
Ex-Präsident tritt Haftstrafe an Neun Quadratmeter für Nicolas Sarkozy
Stand: 21.10.2025 09:21 Uhr
Ab heute ist Ex-Präsident Sarkozy Frankreichs wohl berühmtester Gefängnisinsasse. Ende September war er zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil polarisiert – und Sarkozys Anwälte kämpfen gegen die Haftstrafe.
Die Lektüreauswahl, die Nicolas Sarkozy für seine Haft getroffen hat, dürfte kaum ein Zufall sein. Neben einer Jesus-Biografie werde er den Klassiker „Der Graf von Monte Christo“ mitnehmen, ließ Sarkozy französische Medien wissen. In dem Roman des französischen Schriftstellers Alexandre Dumas geht es um einen zu Unrecht verurteilten Seemann, um dessen Rache an seinen Verrätern – aber auch um Vergebung.
Natürlich sei die Tatsache, ins Gefängnis zu gehen, eine Prüfung: so sagt es Sarkozy in einem Video, das er wenige Tage nach dem Urteil veröffentlicht hatte. Darin bedankt er sich für, so wörtlich, tausende Beweise der Unterstützung. Sarkozys Worte sollen Würde zeigen. Was sie auch vermitteln, ist Wut.
„Ich möchte euch danken, aber zugleich möchte ich, dass jeder von euch weiß: Ich werde das nicht mit mir machen lassen“, so der ehemalige Staatspräsident. „Wir werden siegen, weil die Wahrheit und die Unschuld triumphieren müssen.“
Urteil in der „Libyen-Affäre“
Ende September war Sarkozy in der so genannten Libyen-Affäre zu fünf Jahren Haft verurteilt worden – wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“. Die Richter in erster Instanz sahen als erwiesen an, dass Sarkozy enge Mitarbeiter handeln ließ, um beim libyschen Regime um Ex-Diktator Muammar al-Gaddafi finanzielle Unterstützung für seinen Präsidentschaftswahlkampf 2007 zu sammeln. Zudem verhängten die Richter eine so genannte vorläufige Vollstreckung: Sarkozy muss die Haft also antreten, obwohl seine Anwälte Berufung eingelegt haben, er juristisch also weiterhin als unschuldig gilt.
Die Haft sei für alle, die zum ersten Mal ins Gefängnis müssten, ein Schock, sagt Joaquim Pueyo. Er saß bis 2020 für die Sozialisten im Parlament und hatte davor selbst ein Gefängnis geleitet. Sarkozy tritt seine Haft im Prison de la Santé im Süden von Paris an. Zu seiner eigenen Sicherheit werde Sarkozy dort im Isolationstrakt untergebracht, erklärt Ex-Gefängnisdirektor Pueyo.
„Dieser Trakt ist wirklich abgeschottet vom Rest des Gefängnisses. Er wird allein in seiner Zelle sein, keine anderen Gefangenen treffen“, erläutert Pueyo. „Auch während der Spaziergänge im Hof wird er allein sein. Natürlich wird er kontinuierlich begleitet und überwacht.“
Dusche, Toilette, Fernseher
Die Haftbedingungen für den ehemaligen Präsidenten seien die gleichen wie für alle anderen Insassen auch, betont Pueyo: „Das sind Zellen von neun Quadratmetern, ziemlich einfach ausgestattet: Mit einem Bett, ein paar Ablagemöglichkeiten, Dusche und Toilette.“ Die Insassen des Isolationstraktes hätten auch Rechte: etwa auf Information oder auf Besuch – im Rahmen, den die Staatsanwaltschaft vorgegeben hat, das ist strikt geregelt. Und der Häftling könne eine Stunde pro Tag im Hof spazieren gehen.
Nach Informationen der Zeitung Le Figaro hat Sarkozy einen Fernseher in seiner Zelle, zudem ein Anrecht auf zwei Besuche pro Woche, Familie eingeschlossen. Ein prominenter Besucher hat sich bereits öffentlich angekündigt: nämlich Justizminister Gérald Darmanin. Denn er sei „sehr traurig“ für Sarkozy, sagte er im Sender France Inter.
„Ich war sein Mitarbeiter; als Privatperson kann ich also nicht gefühllos sein angesichts seiner Verzweiflung“, so Darmanin. Als Justizminister mache er seine Arbeit und organisiere etwas Außerordentliches: „nämlich die Inhaftierung nicht nur eines ehemaligen Präsidenten, sondern von jemandem, der als unschuldig gilt.“
Inhaftierung – „vielleicht ein Fauxpas“
Das Urteil gegen Sarkozy polarisiert und hat die Angriffe von Teilen der französischen Politik auf die Justiz befeuert. In einem beschädigten und gespaltenen Land sei die Inhaftierung ein „Unbehagen, vielleicht ein Fauxpas“, schreiben Kommentatoren vor allem konservativer Zeitungen.
Auch Präsident Emmanuel Macron hatte seinen Amtsvorgänger vor dessen Haftantritt im Élysée-Palast empfangen. Menschlich sei das nur „normal“, kommentierte Macron den Schritt lapidar.
Wie lange Nicolas Sarkozy im Gefängnis bleiben muss, ist unklar. Seine Anwälte haben bestätigt, dass sie direkt nach Haftantritt einen Antrag auf bedingte Haftentlassung stellen werden. Darüber muss binnen zwei Monaten entschieden werden. Die Zeit im Gefängnis wolle er nutzen, sagt Sarkozy. Nicht nur, um den „Graf von Monte Christo“ zu lesen. Sondern um selbst ein Buch zu schreiben.