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EU erarbeitet Ukraine-Plan Ein Gegenvorschlag, der nicht erzürnen soll
Stand: 22.11.2025 18:04 Uhr
US-Präsident Trump mischt mit seinem Friedensvorstoß für die Ukraine den G20-Gipfel auf. Die Europäer versuchen, mit Gegenvorschlägen Einfluss zu nehmen – ohne die USA zu brüskieren.
Eine Analyse von Uli Hauck, ARD-Hauptstadtstudio
Der Bundeskanzler war der einzige europäische Regierungschef, der Donald Trump Freitag ans Telefon bekommen hat. Vor dem Abflug nach Südafrika gab es am Abend ein 15-Minuten-Telefonat, gerade als Friedrich Merz noch in seiner Heimatstadt Arnsberg war. Ein Ergebnis: Auf Ebene der Sicherheitsberater soll am Sonntag in der Schweiz verhandelt werden. Mit am Tisch sind dann neben Ukrainern und Amerikanern auch die Europäer. Wie politisch hochkarätig die Runde insgesamt wird, ist noch unklar.
Die E3, also Deutschland, Frankreich und Großbritannien, haben ein Verhandlungsmandat von anderen europäischen Staaten und planen bislang, ihre Sicherheitsberater in die Schweiz zu schicken. Außerdem kommt ein EU-Vertreter, Russland kommt nicht.
EU will eigene Vorschläge durchsetzen
Die E3 haben aufbauend auf den 28-Punkte-Plan der Amerikaner über Nacht eigene Vorschläge erarbeitet und sie nach Washington und Kiew geschickt. Bekannt sind die nicht, sie dürften sich aber sehr stark vom bisherigen US-Vorschlag unterscheiden.
Denn die Europäer wollen besonders harte und für sie schlicht nicht akzeptable Vorschläge aus dem US-Plan haben. Sie sind beispielsweise besorgt wegen der vorgeschlagenen Beschränkungen für die ukrainische Armee, die das Land für zukünftige Angriffe anfällig machen würde. Außerdem geht es mal wieder um Sicherheitsgarantien für die Ukraine.
Europäer wollen USA nicht brüskieren
Trotz der breiten Kritik wollen die Europäer ihre Vorschläge nicht als eigenen Gegenvorschlag sehen, offenbar um die Trump-Administration nicht zu brüskieren und sie weiter am Verhandlungstisch zu halten. Am derzeitigen Entwurf sei „zusätzliche Arbeit“ nötig, heißt es deshalb in einer gemeinsamen Erklärung von neun europäischen Staaten, den Spitzen der EU sowie von Kanada und Japan.
Die Bemühungen der USA werden zwar ausdrücklich begrüßt, für einen gerechten und dauerhaften Frieden gelte aber weiterhin der Grundsatz, dass Grenzen nicht mit Gewalt verändert werden dürfen. Bundeskanzler Merz stellte klar, Kriege könnten nicht über die Köpfe der betroffenen Länder hinweg beendet werden.
Trump-Administration profitiert von Schwäche der Ukraine
Das Thema drängt, denn Trump will Tatsachen schaffen. Bis kommenden Donnerstag, Thanksgiving in den USA, will er die Ukraine zu einer Unterschrift bringen. Mutmaßlich auch, um vor Veröffentlichung der Akten im Fall Epstein noch mal einen außenpolitischen Erfolg einzufahren. Er setzt Kiew unter Druck, droht offenbar, keine Waffen und Geheimdienstinfos mehr zu liefern. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach angesichts der Situation am Freitag von einem der schwierigsten Momente in der Geschichte seines Landes.
Auch bei der Bundesregierung ist die Sorge groß. Auch wegen der jüngsten Korruptionsaffäre in Selenskyjs engstem Umfeld. Zuletzt wurden zwei Minister entlassen. Diesen Moment der Schwäche für Selenskyj und fehlende eigene Initiativen der Europäer hat die Trump-Administration ausgenutzt.
Frage der Verlässlichkeit
Die Europäer versuchen jetzt, mühsam wieder ins Spiel zu kommen. Auf dem G20-Gipfel in Johannesburg haben sie einen ersten Versuch gestartet und die Reihen geschlossen. Sie müssen etwas anbieten, beispielsweise was Sicherheitsgarantien für die Ukraine angeht. Es geht um Verlässlichkeit – und die lässt sich im Zusammenspiel mit Trump nur schwer erreichen.
Ob die am Sonntag startenden Verhandlungen in einen Friedensprozess münden und erfolgreich sein werden, ist deshalb völlig offen. Erschwerend kommt hinzu, dass mit Russland noch gar nicht gesprochen wurde.









