen, scheute keinen Zweikampf und rieb sich auf. Der Neu-Newcastle-Stürmer zeigte in der Anfangsphase die Präsenz, die der Bundestrainer vom 23-Jährigen erwartet. Und dann war es plötzlich wie abgerissen. Torgefahr strahlte er nicht aus. Gegen seine Auswechslung gab es jedenfalls keine Proteste.
Angriff – Nadiem Amiri (ab 61. Min): So stellt man sich das vor, wenn man in solch ein vor sich hin rumpelndes Spiel für Gnabry eingewechselt wird. Eine einzige Aktion, in der Amiri schlau mitgelaufen und dann der Nutznießer der Gästekonfusion war, änderte die Gesamtstimmung in Mannschaft und Kölner Stadion.
Angriff – Maximilian Beier (ab 61. Min): Brachte von Beginn an neuen Schwung in die Partie, suchte die Tiefe, um sich dort anspielen zu lassen. So auch vor dem 2:1, als er dafür sorgte, dass offenbar die gesamte nordirische Abwehr irritiert war. Seine Geschwindigkeit sorgte beim Gegner immer wieder in Probleme. Gerne mehr davon.
Mittelfeld – Leon Goretzka (ab 66. Min): Fügte sich nahtlos in das Mittelfeld für Groß ein, schob bei den Angriffen mehrfach energisch mit vor, blieb aber ohne nennenswerte Aktionen. Auch der eingewechselte Jonathan Tah konnte keine Akzente mehr setzen.