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Reform des Bürgergelds Zurück zu den wahren Herausforderungen
Stand: 17.12.2025 17:11 Uhr
Mit dem Beschluss zur Grundsicherung ist nur der erste Schritt getan. Jetzt muss sich die Regierung mit der Frage beschäftigen, wieso überhaupt so viele Menschen Hilfe vom Staat brauchen.
Geschafft! Aus dem „Bürgergeld“ wird die „Neue Grundsicherung“ – der unselige Streit zwischen der Union und der SPD über den Namen dieses wichtigen sozialen Sicherheitsnetzes ist endlich vorbei. Lautsprecher in der Union wie CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann können wieder ein bisschen leiser werden. Sie können sich den neuen Namen als symbolischen Erfolg an die Brust heften.
Geld fehlt an anderer Stelle
Regierung und Bundestag sollten sich nun mit aller Kraft der wahren Herausforderung stellen: Warum sind so viele Menschen in diesem Land auf diese Hilfeleistung des Staates angewiesen?
Es sind fünfeinhalb Millionen, eine inakzeptabel hohe Zahl. Kosten für den Staat: rund 50 Milliarden Euro im Jahr. Fast zehn Prozent des gesamten Bundeshaushalts fließen in die Grundsicherung. Geld, das woanders fehlt – zum Beispiel in der Bildung, der Zukunftsaufgabe schlechthin.
Zu viele nach der Schule ohne Abschluss
Stichwort Bildung und Ausbildung: Warum schaffen wir es nicht, mehr Menschen dauerhaft in Arbeit zu bringen? Die Zahl der Langzeitarbeitslosen liegt bei rund einer Million Menschen. Sie sind seit mehr als einem Jahr ohne Job. Die Zahl der Jugendlichen, die ohne einen Abschluss die Schule verlassen, ist ebenfalls erschreckend hoch. Ihnen droht ein Leben ohne Perspektive, ohne Sicherheit. Da müssen wir ran, damit sie erst gar nicht in der Grundsicherung landen!
Realitätscheck für die Union
Die Union hat den Eindruck erweckt, allein mit strengeren Regeln und schärferen Strafen zum Beispiel für Totalverweigerer ließen sich Milliarden einsparen. Der Realitätscheck fällt anders aus. Trotzdem ist es richtig, beim Prinzip „Fördern und fordern“ wieder stärker das Fordern zu betonen. Wer Unterstützung vom Staat erhält, muss auch mitwirken, darf sich nicht verweigern, wenn das Jobcenter Angebote macht.
Reform darf nicht die Falschen treffen
Die geplanten Verschärfungen, wenn jemand absolut nicht mitzieht, sind maßvoll. Der Vorwurf der Linken, Arbeitsministerin Bas betätige sich als „sozialpolitische Abrissbirne“, ist völlig daneben. Bas war als Heranwachsende selbst zeitweise auf Sozialhilfe angewiesen, ihr Wahlkreis liegt in Duisburg, sie lebt nicht mit dem Kopf in den Wolken.
Wenn die SPD-Vorsitzende betont, die Reform dürfe nicht die Falschen treffen, hat sie völlig recht. Wer auf Hilfe angewiesen ist, nicht arbeiten kann – aufgrund von Krankheiten, von Schicksalsschlägen oder weil man allein Kinder großzieht – muss und wird diese Unterstützung weiterhin bekommen. Wer sich aber aus der Solidargemeinschaft verabschiedet – sie gar ausnutzt – muss mit einem schärferen Gegenwind rechnen. Und das ist gut so.
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