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Stand: 13.10.2025 17:57 Uhr
Mit der Freilassung der Hamas-Geiseln kann der 7. Oktober endlich zu Ende gehen. Doch von einem friedlichen Zusammenleben sind Israelis und Palästinenser weiter entfernt denn je. Denn dazu fehlt der politische Wille.
Nach langen Monaten des Grauens ist das ein guter Tag. Die letzten lebenden Geiseln, die seit dem 7. Oktober 2023, dem Terrorüberfall auf Israel, verschleppt waren, sind frei. Wenn jetzt auch noch alle toten Geiseln übergeben sind, dann können die Familien, die mehr als zwei Jahre lang nicht wussten, wohin mit ihrer Trauer, ihrem Schmerz und ihrer Hoffnung, endlich anfangen, zu verarbeiten.
Viele Israelis haben bisher, solange die Geiseln noch in Gaza waren, gesagt: Der 7. Oktober ist ein Tag, der einfach nicht zu Ende gehen will. Nun kann der 7. Oktober zu Ende gehen. Endlich.
Auch für die Menschen im Gazastreifen, von denen einige den Terror bejubelt und unterstützt haben. Alle in Gaza, auch die Vielen, die einfach nur Frieden wollen, haben unter einem Krieg gelitten, den Israels Armee nicht nur gegen die Hamas und andere Terrororganisationen gerichtet hat, sondern der auch von Rache und Zerstörungswut geprägt war.
Zusammen mit fast 250 zu lebenslangen Haftstrafen verurteilten Palästinensern lässt Israel nun auch rund 1.700 Männer frei, die im Gazastreifen aufgegriffen wurden und bei denen nicht klar ist, was gegen sie vorliegt. Die Regierung sagt nur: Mit dem 7. Oktober haben sie nichts zu tun. Dennoch mussten sie lange Monate in israelischen Lagern verbringen.
Von friedlichem Zusammenleben weit entfernt
Fast möchte man an diesem Tag US-Präsident Donald Trump glauben, der vom „Ende des Terrors“ gesprochen hat, vom „Beginn eines neuen Nahen Ostens“. Er hat in der Knesset, dem israelischen Parlament, gesagt: Die Welt liebe Israel wieder, die Welt und Israel wollten Frieden.
Wenn es nur so einfach wäre. Die Wunden, die der Terror des 7. Oktober gerissen hat, und der israelische Krieg im Gazastreifen, sind tief. Von der Idee eines friedlichen Zusammenlebens sind beide Seiten, Israelis und Palästinenser, weiter entfernt denn je.
Trump hat auch von den „wunderbaren Waffen“ gesprochen, die Benjamin Netanjahu, Israels Premierminister, sehr gut genutzt habe. In Klammern: Netanjahu hat den Gazastreifen flächendeckend zerstört. Trump hat von dem vielen Geld gesprochen, das arabische Länder hätten und das nun zum Wiederaufbau des Gazastreifens eingesetzt werden soll. Das kann passieren – auch wenn es lange dauert. Doch weder Waffen noch Geld werden die Wunden heilen.
Es fehlt die politische Vision
Wenn man sich überlegt, was helfen könnte, damit der Frieden im Nahen Osten hält, dann fällt einem als erstes ein Wort ein: Druck. Druck auf die Hamas und Druck auf Israels in Teilen rechtsextreme Regierung haben dazu geführt, dass es zu diesem Deal gekommen ist, dass die Hamas die Geiseln freigeben hat, dass die Waffen schweigen.
Doch damit der Frieden dauerhaft wird, braucht es nicht nur Druck von außen. Es braucht vor allem Menschen auf israelischer und palästinensischer Seite, die echten Frieden wollen, einen Frieden, mit dem Menschen auf beiden Seiten eine Perspektive auf ein Leben in Würde und ohne Angst haben. Doch auf beiden Seiten fehlen politische Führer mit dieser Vision, die das Zusammenleben wollen.
Und so ist dieser Tag nicht so historisch, wie es Donald Trump gerne hätte. Ja, es ist ein guter Tag. Doch damit es echten und dauernden Frieden gibt im Nahen Osten, braucht es viel mehr.
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