Stand: 24.10.2025 16:27 Uhr
Auf der Ministerpräsidentenkonferenz ging es unter anderem um Zivilschutz und Wirtschaftsförderung – doch die zentrale Frage bleibt: Wie finanzieren, wenn viele Städte und Gemeinden am Limit sind?
In der Berufsschule in Pirmasens regnet es durch die Decke. In der Holzwerkstatt stehen Eimer auf dem Boden, um das Wasser aufzufangen. Im Flur gegenüber wächst der Efeu von außen durch die Wand ins Gebäude. 1968 ist die Schule gebaut worden. „Damals war das eine der modernsten Schulen in ganz Rheinland-Pfalz“, sagt der Pirmasenser Oberbürgermeister Markus Zwick, CDU. Nur ist seitdem an vielen Gebäudeteilen nicht mehr viel gemacht worden – und das macht sich inzwischen fast überall bemerkbar.
„Hier sollen die Fachkräfte von morgen ausgebildet werden in Werkstätten von vorgestern. Die Schülerinnen und Schüler kommen aus modern ausgestatteten Betrieben und finden dann diese Situation vor.“ Knapp 1.500 Schülerinnen und Schüler lernen an der Schule, sie ist die größte in der Stadt Pirmasens. Die Stadt schätzt den Sanierungsbedarf allein für die Schule auf 23,4 Millionen Euro, für alle ihre Gebäude wie Kitas oder Verwaltungsgebäude beziffert sie den Investitionsstau auf insgesamt 560 Millionen Euro.
Ausgaben für Kommunen steigen
Geld, das die Stadt nicht hat. „Ich kann nur knapp vier Prozent meines Haushalts für freiwillige Aufgaben nutzen“, sagt Oberbürgermeister Zwick. „Der Rest wird für Aufgaben gebraucht, die von Land und Bund vorgegeben werden.“ Das sei problematisch, sagt Zwick: In Berlin werde etwas entschieden, das die Kommunen bezahlen müssten. „In den letzten Jahren sind immer mehr Aufgaben dazugekommen.“
Neuestes Beispiel: Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschülern muss von den Kommunen umgesetzt werden. „Unser Haushalt hat insgesamt ein Volumen von 198 Millionen Euro. Davon geben wir 111 Millionen Euro für Jugend und Soziales aus“, sagt Zwick. „Dazu gehören die Jugendhilfe, die Wiedereingliederung und die Kosten für die Unterkunft von Bürgergeldempfängern.“ Die Ausgaben sind in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Das bedeutet vor Ort: Weniger finanzieller Spielraum – zum Beispiel, um Schulen zu sanieren.
Bundesweites Problem
Das macht sich nicht nur in Pirmasens bemerkbar: Für die Kommunen in ganz Deutschland verzeichnet die Bertelsmann-Stiftung in ihrem „Kommunalen Finanzreport 2025“ eine Rekord-Verschuldung in Höhe von mehr als 24 Milliarden Euro. „Die Sozialausgaben verzeichneten binnen zwei Jahren einen Sprung um ein Viertel auf nunmehr 85 Mrd. Euro. Die Kommunen tragen ein großes Spektrum sozialer Aufgaben, die überwiegend bundesgesetzlich geregelt, aber oft nicht ausreichend vom Bund gegenfinanziert sind“, heißt es in dem Bericht.
Bund soll für Ausgleich sorgen
Immer lauter werden deshalb die Rufe, dass der Bund die Länder und die Kommunen angemessen ausstatten müsse, damit die ihre Aufgaben auch bezahlen können. Im Bundesrat sagte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein, CDU: „Wer bestellt, bezahlt – das ist nicht nur einfach ein Spruch, sondern die unmissverständliche Erwartungshaltung von Ländern und Kommunen.“ Rhein bezog sich dabei auf die Forderung, dass der Bund die Länder entschädigen soll, wenn diese wegen Steuererleichterungen weniger Einnahmen haben.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer, SPD, hat zum 1. Oktober den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz übernommen. In den vergangenen zwei Tagen haben die Ministerpräsidenten in Mainz getagt, Schweitzer will die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen zum Schwerpunktthema seines Vorsitzes machen.
Auf der Pressekonferenz zum Abschluss des Treffens sagte Schweitzer: „Wir wünschen uns, dass der Bund seinen Aufgaben nachkommt und sich nicht nur darauf beschränkt, Vorschläge zu machen und die Unterstützung der Länder vorauszusetzen.“ Die sei nicht „für lau“ zu bekommen, so Schweitzer. Der stellvertretende MPK-Vorsitzende, Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, CDU, fügte mit Blick auf die Verschuldung der Kommunen hinzu: „Da sieht man, wie dramatisch das ist und wie sehr Veränderungen notwendig sind. Dieses Land braucht eine wirtschaftliche Dynamik!“
„Im Schulterschluss Verantwortung übernehmen“
Aus Sicht des Pirmasenser Oberbürgermeisters Markus Zwick ist es gut, dass die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen jetzt mehr Aufmerksamkeit bekommen sollen. Denn eine Lösung sei wichtig: „Meine Sorge ist, dass die Länder dem Bund den schwarzen Peter zuschieben und umgekehrt. Notwendig wäre aber, dass man hier in einem Schulterschluss Verantwortung übernimmt und gemeinsam nach Lösungen sucht.“
Am 4. Dezember tagt die Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin gemeinsam mit dem Bundeskanzler. Für das Treffen hat Alexander Schweitzer eine klare Erwartung: „Wir brauchen eine klare Zusage des Bundes, dass das Prinzip ‚wer bestellt, bezahlt‘ kommt.“










