Unterschiede von über 1.000 Euro Wo die Pflege besonders teuer ist
Stand: 17.11.2025 20:20 Uhr
Die Eigenbeteiligung für Pflegeheimplätze fällt je nach Region sehr verschieden aus. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft hat die Kosten untersucht und sieht ein Stadt-Land-Gefälle.
Wenn Alfred von Essen auf sein Leben zurückschaut, blickt er auf fast ein ganzes Jahrhundert. Der 95-Jährige ist gelernter Kfz-Mechaniker, hat dann lange als LKW-Fahrer gearbeitet. „Ich war sehr arbeitsam und sehr fleißig, um zu irgendetwas zu kommen“, sagt der 95-Jährige. Heute lebt er in einem Pflegeheim im nordrhein-westfälischen Solingen.
Trotz seiner Lebensleistung reichen die Rente von 1.500 Euro und das Geld aus der Pflegeversicherung bei weitem nicht aus, um seinen Pflegeheimplatz zu bezahlen. Das Sozialamt muss mit etwa 2.500 Euro monatlich einspringen, rechnet Enkelin Cornelia Thiel vor. „Wir sind dankbar, dass die Restkosten übernommen werden, weil wir sonst nicht in der Lage wären, diesen Vollzeitpflegeplatz haben zu können für den Opa“, sagt Thiel. „Nur so können wir das stemmen.“
Sozialamt und Familien müssen bei den Kosten oft einspringen.
Rund ein Drittel der Heimbewohner braucht Sozialhilfe
Die Pflegekosten sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Rund ein Drittel der Heimbewohner in Deutschland ist auf Sozialhilfe („Hilfe zur Pflege“) angewiesen. Wer seinen Heimplatz noch selbst finanzieren kann, zahlt dafür – je nach Region – unterschiedlich viel Eigenanteil.
In Solingen, wo Alfred von Essen im Pflegeheim ist, sind es im Durchschnitt mehr als 3.700 Euro im Monat. Damit belegt die Stadt einen der Spitzenplätze in einer neuen Auswertung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).
Bundesweit am niedrigsten sind die Kosten für Pflegeheimbewohner im niedersächsischen Wilhelmshaven. Hier liegt die Eigenbeteiligung im ersten Pflegeheimjahr bei weniger als 2.300 Euro.
Wohnkosten und Lohnniveau ausschlaggebend
„Die Unterschiede sind durch ein starkes Stadt-Land-Gefälle geprägt“, heißt es in der IW-Studie. „Stationäre Pflege ist in den Regionen teuer, wo auch Mieten teuer sind, weil Heimbetreiber den Wohnraum bereitstellen müssen und da auch von Angebot und Nachfrage in der Region abhängig sind“, so Studienautorin Ruth Schüler.
Eine wichtige Rolle spielen auch die Löhne, sie machen einen Großteil der Gesamtkosten in der Pflege aus. Zwar sind Arbeitgeber in der Altenpflege gesetzlich dazu verpflichtet, nach Tarif zu bezahlen, jedoch gelten regional unterschiedliche Tarifverträge.
NRW-Gesundheitsminister gegen zusätzliche Finanzhilfen
Die Pflegeheimkosten bereiten sogar Menschen Schwierigkeiten, die im Alter eigentlich ordentlich abgesichert sein sollten. Monika Muus wohnt in Solingen im selben Pflegeheim wie Alfred von Essen. Die 77-Jährige war Lehrerin und bekommt eine gute Beamtenpension.
Doch selbst sie beobachtet, wie das Geld, das ihr am Ende des Monats bleibt, stetig weniger wird. Noch komme sie einigermaßen über die Runden, die Kostensteigerungen seien aber schwindelerregend.
Zusätzlichen Finanzhilfen für Pflegeheimbewohner erteilt Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Laumann (CDU) eine Absage. „Jeder in Deutschland weiß, dass zurzeit das öffentliche Geld sehr knapp ist, dass wir auch die Pflegeversicherungsbeiträge aufgrund unserer Arbeitsplatzsituation nicht einfach erhöhen können“, so Laumann. „Deswegen kann ich zurzeit seriös nicht in Aussicht stellen, dass man die Leistungen in diesem Bereich erhöhen kann.“
NRW-Gesundheitsminister Laumann (CDU) will keine zusätzlichen Finanzhilfen.
IW-Expertin: Größenvorteile nutzen
IW-Forscherin Schüler sieht ebenfalls keinen großen Reformbedarf im System, hat aber einen Vorschlag, um Kosten zu reduzieren. „Wir sehen, dass Heime, die größer sind, Pflege günstiger bereitstellen können als kleinere Heime“, sagt Schüler. Diese Größenvorteile gelte es zu nutzen, um die Pflege für alle günstiger zu machen.
Das sei auch deshalb wichtig, weil die Zahl der Pflegebedürftigen weiter steigen dürfte, wenn die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge älter werden. „Das heißt, die richtig große Welle werden wir da erst noch erleben“, so IW-Forscherin Schüler. Sie rechnet mit weiteren Kostensteigerungen im Pflegesystem.









