75 Jahre Bundesanwaltschaft „Politischer Beamter“ hinter dicken Mauern
Stand: 30.10.2025 06:31 Uhr
Wenn der Generalbundesanwalt ermittelt, geht es um schwerste Straftaten. Wirklich frei ist der Generalbundesanwalt dabei aber nicht. Die Behörde kann sich nicht über fehlende Arbeit beklagen.
Siegfried Buback ist wohl der bekannteste Name aus der Riege der bislang elf Amtsinhaber und der Juristin Monika Harms, die die Behörde als bislang einzige Frau leitete. „Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof“ ist die korrekte Bezeichnung sowohl für den Chef, als auch für die ganze Behörde.
Buback war in den 1970er-Jahren neben dem damaligen BKA-Präsident Horst Herold das prägende Gesicht für die strafrechtliche Verfolgung des linken RAF-Terrors. Genau deshalb wählte die „Rote Armee Fraktion“ ihn als das erste Opfer ihrer „Offensive 77“, in der die Terroristen im Laufe des Jahres 1977 mit mehreren Mordanschlägen versuchten, bereits gefasste Mitglieder aus Gefängnissen freizupressen.
Buback wurde am Gründonnerstag 1977 in seinem Dienstwagen erschossen. Durch das Attentat starben auch seine Mitarbeiter Wolfgang Göbel und Georg Wurster. Es prägt die Bundesanwaltschaft bis heute.
Angst vor neuem Terror
Hinter hohen dicken Mauern residiert der aktuelle Generalbundesanwalt Jens Rommel im Südwesten Karlsruhes in einem Gebäude, das die Angst der Behörde widerspiegelt, erneut Ziel von Terroristen zu werden. Denn nur Wochen nach dem tödlichen Anschlag auf Siegfried Buback und dessen Begleiter gab es einen zweiten Versuch der RAF – mit einem selbstgebauten Raketenwerfer. Der Zündmechanismus versagte, die Gründe dafür sind umstritten. Aber in der Behörde hat sich über die Jahre eine Wagenburgmentalität entwickelt, die im Zeichen der allgemeinen Bedrohungslage auch 75 Jahre später anhält.
Teile der Belegschaft – darüber spricht man ungern – sind allerdings inzwischen gar nicht mehr im Hauptgebäude untergebracht. Auch eine eigene Wohnung für den Chef, die beim Neubau der Behörde eingeplant wurde, ist inzwischen zu Büros umfunktioniert.
Streng gesicherte Tiefgarage
Dass ein Karlsruher Autofahrer sich allerdings auf der Suche nach dem Arbeitsamt in die eigentlich streng gesicherte Tiefgarage der Behörde verirren konnte, gehört zu den Jubiläumsgeschichten, auf die man weniger gerne zurückschaut. So auch der Tretroller-Unfall eines Generalbundesanwalts auf den Fluren der Behörde und die Entlassung dreier Chefs in den einstweiligen Ruhestand.
Wolfgang Fränkel musste 1962 nach nur wenigen Wochen gehen, weil er zu sehr in das NS-Regime verstrickt war – die NSDAP-Parteimitgliedschaft hatten allerdings mehrere Amtsinhaber bis hin zu Siegfried Buback. Alexander von Stahl stolperte 1993 über seine unglückliche Kommunikation nach der Festnahme der RAF-Terroristin Birgit Hogefeld in Bad Kleinen, bei der ein weiterer Terrorist und der GSG9-Beamte Michael Newrzella starben.
Harald Range verlor sein Amt 2015 nach einer Auseinandersetzung mit dem Bundesjustizministerium wegen unterschiedlicher Auffassungen zu einem Ermittlungsverfahren gegen Blogger der Plattform Netzpolitik.org. Aus Ranges Sicht hatte ihn die damalige Staatssekretärin und heutige Bundesjustizministerin Stefanie Hubig unzulässig unter Druck gesetzt.
Ein „politischer Beamter“
Tatsächlich ist der Generalbundesanwalt aber ein weisungsgebundener „politischer Beamter“. Ob seine Behörde eine Vereinigung als „terroristisch“ verfolgen darf, muss er sich ebenso im Bundesjustizministerium genehmigen lassen wie im Grunde jedes Verfahren, dass er wegen seiner besonderen Bedeutung an sich ziehen möchte.
Per Gesetz kann die Bundesanwaltschaft Verfahren bei schwersten Straftaten wie Mord übernehmen, wenn das Sicherheitsgefühl der Öffentlichkeit beeinträchtigt zu sein scheint. Immer ist die Behörde bei großen Terrorismussachen, Völkerstrafrecht und Spionage zuständig. Von linker RAF bis rechtem NSU, von den Nordstream-Ermittlungen bis zur NSA-Affäre, die der damalige GBA Harald Range liebevoll „die NASA“ nannte. Und eine eigene Revisionsabteilung vertritt alle Strafrechtsfälle, die aus den Bundesländern vor den Bundesgerichtshof kommen.
Eine Feier der ganz eigenen Art hat die Behörde zum Jubiläum in diesem Jahr übrigens schon hinter sich: Bei einem Tag der offenen Tür durfte erstmals die Öffentlichkeit hinter die dicken Mauern schauen und bekam aus Sicht der Behörde vergleichsweise viel zu sehen. Die Tiefgarage war allerdings auch nach Anmeldung nicht zugänglich.









