faq
Aufarbeitung von Sexualstraftaten Was die Epstein-Akten zeigen – und was nicht
Stand: 20.12.2025 16:10 Uhr
Die US-Regierung hat Tausende Dokumente zum Fall des Sexualstraftäters Epstein veröffentlicht. Darin finden sich viele Schwärzungen, wenig Kontext und kaum Neues. Vor allem die Rolle von US-Präsident Trump wird kaum beleuchtet.
Was genau wurde veröffentlicht?
Das US-Justizministerium hat eine Website freigeschaltet, auf der vier Arten von Dokumenten zu finden sind: Gerichtsakten, Unterlagen des Justizministeriums, Auskünfte auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes sowie Unterlagen eines Kontrollausschusses des Repräsentantenhauses. Bei einem Großteil der freigegebenen Dokumente handelt es sich um Unterlagen des Justizministeriums.
Der für die Veröffentlichung zuständige Vize-Justizminister Todd Blanche räumte in einem Schreiben an den Kongress ein, dass nur ein Teil der Epstein-Unterlagen freigegeben worden sei. Mit weiteren rechne man bis Jahresende. Allerdings gebe es auch einige Dokumente, die man zurückhalten und schwärzen dürfe, wenn es etwa um Themen der nationalen Sicherheit, laufende Ermittlungen oder den Opferschutz gehe. Am Freitag veröffentlichte das Ministerium letztlich nur Seiten aus rund 3.900 Akten. Viele davon waren zudem schon zuvor veröffentlicht worden.
Sehr viele Bilder zeigen Jeffrey Epstein mit seiner Vertrauten Ghislaine Maxwell, etwa auf Reisen. Auch Aufnahmen von Epsteins Zuhause in New York sind abgebildet. Darunter Treppenaufgänge, ein Arbeitsplatz mit vielen Bildschirmen, Aktenschränke, Sexspielzeug, Sportgeräte, Kleiderschränke. Strafbare Handlungen werden nicht gezeigt.
Zudem gibt es viele Protokolle, angefangen von Druckaufträgen, Klageschriften, Verhörprotokollen sowie eine Checkliste des FBI bis hin zu Listen, auf denen bis auf Zeit und Datum kaum etwas anderes zu sehen ist. Eine Erklärung oder Erläuterungen zu den Dateien gab das Ministerium nicht ab – laut dem Gesetz ist es dazu innerhalb einer weiteren Frist aber verpflichtet.
Nach Angaben des US-Justizministeriums wurden mehr als 1.200 Personen als Opfer Epsteins beziehungsweise Angehörige dieser Opfer identifiziert.
Gibt es neue Erkenntnisse?
Neu sind bisher unveröffentlichte Fotos, auf denen auch Politiker und Prominente zu sehen sind, sowie Videoaufnahmen aus dem New Yorker Gefängnis, in dem Epstein bis zu seinem Tod 2019 inhaftiert war. Sie wurden an dem Tag aufgenommen, als der Milliardär tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden wurde.
Zudem ist bekannt geworden, dass schon viele Jahre vor Beginn polizeilicher Ermittlungen gegen den später verurteilten Sexualstraftäter Vorwürfe im Zusammenhang mit minderjährigen Mädchen gegen ihn vorgelegen haben. Wie aus den Akten hervorgeht, zeigte eine Frau Epstein im Jahr 1996 an. Sie sagte dem FBI, Epstein habe Fotos von ihren Schwestern im Alter von 12 und 16 Jahren gestohlen, die sie selbst für ein Kunstprojekt angefertigt habe.
Der Name der Künstlerin wurde in der Akte geschwärzt, aber laut dem handschriftlichen Bericht glaubte sie, dass Epstein die Fotos verkauft habe. Die Frau sagte, Epstein habe sie zuvor gebeten, Fotos von jungen Mädchen in Schwimmbädern zu machen. Die Frau berichtete außerdem, Epstein habe ihr gedroht, sie dürfe nicht über die Fotos sprechen, sonst würde er „ihr Haus niederbrennen“.
Die Polizei nahm ihre ersten Ermittlungen gegen Epstein im Jahr 2005 auf – fast zehn Jahre nach den ersten Vorwürfen.
Welche Rolle spielen Bill Clinton und Donald Trump in den Akten?
In den nun veröffentlichten Dokumenten kommt US-Präsident Trump zwar vereinzelt vor, nach ersten Auswertungen scheint es jedoch kaum neue Informationen über das Verhältnis zwischen Epstein und Trump zu geben. Der US-Präsident äußerte sich zunächst nicht dazu. Er hatte über Jahre engen Kontakt zu Epstein.
Ex-Präsident Bill Clinton, dem Trump in dieser Sache immer wieder Vorwürfe gemacht hat, kommt in den veröffentlichten Dokumenten hingegen besonders häufig vor. Immer wieder taucht er auf Fotos auf – zum Beispiel beim Schwimmen im Pool mit Maxwell oder in einem Whirlpool zusammen mit einer anderen Person, deren Gesicht unkenntlich gemacht wurde. Auf anderen Aufnahmen sieht man den ehemaligen US-Präsidenten ohne Bezug zu Epstein oder Maxwell.
Aus den Akten geht nicht hervor, wann die Fotos aufgenommen wurden. Und es wurden auch keine Angaben gemacht, inwieweit sie mit den Ermittlungen zu tun haben. Ein Sprecher Clintons kritisierte die Veröffentlichung der Fotos als Ablenkungsmanöver des Weißen Hauses. Clinton habe den Kontakt zu Epstein abgebrochen, bevor dessen Verbrechen bekannt wurden.
Was sagen die Epstein-Opfer?
Eine Frau, die nach eigenen Angaben von Epstein missbraucht wurde, hat das Justizministerium aufgefordert, alle Ermittlungsakten rund um den Fall freizugeben. „Veröffentlicht einfach die Akten“, sagte Marina Lacerda, die seit längerem öffentlich als Geschädigte auftritt. „Und hört auf, Namen zu schwärzen, die nicht geschwärzt werden müssen.“
Lacerda sagte, sie sei skeptisch gegenüber dem Transparenzversprechen der Regierung. „Am Anfang haben sie uns als Schwindler bezeichnet, nicht wahr“, fragte Lacerda. „Jetzt sagen sie: ‚Wir glauben Ihnen, wir werden die Akten freigeben‘, aber sie haben die Akten immer noch nicht freigegeben, und es ist nicht einmal vollständig transparent.“
Was ist weiterhin unklar?
Sehr vieles, weil etliche Dokumente an vielen Stellen geschwärzt wurden – nach Darstellung des Justizministeriums, um die Identität der Opfer zu schützen. In anderen Fällen fehlt der Kontext, was eine Einordnung des Materials schwierig macht.
Ein Dokument enthält etwa Dutzende Fotos nackter oder knapp bekleideter Menschen, deren Gesichter unkenntlich gemacht sind. Unklar ist zudem, wie viele Dokumente das Justizministerium letztlich zur Veröffentlichung freigeben wird und wie es diese Dokumente auswählt.
Warum gibt es Kritik?
Mehrere Abgeordnete und Senatoren, auch aus Trumps republikanischer Partei, kritisierten die unvollständige Veröffentlichung der Akten. Die Initiatoren des Gesetzes für die Veröffentlichung der Ermittlungsakten werfen dem Justizministerium vor, Informationen zurückzuhalten.
Die Demokraten werfen der Trump-Regierung einen „Gesetzesbruch“ und „Vertuschung“ vor. Der Chef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, erklärte, das Ganze sei „nichts weiter als eine Vertuschung, um Donald Trump vor seiner hässlichen Vergangenheit zu schützen“.
Der demokratische Kongressabgeordnete Ro Khanna sagte in einem auf X veröffentlichten Video, dass ein 119 Seiten langes Dokument mit Zeugenaussagen ohne jede Erklärung komplett geschwärzt worden sei. Unterstützung dafür erhielt Khanna unter anderem vom Republikaner Thomas Massie, der die Gesetzesinitiative zusammen mit dem Demokraten angestoßen hatte.
Auch der demokratische Senator Jeff Merkley sagte, man prüfe alle rechtlichen Möglichkeiten, um den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und Transparenz für das amerikanische Volk zu gewährleisten. Der demokratische Abgeordnete Raja Krishnamoorthi sagte: „Wonach ich suche, sind Finanzunterlagen. Im Zusammenhang mit diesem scheußlichen Kinder-Sexhandelsring gibt es Transaktionen in Höhe von einer Milliarde Dollar. Ich will wissen: Wer wurde wofür bezahlt?“ Bisher habe man keine Finanzunterlagen dazu gesehen.
Wie geht es jetzt weiter?
In den nächsten Wochen sollen weitere Hunderttausende Dokumente veröffentlicht werden, wie Vize-Justizminister Blanche im Sender Fox News erklärte. Mehr als 200 Anwälte müssten im Justizministerium unter anderem prüfen, dass die Namen von Opfern unkenntlich gemacht würden.
Allerdings sieht das neue Gesetz auch vor, dass das Justizministerium innerhalb von 15 Tagen nach der vollständigen Veröffentlichung dem Kongress einen Bericht zur Verfügung stellen muss, der alle Schwärzungen begründet und eine Liste aller Regierungsmitarbeiter und politisch relevanten Personen umfasst, die in den Dokumenten der Epstein-Akten vorkommen.
Unabhängig davon hat der Kontrollausschuss des Repräsentantenhauses die Freigabe von Epstein-Akten eingefordert. Das wäre eine weitere Möglichkeit, die Veröffentlichung von Informationen an den Ausschuss zu erzwingen. Um das auch durchzusetzen, bräuchten die Demokraten aber die Unterstützung von Republikanern, die gemeinsam mit ihnen dem republikanisch geführten Justizministerium eine Missachtung des Kongresses vorwerfen müssten.
Warum sind die Epstein-Akten so brisant?
Jahrelang hatte der US-Multimillionär aus New York einen Missbrauchsring betrieben, dem Dutzende junge Frauen und Minderjährige zum Opfer fielen. Über mehrere Jahre hinweg soll Epstein minderjährige Mädchen etwa in New York und Florida auch selbst missbraucht haben.
Epstein brachte sich vor sechs Jahren in seiner Gefängniszelle um. Er hatte beste Kontakte in die High Society, was zahlreiche Spekulationen über die Tragweite des Skandals mit sich brachte. Immer wieder kam die Frage auf, welche prominente Persönlichkeiten in Epsteins Machenschaften verwickelt gewesen sein könnten.
Quellen: dpa, AFP, AP








