
Stand: 13.10.2025 16:26 Uhr
US-Präsident Trump hat eine Rede im israelischen Parlament gehalten. Er sprach von einer neuen Ära des Friedens in Nahost – und mischte sich offen in den gegen Premier Netanjahu laufenden Korruptionsprozess ein.
In einer Rede vor der Knesset – dem israelischen Parlament – hat US-Präsident Donald Trump das unter seiner Mitwirkung verhandelte Gaza-Abkommen als Beginn einer neuen Ära des Friedens im Nahen Osten bezeichnet. Dieser Tag markiere nicht nur das Ende eines Krieges, sondern auch „das Ende einer Zeit von Terror und Tod“, sagte Trump beim Auftritt in der Knesset. Es sei der Beginn einer „dauerhaften Harmonie“ für Israel und andere Länder, der Beginn eines neuen Nahen Ostens.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sei „nicht der einfachste Verhandlungspartner, aber genau das macht ihn großartig“, sagte Trump in seiner Rede. Künftige Generationen würden sich an diesen Moment als den Augenblick erinnern, in dem sich alles zum Besseren gewendet habe.
Zuvor hatte die Terrororganisation Hamas die letzten 20 vor zwei Jahren aus Israel verschleppten Männer freigelassen, die noch am Leben sind. Diesen Austausch hatten beide Seiten bei indirekten Verhandlungen unter Druck von Trump vereinbart. Teil des Abkommens ist auch, dass die Leichen von insgesamt 28 verstorbenen Geiseln zurückgegeben werden sollen. Die Hamas hat bislang jedoch nur die Übergabe von vier toten Geiseln bestätigt.
Trump ruft zur Begnadigung Netanjahus auf
Während seiner Rede forderte Trump den israelischen Präsidenten Isaac Herzog auf, Netanjahu zu begnadigen. Gegen den Regierungschef läuft ein Korruptionsprozess. „Dieser Mann ist ein guter Mann“, sagte Trump. „Ich habe eine Idee. Herr Präsident, warum erteilen Sie ihm nicht eine Begnadigung?“ Netanjahu habe sich als einer der besten Anführer in Kriegszeiten erwiesen.
Der Prozess gegen Netanjahu läuft seit mehr als fünf Jahren. Unter anderem wird Netanjahu vorgeworfen, von befreundeten Milliardären Luxusgeschenke im Wert von umgerechnet rund 174.000 Euro angenommen zu haben. Trump sagte dazu in der Knesset: „Wer zur Hölle schert sich darum?“ Netanjahu hatte in der Vergangenheit stets alle Vorwürfe zurückgewiesen und von einer „Hexenjagd“ gesprochen.
In Israel hatte es vor dem Hintergrund der schweren politischen Verwerfungen im Land immer wieder Debatten um eine Begnadigung Netanjahus gegeben. Herzog hatte dazu in der Vergangenheit gesagt, kein Mensch stehe über dem Gesetz, er behalte sich aber vor, in der Frage nach seinem Gewissen zu handeln.
Netanjahu hofft auf Abkommen mit arabischen Staaten
Der israelische Premier dankte Trump nach der Freilassung überschwänglich. Netanjahu sprach bei Trumps Besuch im Parlament in Jerusalem von einem „bewegenden Tag, der in die Geschichte unseres Volkes eingehen wird“. Der israelische Regierungschef äußerte auch die Hoffnung, mit Trumps Hilfe könne Israel Annäherungsabkommen mit weiteren arabischen und muslimischen Staaten abschließen.
Er habe vorgeschlagen, dass Trump als erster Nicht-Israeli mit dem Israel-Preis ausgezeichnet wird, der höchsten Würdigung des Landes. „Was den anderen Preis angeht, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Sie ihn bekommen“, sagte Netanjahu mit Blick auf den Friedensnobelpreis. Er nannte Trump Israels größten Freund. Trump hatte sich selbst mehrmals für den Friedensnobelpreis ins Gespräch gebracht.
Trump setzt auf andere Staaten der Region
Trump sprach in seiner Rede auch davon, eine neue Koalition von verantwortungsbewussten Nationen im Nahen Osten entstehen zu sehen. Dies sei eine sehr aufregende Zeit für Israel und den gesamten Nahen Osten, sagte er. Die Kräfte des Chaos‘, Terrors und Zerstörung, die die Region heimgesucht hätten, seien geschwächt, isoliert oder besiegt. Er nannte keine Namen, wen er genau zu dieser neuen Koalition zähle.
Eine Vielzahl an Staaten im Nahen Osten will die militant-islamistische Terrororganisation Hamas nach Darstellung Trumps entwaffnet sehen. „Praktisch die gesamte Region hat den Plan gebilligt, Gaza sofort zu entmilitarisieren, die Hamas zu entwaffnen und Israels Sicherheit in keiner Weise mehr zu bedrohen“, sagte Trump vor dem israelischen Parlament.
Krieg laut Netanjahu nicht vorbei
Kurz zuvor hatte Trump während seines Flugs nach Israel nach Angaben mitreisender Journalisten gesagt, dass seine Regierung der Hamas die Erlaubnis erteilt habe, sich vorübergehend erneut zu bewaffnen. Die Hamas versuche, nach Monaten des Kriegs wieder Ordnung herzustellen. „Sie haben offen darüber gesprochen, und wir haben ihnen für einen Zeitraum die Erlaubnis erteilt“, sagte Trump demnach. „Sie müssen verstehen, sie haben vermutlich 60.000 Menschen verloren. Da gibt es viele Vergeltungsmaßnahmen.“
Viele Fragen im Konflikt zwischen Israel und Hamas wie auch in der Region sind weiterhin ungelöst. Auch die Zukunft des Gazastreifens ist völlig offen.
Abgeordnete des Saales verwiesen
Bei der Ansprache Trumps in der Knesset kam es zu einem Zwischenfall: Zwei Abgeordnete einer linksorientierten Oppositionspartei wurden unter Geschrei von Sicherheitskräften aus dem Saal geleitet. Die israelische Nachrichtenseite ynet berichtete, sie hätten Schilder in die Höhe gehalten, auf denen die Anerkennung eines unabhängigen palästinensischen Staates gefordert worden sei.
Die Nachrichtenagentur AFP berichtete, der linksgerichtete Parlamentarier Ofer Cassif habe ein Schild in die Höhe gehalten, auf dem Trump beschimpft worden sei. Trump sagte zu der Entfernung der Störer: „Das war sehr effizient.“
Gipfel in Scharm el Scheich folgt
Trump will von Israel aus nach Ägypten weiterfliegen, um an einer „Nahost-Friedenszeremonie“ teilzunehmen. Im ägyptischen Scharm el Scheich ist ein internationales Gipfeltreffen zum Gaza-Krieg geplant. Dort werden mehr als 20 Staats- und Regierungschefs aus der arabischen Welt und Europa, darunter auch Bundeskanzler Friedrich Merz, erwartet.
Anders als zuvor von israelischen Medien berichtet wird Israels Regierungschef Netanjahu nicht an dem Treffen in Ägypten teilnehmen. Netanjahu habe US-Präsident Donald Trump für dessen Einladung nach Scharm el Scheich gedankt, er werde jedoch „wegen der zeitlichen Überschneidung“ mit dem jüdischen Feiertag Simchat Tora nicht daran teilnehmen können, teilte das Büro des israelischen Regierungschefs mit.