Stand: 11.10.2025 07:17 Uhr
Nach der Tat in Herdecke sind neue Details bekannt geworden. Offenbar wollte die Tochter der neu gewählten Bürgermeisterin sie anzünden. Stalzer hatte wohl schon vor der Tat Angst vor einem eskalierenden Konflikt.
Nach WDR-Informationen suchte Stalzer vor der Tat am Dienstag bereits mehrfach den Kontakt zur Polizei. Im Juni dieses Jahres schrieb sie einen Beschwerdebrief an Polizei und Jugendamt. Darüber berichtete zuerst die Bild-Zeitung.
In dem Brief beschwerte sich Stalzer, dass sie keine ausreichende Unterstützung durch die Behörden bekommen würde. Auch einen Tag vor der Tat hatte Stalzer noch Kontakt mit der Polizei, weil sie Hilfe wegen häuslicher Gewalt suchte.
NRW-Innenminister Reul: Polizei-Maßnahmen werden geprüft
Laut Polizei wurden nach dem Gespräch alle notwendigen Maßnahmen getroffen. Welche genau, ist nicht bekannt. NRW-Innenminister Reul deutete gegenüber der Westfalenpost eine polizeiinterne Untersuchung an, bei der geklärt werden soll, ob die passenden Maßnahmen ergriffen wurden.
Ob wir in diesem Zusammenhang alles richtig gemacht haben, das prüfen wir jetzt. […] Bislang sieht es aber so aus, dass immer die passenden Maßnahmen ergriffen wurden. Wir prüfen aber weiter.
NRW-Innenminister Reul gegenüber Westfalenpost
Stalzer: Stundenlang gefoltert?
Nach WDR-Informationen sagte Iris Stalzer bei ihrer Vernehmung, ihre Tochter habe ein Deo-Spray und ein Feuerzeug benutzt und damit versucht ihre Haare und Kleidung anzuzünden. Sie habe sie stundenlang im Keller gefoltert. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung über die neuen Erkenntnisse berichtet.
Aussage: Tochter wollte Rache nehmen
Iris Stalzer (SPD) – designierte Bürgermeisterin von Herdecke
Demnach hat Stalzer ausgesagt, ihre Tochter wollte Rache an ihr nehmen. Wofür genau, ist bisher nicht bekannt. Außerdem stellte die Spurensicherung fest, dass in dem Haus in Herdecke vor dem Notruf größere Blutspuren beseitigt wurden – vermutlich also, als Stalzer schon lebensgefährlich verletzt war. Der zuständige Staatsanwalt war für eine Bestätigung bisher nicht zu erreichen.
Angriff mit Messer am Dienstag
Die SPD-Politikerin war am Dienstag mit zwei Messern angegriffen worden. Die 57-Jährige war in ihrem Haus im Ruhrgebiet schwer verletzt gefunden und mit einem Rettungshubschrauber in eine Bochumer Klinik gebracht worden. Seit Mittwoch schwebt sie nicht mehr in Lebensgefahr, muss aber weiter stationär behandelt werden.
Die Staatsanwaltschaft ermittle aktuell wegen gefährlicher Körperverletzung, sagte Oberstaatsanwalt Bernd Haldorn. Daher werde die Tochter auch nicht dem Haftrichter vorgeführt. Die 17-jährige Tochter wurde zwischenzeitlich in einer Psychiatrie untergebracht und wird von einem Sicherheitsdienst bewacht.
Jugendamt äußert sich aus Datenschutzgründen nicht
Nach WDR-Recherchen hat es auch schon in der Vergangenheit Vorfälle mit der 17-Jährigen gegeben und Iris Stalzer soll sich diesbezüglich an die zuständigen Behörden gewendet haben. Die Stadt Herdecke äußert sich dazu nicht: „Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen jungen Menschen und auch ihrer Erziehungsberechtigten bittet die Stadtverwaltung um Verständnis, dass das Jugendamt aufgrund des Sozialdatenschutzes keine Auskunft zu einzelnen Fällen geben darf.“
SPD-Politikerin gewann Wahl in Herdecke
Iris Stalzer ist 57 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder im Teenageralter. Nach eigenen Angaben hat sie „fast ihr ganzes Leben“ in Herdecke verbracht. Bei den Kommunalwahlen setzte sie sich in der Wahl mit Unterstützung der Grünen gegen einen CDU-Kandidaten durch. Die CDU hatte vorher lange das Bürgermeisteramt in Herdecke fest in der Hand.
Stalzer ist bereits seit Jahren Mitglied im Rat der Stadt – nicht nur für die SPD, auch für die Grünen. Ihre Schwerpunkte im Wahlkampf waren Familien, bezahlbares Wohnen, Sicherheit und mehr Bürgerbeteiligung. Sie ist auch als Rechtsanwältin tätig.
Erster Beigeordneter der Stadt übernimmt Vertretung
Die Stadtverwaltung Herdecke teilte am Mittwoch auf WDR-Anfrage mit, dass die bisherige Vertretungsregelung so lange gelte, bis Stalzer ihr Amt antritt. Bis dahin werde die Leitung der Verwaltung weiterhin durch Dennis Osberg, den Ersten Beigeordneten der Stadt Herdecke, wahrgenommen.
Unsere Quellen:
- WDR-Informationen
- Bisherige Berichterstattung im WDR
- Bericht in der „Bild“-Zeitung
- NRW-Innenminister Reul gegenüber der Westfalenpost
- Anfrage an die Stadt Herdecke