Stand: 08.11.2025 20:52 Uhr
In Bolivien geht eine fast 20 Jahre währende Ära linker Regierungen zu Ende: Mit Rodrigo Paz ist ein moderater Reformer als Präsident vereidigt worden. Die Herausforderungen in dem krisengeschüttelten Land sind groß.
In Bolivien ist Rodrigo Paz als Präsident vereidigt worden. „Gott, Familie und Vaterland, ja, ich schwöre“, sagte der 58-Jährige bei seinem Amtseid. Die Zeremonie markiert das Ende einer fast zwei Jahrzehnte währenden Ära linker Regierungen. Geprägt war die Zeit lange vom Machtkampf zwischen Ex-Präsident Evo Morales und dem scheidenden Staatschef Luis Arce von der linken Partei „Movimiento al Socialismo“ (MAS).
„Heute beginnt eine neue Ära der Unabhängigkeit im Dienste des Volkes“, sagte Paz. „Das ist das neue Bolivien, das sich der Welt öffnet.“ Paz, Kandidat der christdemokratischen Partei „Partido Demócrata Cristiano“, die der politischen Mitte zugerechnet wird, hatte die Stichwahl gegen Ex-Präsident Jorge Quiroga gewonnen.
„Kapitalismus für alle“ als Versprechen
Paz steht vor großen Herausforderungen, wie einer Wirtschaftskrise mit hoher Inflation und Engpässen bei Benzin, Lebensmitteln und einem akuten Medikamentenmangel. Der Binnenstaat, der ungefähr dreimal so groß wie Deutschland ist, aber nur etwa zwölf Millionen Einwohner hat, zählt zu den ärmsten Ländern Südamerikas.
Bei der Amtseinführung, an der mehrere südamerikanische Staatschefs wie Argentiniens Präsident Javier Milei und Chiles Präsident Gabriel Boric teilnahmen, kündigte Paz erneut eine Politik des „Kapitalismus für alle“ an.
Subventionen für Benzin sollen deutlich gekürzt werden
Mit dem Slogan hatte er bereits erfolgreich Wahlkampf gemacht: Er will der heimischen Industrie unter anderem mit einer Steuerreform zum Aufschwung verhelfen. Gleichzeitig versprach er, die Sozialausgaben nicht zu kürzen. Allerdings will er Benzinsubventionen um mehr als die Hälfte zurückfahren.
Diese Subventionen für Benzin und Diesel hatten sich unter der Regierung seines Amtsvorgängers Luis Arce zum Problem entwickelt: Um sie aufrecht zu erhalten, wurden fast sämtliche Devisenreserven aufgebraucht. Die jährliche Inflationsrate lag im Oktober bei 19 Prozent, nachdem sie im Juli einen Höchststand von 25 Prozent erreicht hatte.
Paz wirbt für Neustart der Außenbeziehungen
Außerdem will Paz die Außenbeziehungen wieder stärken. „Nie wieder ein isoliertes Bolivien, das überholten Ideologien unterworfen ist, und noch weniger ein Bolivien, das der Welt den Rücken zuwendet“, sagte er in seiner Antrittsrede. „Bolivien kehrt wieder zurück in die Welt, und die Welt kehrt zurück nach Bolivien“, betonte er mit Verweis auf mehr als 70 internationale Delegationen, die zu seiner Vereidigung angereist waren.
Unter anderem will Paz die vor fast 20 Jahren von dem linksgerichteten Staatschef Morales abgebrochenen diplomatischen Beziehungen zu den USA wiederherstellen. Sein Amtsvorgänger Arce hatte stattdessen wirtschaftliche und politische Bande mit Venezuela, China, Russland und dem Iran geknüpft.
Unter der neuen Regierung hoffen auch deutsche Unternehmen auf neue Kooperationschancen. Bolivien verfügt über die weltgrößten Reserven an Lithium, einem Schlüsselrohstoff für Batterien und Elektroautos. Deren Erschließung stockte bislang, Investitionen kamen nur langsam voran.










