Stand: 17.11.2025 18:45 Uhr
Im Sommer 2024 waren in Bangladesch Proteste gegen eine umstrittene Quotenregelung blutig niedergeschlagen worden – es gab Hunderte Tote. Nun wurde Ex-Ministerpräsidentin Hasina, die sich im Ausland aufhält, dafür zum Tode verurteilt.
In Bangladesch ist die ehemalige Ministerpräsidentin Sheikh Hasina wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilt worden. Ein Kriegsverbrechertribunal befand Hasina für schuldig, vergangenes Jahr die Niederschlagung eines von Studenten angeführten Aufstands mit mehr als 1.400 Toten angeordnet zu haben.
Laut Anklage war die Ministerpräsidentin direkt für Befehle verantwortlich, die zu Massentötungen, Verletzungen, gezielter Gewalt gegen Frauen und Kinder, der Verbrennung von Leichen und der Verweigerung medizinischer Versorgung für Verletzte führten. Nach der Verkündung des Todesurteils brandete im Gerichtssaal Jubel und Applaus auf.
Die Vereinten Nationen begrüßten die Verurteilung, kritisierten jedoch die Verhängung der Todesstrafe.
Verurteilung in Abwesenheit
Die 78-Jährige war bei der Urteilsverkündung in der Hauptstadt Dhaka abwesend und nannte den Richterspruch aus ihrem indischen Exil heraus „politisch motiviert“. Die Richter seien von einer nicht gewählten Regierung ohne demokratisches Mandat eingesetzt worden. „Ich habe keine Angst, meinen Anklägern in einem ordentlichen Gericht gegenüberzutreten, in dem Beweise fair abgewogen und geprüft werden können“, so die Ex-Regierungschefin.
Ebenfalls in Abwesenheit zum Tode verurteilt wurde der frühere Innenminister Asaduzzaman Khan Kamal. Auch er befindet sich im Exil in Indien. Ein dritter Verdächtiger – ein ehemaliger Polizeichef – erhielt fünf Jahre Haft. Er hatte sich als Kronzeuge zur Verfügung gestellt und sich schuldig bekannt.
Mittlerweile hat die Regierung in Dhaka die Auslieferung Hasinas und Kamals gefordert. Sie müssten den Behörden in Bangladesch sofort übergeben werden, erklärte das Außenministerium. Für Indien bestehe dazu eine „verpflichtende Verantwortung“. Das Außenministerium in Neu-Delhi erklärte lediglich, es habe das Urteil zur Kenntnis genommen, und betonte, es sei „den besten Interessen der Bevölkerung Bangladeschs verpflichtet“. Zur geforderten Auslieferung äußerte sich Neu Delhi nicht.
Hasinas Partei von Parlamentswahl ausgeschlossen
Das Urteil ist wenige Monate vor den für Anfang Februar erwarteten Parlamentswahlen ausgesprochen worden, von denen Hasinas Partei, die Awami-Liga, ausgeschlossen ist. Es wird befürchtet, dass der Schuldspruch zu neuen Unruhen führen könnte. Gegen das Urteil kann Berufung beim Obersten Gerichtshof eingelegt werden.
Kritik an Quotensystem für Beamtenjobs
Auslöser der Studentenproteste war ein Quotensystem bei der Vergabe von Stellen im öffentlichen Dienst. Ursprünglich hatte die Regierung geplant, 30 Prozent der Stellen an Nachkommen von Kriegsveteranen zu vergeben, die 1971 für die Unabhängigkeit des Landes gekämpft hatten. Durch das gewaltsame Vorgehen gegen die Demonstranten entwickelte sich ein Volksaufstand. Am 5. August 2024 wurde die Regierung gestürzt, und die Ministerpräsidentin floh nach Indien. Die Übergangsregierung leitete Friedensnobelpreisträger Mohammed Yunus.
Ein im Februar 2025 veröffentlichter Untersuchungsbericht der UN-Menschenrechtskommission spricht von systematischen, schweren Menschenrechtsverletzungen. „Die brutale Reaktion war eine kalkulierte und gut koordinierte Strategie der ehemaligen Regierung, um angesichts der Massenopposition an der Macht zu bleiben“, sagte der UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk.









