Stand: 18.11.2025 04:41 Uhr
Kanzler Merz und Frankreichs Präsident Macron sind sich einig: Die starke Abhängigkeit Europas im digitalen Bereich muss verringert werden. Was bringt der „Gipfel zur Europäischen Digitalen Souveränität“?
Mal angenommen, die USA und China könnten einen Schalter umlegen. Und von heute auf morgen wäre alle Technik, die von dort kommt, lahmgelegt: iPhones und Android-Geräte wären tot. Microsoft Outlook im Büro, Videos bei TikTok – nichts ginge mehr. Und ChatGPT hilft nicht mehr bei den Hausaufgaben. Das Szenario zeigt: Wir wären aufgeschmissen. Privatleute, viele Unternehmen und auch der Staat.
Nicht nur Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) stellt deshalb die Frage: „Was können wir tun, um uns nicht nur von China unabhängiger zu machen, sondern auch von den USA, von den Big-Tech-Companies?“ Die Antwort lautet: Digitale Souveränität.
Merz gibt zu, dass er sich mit dem Begriff früher schwergetan hat. Doch die Weltlage habe sich dramatisch verändert. Lange galten zumindest die USA als Partner mit ähnlichen Interessen und Werten. Seit Donald Trump das zweite Mal als Präsident im Amt ist, ist das anders. Vertrauen wurde erschüttert. Firmen sind nervös: Wie sicher sind sensible Daten auf Servern in den USA?
Rund 900 Gäste
Deutschland und Frankreich wollen dafür sorgen, dass Europa schneller digital unabhängiger wird. Zum „Europäischen Gipfel zur Digitalen Souveränität“ in Berlin werden heute rund 900 Gäste erwartet, unter ihnen die Digital-Minister und Ministerinnen der Europäischen Union. Kanzler Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wollen Regierungen, Unternehmen und Entwickler zusammenbringen.
Die Bundesregierung lässt durchblicken, die Konferenz richte sich nicht explizit gegen die USA. Es soll aber das Signal von zwei wichtigen EU-Ländern ausgehen, dass Europa schneller unabhängig wird. Damit das gelingt, kommt es aber auf die Entscheidungen in Brüssel und auf die spätere Umsetzung an.
Mehr Cloud-Speicher, mehr Rechenzentren, mehr KI-Modelle
Ziel ist unter anderem, mehr Cloud-Speicher, Rechenzentren und Modelle für künstliche Intelligenz nach Europa zu holen, damit dann europäische Standards für Transparenz und Datenschutz gelten.
Um Anreize für Firmen zu schaffen, in Europa zu investieren, verlangt der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Ralf Wintergerst, weniger Bürokratie und weniger Regulierungen, sonst würden Innovationen verhindert. „Digitale Souveränität bedeutet nicht Autarkie nach dem Motto ‚Wir machen künftig alles selbst'“, betont Wintergerst. Aber Deutschland müsse „erfolgreich reagieren können, wenn es von Lieferländern unter Druck gesetzt wird“.
Präsentation der „digitalen Brieftasche“
Die Konferenz dient als Anlass, um Vorzeigeprojekte zu präsentieren: Transparente und datenschutzfreundliche Open-Source-Programme mit Textverarbeitung, E-Mail und Kalenderfunktionen für Behörden sollen eine Alternative werden zu den viel benutzten Microsoft-Produkten.
Und auf dem Digital-Gipfel wird der Stand der „digitalen Brieftasche“ präsentiert. Eine europaweite Smartphone-App, in der sich bald Personalausweis, Führerschein und Krankenkassenkarte sicher speichern lassen.









