Jahrestag des Magdeburg-Anschlags „Der Schrecken ist noch allgegenwärtig“
Stand: 20.12.2025 20:26 Uhr
Sechs Tote und Hunderte Verletzte – vor einem Jahr raste ein Mann mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. In der Stadt wurde heute der Opfer gedacht, Mut gemacht und weitere Hilfe zugesichert.
In Magdeburg ist am ersten Jahrestag des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt der Opfer und Hinterbliebenen gedacht worden. Bei einer Gedenkstunde in der Johanniskirche sagte Bundeskanzler Friedrich Merz anhaltende Unterstützung der Bundesregierung zu: „Wir stehen an Ihrer Seite, heute und in Zukunft. Und wenn es daran fehlen sollte, dann sind wir auch heute noch aufgerufen, dies zu korrigieren und dies zu verbessern.“
In der gemeinsamen Trauer könnten Trost und Kraft liegen, so Merz. Aber: „Auch Wut und Zorn dürfen sein im Auge von grausamen Verbrechen, wie dieses eines war.“ Deutschland sei ein Land, „das nichts höher stellt als den Menschen, jeden Einzelnen, als das Leben eines Menschen“, sagte Merz. Es gehe darum, einander bedingungslos Anteilnahme zu schenken, wo Unrecht geschehe, zusammenzustehen, wo Gewalt ausbreche, und beharrlich denen beizustehen, die Gewalt erleben.
„Wir kapitulieren nicht vor dem Terror“
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff bestärkte die Menschen darin, sich nicht dauerhaft von den Geschehnissen einschränken zu lassen. „Wir haben Verletzlichkeit erfahren, aber wir dürfen nicht Verletzte bleiben. Darum ist es ein wichtiges Zeichen, dass der Weihnachtsmarkt in Magdeburg nur wenige Meter von hier auch in diesem Jahr stattfindet“, sagte der CDU-Politiker. „Wir kapitulieren nicht vor dem Terror, wir leben unser Leben und unsere Traditionen.“
Für den Tag des Gedenkens blieb der Weihnachtsmarkt geschlossen. Die Tat habe die Stadt und das Land verändert, so der Ministerpräsident. „Die Wunden sind bis heute nicht verheilt, der Schrecken ist noch allgegenwärtig.“ Er erinnerte aber auch an die große Welle der Solidarität nach dem Anschlag und dankte den zahlreichen freiwilligen Helferinnen und Helfern sowie den Rettungskräften.
„Unser Miteinander beruht auf gegenseitigem Vertrauen, der Achtung vor der unantastbaren Menschenwürde und der Nächstenliebe.“ Attentäter würden mit aller Härte des Gesetzes zur Verantwortung gezogen, „aber wir dürfen unsere Freiheit und Würde nicht preisgeben, indem wir Hass in unseren Herzen Raum geben“.
„Werden die Opfer nicht alleine lassen“
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier drückte sein Mitgefühl aus. Er rief im Onlinedienst X dazu auf, innezuhalten und der Opfer der „brutalen, menschenverachtenden Tat“ zu gedenken: „Wir denken voller Mitgefühl an ihre Angehörigen und an alle, die an diesem Tag an Körper und Seele verletzt wurden.“
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) schrieb auf X, er trauere mit den Opfern und Angehörigen „dieser sinnlosen und feigen Tat“.
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig erklärte, die Brutalität und Sinnlosigkeit des Anschlags verstörten bis heute. Ihre Gedanken seien „bei den Angehörigen der Opfer und allen anderen, die durch die Tat verletzt wurden, die noch immer mit den Folgen der Tat kämpfen“. Die SPD-Politikerin versprach: „Wir dürfen und wir werden die Opfer von Magdeburg nicht alleine lassen.“
Glocken läuten zum Zeitpunkt des Anschlags
Während der Gedenkstunde wurden einzeln die Namen der sechs Opfer verlesen, begleitet von jeweils einem Glockenschlag. Zudem wurde für jeden eine Kerze entzündet sowie eine siebte Kerze, die symbolisch für alle Betroffenen stehen soll. Opfer, Hinterbliebene sowie Helferinnen und Helfer schilderten sichtlich bewegt ihre Erlebnisse aus der Tatnacht. Vor der Kirche hatten zahlreiche Menschen Kerzen aufgestellt, Blumen und Kuscheltiere abgelegt sowie bemalte Erinnerungssteine für die Verstorbenen.
Nach einem interreligiösen Gebet am Ende der Gedenkstunde wurde von der Johanniskirche ausgehend eine Lichterkette gebildet – rund um den Weihnachtsmarkt, wo die Amokfahrt stattfand. Um 19.02 Uhr, dem Zeitpunkt des Anschlags, läuteten dann in der ganzen Stadt alle Glocken.
Sechs Tote und mehr als 300 Verletzte
Am 20. Dezember 2024 war ein Mann aus Saudi-Arabien, gegen den inzwischen der Strafprozess läuft, mit einem Mietwagen durch die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gefahren.
Ein neunjähriger Junge sowie fünf Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren wurden dabei getötet. Mehr als 300 weitere Menschen wurden verletzt.









