Schadhafte Betonschwellen hatten das Zugunglück von Garmisch-Partenkirchen ausgelöst. Das Personal vor Ort hätte es laut einem Untersuchungsbericht verhindern können.
Quelle: DIE ZEIT, dpa, dar
Das Zugunglück mit mehreren Toten und Verletzen in Garmisch-Partenkirchen im Juni 2022 wäre einer internen Untersuchung der Deutschen Bahn zufolge vermeidbar gewesen. Die Verantwortung für den Unfall liege beim betrieblichen Personal, aber auch bei zuständigen Vorstandsmitgliedern der damaligen Bahn-Tochter DB Netz, teilte die Bahn unter Berufung auf den Abschlussbericht einer Kanzlei mit, die sie für die Untersuchung des Unglücks in Auftrag gegeben hatte.
Bei dem Unfall war ein Regionalzug entgleist. Drei der Waggons kamen vollständig von der Strecke ab, rutschten den Bahndamm hinunter und blieben auf dem Dach liegen. Vier Frauen und ein 13-jähriger Junge starben. 78 Menschen wurden verletzt, 16 von ihnen schwer.
„Der Unfall war die unmittelbare Folge regel- und pflichtwidrigen Verhaltens des vor Ort tätigen betrieblichen Personals“, teilte die Bahn mit. Ursache des Zugunglücks waren demnach schadhafte Betonschwellen. Wegen chemischer Reaktionen im Inneren des Stahlbetonkerns waren die Schwellen nicht mehr tragfähig genug.
DB geht gegen Vorstandsmitglieder vor
Weiter teilte die Bahn mit, dass „die damalige DB Netz nur unzureichend auf die auf mehreren Ebenen in der Organisation vorliegenden umfangreichen Erkenntnisse zu geschädigten Betonschwellen reagiert und den Unfall hierdurch ermöglicht“ hatte. Das schließe damals ressortverantwortliche Vorstandsmitglieder ein.
Die DB Netz gibt es nicht mehr. Verantwortlich für die Infrastruktur ist inzwischen ein neues Unternehmen, die DB InfraGo. Die Deutsche Bahn kündigte an, juristisch gegen die damaligen Vorstandsmitglieder vorgehen und Ersatzansprüche stellen zu wollen.
Im Oktober beginnt vor dem Landgericht München der Prozess gegen zwei Bahnmitarbeiter. Die Staatsanwaltschaft München II wirft ihnen vor, fahrlässig den Tod und die Verletzung der Opfer verursacht zu haben. Mit einem Urteil wird im Februar nächsten Jahres gerechnet. Ursprünglich wurden drei Mitarbeiter angeklagt, ein Verfahren wurde jedoch eingestellt.
Die Bahn kündigte zudem Maßnahmen an. Zum einen sollen alle potenziell risikobehafteten Bahnschwellen ausgetauscht werden. Ein Großteil davon, zwei Millionen Betonschwellen, sei bereits ersetzt worden. Außerdem habe die Bahn umfangreiche Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen durchgeführt.
Anfang Juni hatte bereits die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) ihren mehr als 100 Seiten langen Abschlussbericht veröffentlicht. Demnach war unter anderem eine Meldung eines Triebwagenführers über ein Problem an der späteren Unfallstelle nicht weitergegeben worden. Noch am Vorabend des Unglücks hatte ein Lokführer sich beim Fahrdienstleiter gemeldet und von Unregelmäßigkeiten an der späteren Unfallstelle berichtet. Er sprach von einer „Kurvenüberhöhung“, es sei ein „Schlenker“ drin. Der Fahrdienstleiter habe diese Meldung nicht weitergegeben. Danach passierten Züge die Stelle, ohne dass es erneute Meldungen gab.