Brasilianische Initiative Ein Milliardenfonds für den Regenwald
Stand: 07.11.2025 08:18 Uhr
Länder, die Tropenwald schützen, sollen dafür künftig finanziell belohnt werden – per Prämie aus dem Fonds TFFF. Erste Geldgeber sind schon gefunden. Auch bei Kanzler Merz will Brasilien um Unterstützung werben.
Bereits vor Beginn der Weltklimakonferenz kommende Woche wird im brasilianischen Belém über den Schutz der Umwelt beraten. Im Fokus: Der Kampf gegen die Abholzung von Tropenwäldern weltweit. Um dem entgegenzuwirken, soll ein milliardenschwerer Fonds aufgesetzt werden, über den der Schutz der Regenwälder langfristig finanziell entlohnt wird.
Vorgestellt wurde der Fonds vom brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. „Tropical Forest Forever Facility“ soll er heißen, übersetzt etwa „Tropische Wälder für immer“. Oder kurz TFFF. Das Ziel: In den kommenden Jahren sollen Förderstaaten insgesamt 25 Milliarden Dollar, umgerechnet etwa 21,7 Milliarden Euro, in den Fonds investieren. Von privatwirtschaftlichen Investoren sollen 100 Milliarden US-Dollar hinzukommen.
Das Geld soll an den Kapitalmärkten angelegt werden, vorrangig in Schwellenländern, und Gewinne erwirtschaften. Von der Rendite sollen zum einen die privaten Investoren langfristig profitieren, zum anderen sollen sie quasi als Belohnungssystem dienen, wenn Staaten die Vernichtung von Tropenwäldern eingrenzen.
Die brasilianische Regierung erwartet, dass der Fonds jährlich vier Milliarden Dollar für den Waldschutz generiert. Es wurden 74 waldreiche Länder identifiziert, die davon profitieren könnten. In der Realität dürften die über den Fonds generierten Gewinne zumindest am Anfang aber deutlich niedriger sein.
Prämien für geschützte Waldflächen
Um von dem Fonds profitieren zu können, muss die jährliche Entwaldungsrate eines Landes bei unter 0,5 Prozent liegen. Staaten, die wertvollen Tropenwald erhalten, bekommen dem Konzept zufolge aus dem Fonds pro Jahr und Hektar eine Prämie von vier US-Dollar. Für jeden zerstörten Hektar sollen sie aber umgekehrt 140 Dollar Strafe zahlen.
Die Länder müssen jährlich nachweisen, dass sie die Grenze bei der Rodung einhalten. Zudem sollen Satellitenbilder helfen, die Angaben zu prüfen. Das Prinzip des TFFF sei „ziemlich unkompliziert“, betonte der Chef von WWF Brasilien, Mauricio Voivodic. Wenn nicht genügend Wald erhalten werde, gebe es eben kein Geld mehr.
Deutschland hält sich noch zurück
Als Vorreiter hatte Brasilien bereits im September angekündigt, eine Milliarde Dollar, umgerechnet also rund 871 Millionen Euro, für den TFFF aufzubringen. Inzwischen haben weitere Staaten ihre finanzielle Unterstützung zugesichert. Norwegen kündigte an, unter Bedingungen innerhalb von zehn Jahren insgesamt drei Milliarden Dollar in den Fonds investieren zu wollen. Auch Frankreich will zum TFFF beisteuern, mit 500 Millionen Dollar allerdings in deutlich kleinerem Rahmen.
Auch Deutschland zählt zu den potenziellen Geldgebern für den Fonds. Im Vorfeld des zweitägigen Gipfels zum Schutz der Tropenwälder hieß es vonseiten der Bundesregierung, Deutschland unterstütze die Einrichtung des TFFF unter dem Dach der Weltbank zwar grundsätzlich. Doch vor konkreten Finanzzusagen müssten noch viele technische Umsetzungsfragen geklärt werden.
Ob Deutschland bei seiner abwartenden Position bleibt, könnte im Laufe des Tages deutlich werden. Bundeskanzler Friedrich Merz war am Donnerstagabend nach Brasilien aufgebrochen und soll heute eine Rede auf dem Gipfel in Belém halten.
Zweifel an Prüfverfahren und Finanzierbarkeit
Doch noch bevor erstes Geld in den TFFF geflossen ist, regt sich Kritik an dem geplanten Fonds. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete, bezweifeln einige Diplomaten und Experten, dass die Prüfverfahren für die Auszahlung möglicher Gewinne ausreichen. Auch ist unklar, ob der Fonds die guten Kreditwürdigkeitsnoten erhält, die er zur Gewinnung von genügend Investoren braucht, und ob er die erhofften Auszahlungen erwirtschaftet.
Zudem sei es aus Sicht von Experten aufgrund internationale Krisen und Spannungen eine schwierige Zeit, um genügend Finanzzusagen für den TFFF einzuholen. So hält sich etwa Großbritannien mit Unterstützungszusagen bisher zurück und begründet das mit der angespannten Haushaltslage im eigenen Land.
Auch Greenpeace Deutschland hält den TFFF zumindest für „noch nicht reif“. Es seien noch einige Fragen bei der Ausgestaltung zu klären, damit der Fonds nicht für „Greenwashing“ missbraucht werde. Die Waldschutzorganisation Global Forest Coalition sieht in dem Fonds lediglich „Scheinlösung“ für den Schutz der Tropenwälder.
Angaben der Nachrichtenagentur AFP zufolge ging im vergangenen Jahr weltweit jede Minute Urwald von der Fläche von 18 Fußballfeldern verloren. Für die Erde ist das eine alarmierende Entwicklung, denn die Regenwälder sind wichtig für den Artenschutz und die Stabilisierung des Klimas.









