Stand: 22.11.2025 00:39 Uhr
Der 28-Punkte-Plan der USA umfasst große Zugeständnisse der Ukraine an Russland. US-Präsident Trump will, dass die Ukraine das akzeptiert. Bundesaußenminister Wadephul warnt hingegen: Ein Friedensschluss mache nur Sinn, wenn er verlässlich sei.
Außenminister Johann Wadephul hat mit Blick auf den US-Plan für ein Kriegsende in der Ukraine die Bedeutung eines verlässlichen, langfristigen Friedens betont. „Das, was man Frieden nennen kann, das muss ein Frieden sein, der verlässlich ist, der gerecht ist“, sagte Wadephul in den tagesthemen.
„Es kann sein, dass wir uns auf der Zielgeraden zu einem Waffenstillstand befinden. Ob es ein Friedensschluss wird, das ist noch sehr offen.“ Ein Friedensschluss mache nur Sinn, wenn er eine Gewährleistung dafür biete, dass er länger hält. Sicherheitsgarantien – die in dem US-Plan bisher nur vage beschrieben sind – sind nach Ansicht des deutschen Außenministers daher von großer Bedeutung.
Wadephul erinnerte daran, dass Russland den Krieg begonnen habe, keinen Waffenstillstand wolle und das Völkerrecht „mit den Füßen tritt und einfach weiter schießt“. Es bestehe das Risiko, dass Russland, das derzeit massiv aufrüste, nach einem Friedensschluss erneut angreife.
„Zweifel, dass das ganz schnell möglich sein wird“
Deutschland und die europäischen Partner seien „Anwalt der Ukraine“ und würden Europas Interessen in den Prozess einbringen, sagte Wadephul weiter. Der Plan der US-Regierung enthalte Punkte, „die aus unserer, aus europäischer Sicht anders zu beurteilen sind.“ Über viele dieser Punkte müsse man nochmal reden. Genauere Angaben dazu machte er nicht. Am Ende sei es aber „souveräne Entscheidung der Ukraine“, was sie unterschreibe – und was nicht.
US-Präsident Donald Trump machte der Ukraine Druck, indem er per Ultimatum eine Akzeptanz des Plans bis Donnerstag fordert – andernfalls will er dem Land offenbar US-Unterstützung entziehen. Wadephul warnte in den tagesthemen dennoch davor, in „Hektik“ zu verfallen.
Jeder verstehe, dass schnell ein Ende des Schießens kommen solle, so Wadephul. „Aber wir brauchen Zeit, nachzudenken, was eine verlässliche Grundlage sein kann für einen dauerhaften Frieden. Und ich habe Zweifel, dass das ganz schnell möglich sein wird.“
28 Punkte umfasst der Plan, den die USA als Vorstoß für einen Weg zum Frieden vorgelegt hat. Von der Ukraine werden dabei viele Zugeständnisse an Russland verlangt. Wadephul erklärte, die Details seien auch den Europäern erst seit Kurzem bekannt. Einen Gegenvorschlag werde „mit Hochdruck“ erarbeitet. „Es ist noch viel Arbeit zu tun.“
Merz telefonierte mit Trump
Wadephul betonte, dass aus Washington Gesprächsbereitschaft signalisiert worden sei. Er bezog sich dabei auf das Gespräch, das Bundeskanzler Friedrich Merz heute bereits mit Trump geführt hat. Das 15-minütige Telefonat sei „vertrauensvoll und verbindlich“ gewesen und es seien „nächste Schritte“ der Abstimmung auf Ebene der Berater verabredet worden, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius.
Trumps Frist ist der Washington Post zufolge mit einer Drohung verbunden: Sollte sich die Ukraine sträuben, müsse sie mit dem Verlust der US-Unterstützung rechnen, hieß es unter Berufung auf mehrere Quellen.
Nach Einschätzung es ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj steht die Ukraine vor einem „der schwersten Momente“ in ihrer Geschichte. Sie stehe vor der Wahl: „Entweder die Würde verlieren oder das Risiko eingehen, den Schlüsselpartner zu verlieren.“
Das Land stehe vor der Entscheidung, entweder die „schwierigen 28 Punkte“ des US-Plans umzusetzen – oder einen „äußerst schwierigen Winter zu erleben“. Der US-Präsident sieht seinen ukrainischen Amtskollegen deshalb im Zugzwang: „Irgendwann wird er etwas akzeptieren müssen, was er bisher nicht akzeptiert hat“, so Trump vor Journalisten.
Selenskyj will Alternativen vorlegen
Selenskyj kündigte an, Alternativen zu dem von den USA vorgelegten Plan vorzustellen. Die kommenden Tage werde rund um die Uhr an jedem Punkt des Planes gearbeitet.
Er bestätigte später, den US-Vorstoß in einem knapp einstündigen Gespräch mit US-Vizepräsident JD Vance besprochen zu haben: „Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir gemeinsam mit Amerika und Europa auf Beraterebene arbeiten werden, um einen wirklich arbeitsfähigen Weg zum Frieden zu haben.“
Ukraine müsste auf zwei Regionen verzichten
Über mehrere US-Medien wie dem Nachrichtenportal Axios war der Entwurf des 28-Punkte-Plans der USA durchgesickert, der unter anderem fordert, dass die Ukraine eine erheblichen Teil ihrer Staatsgebiets faktisch an Russland gibt.
Zudem soll die Ukraine den Verzicht auf einen NATO-Beitritt in ihrer Verfassung verankern. Die NATO soll sich verpflichten, die Ukraine nicht aufzunehmen und keine Truppen in dem Land zu stationieren. Ferner sieht der Plan eine Begrenzung der ukrainischen Armee auf 600.000 Soldaten vor. Im Gegenzug würde die Ukraine „zuverlässige Sicherheitsgarantien“ erhalten, heißt es in dem Plan vage.
Der russische Präsident Wladimir Putin wertet den US-Friedensplan als mögliche Grundlage für eine Lösung des Kriegs mit der Ukraine. Sollte die Regierung in Kiew den Plan jedoch ablehnen, würden die russischen Streitkräfte weiter vorrücken.









