Stand: 25.11.2025 05:34 Uhr
Windenergie ist ein zentrales Zugpferd der deutschen Energiewende. Nach Jahren schleppenden Ausbaus zeigen die politischen Beschleunigungsmaßnahmen erste Erfolge.
Im ersten Halbjahr 2025 nähert sich der Zubau von Onshore-Windkraftanlagen mit einem Zuwachs von 67 Prozent gegenüber dem Vorjahr dem Rekordniveau von 2017. Dennoch ist die Geschwindigkeit des Ausbaus weiterhin entscheidend für das Erreichen der nationalen Klimaschutzziele und der Treibhausgasneutralität bis 2045.
Diktat der Zeit: Klimaschutz als unverhandelbare Pflicht
Für Klimaforscher zählt jetzt jede installierte Anlage, da die physikalischen Realitäten des Klimawandels keine Verzögerungen mehr dulden. Experten wie der Klimaforscher Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie betonen die Dringlichkeit. „Der Ausbau der Windenergie spielt eine ganz zentrale Rolle für das Erreichen der Klimaschutzziele. Die meisten Klimaschutzszenarien gehen davon aus, dass sich der Stromerzeugungsbeitrag der Windenergie bis zum Jahr 2045 gegenüber heute – allein bezogen auf die Windenergieanlagen an Land – in absoluten Größen mindestens verdreifachen muss.“
Diese Skalierung ist laut Experten nicht nur eine Option, sondern angesichts der globalen Erwärmung eine Notwendigkeit. Niklas Höhne vom New Climate Institute mahnt eindringlich zur Verantwortung. „Der Klimawandel schreitet voran. Wir können das jeden Monat sehen in diesem Jahr – mit Extremwetterereignissen von nie da gewesenem Ausmaß. Den Klimaschutz links liegen zu lassen. Das ist aus meiner Sicht unverantwortlich.“
Das Fundament der gesamten Dekarbonisierungsstrategie, so Höhne, ist der erneuerbare Strom. „Wir müssen raus aus Kohle, Öl und Gas, und da ist eben Strom aus Wind und Sonne das allerwichtigste, das brauchen wir nicht nur um die Kohlekraftwerke abzuschalten, sondern auch um den Transport zu elektrifizieren, also Elektromotoren.“
Systemische Hürden und Flexibilität
Die pure Anzahl der Windräder allein garantiert jedoch nicht den Erfolg der Energiewende. Experten fordern, dass der Ausbau der Erzeugungskapazitäten mit dem Ausbau der Infrastruktur und der Flexibilität der Nachfrage Hand in Hand gehen muss. Manfred Fischedick betont, dass der Zubau von regelbaren Kapazitäten wie Gaskraftwerken unverzichtbar sei, jedoch unter der Bedingung, dass sie auch mit Wasserstoff betrieben werden können: „Wichtig ist im Sinne der Erreichung der Klimaschutzziele, dass die gebauten Anlagen H2-ready sind, damit sie umgerüstet werden können und kein fossiles Lock-In entsteht.“
Die Ökonomin und Wirtschaftsweise Veronika Grimm sagte bereits im Sommer dieses Jahres in der Rheinischen Post. „Besonders der Netzausbau und der Ausbau der Gaskraftwerke hinken massiv hinter. Wir kommen zwar beim Ausbau der Erneuerbaren gut voran, das Tempo hat sich beschleunigt. Aber es geht nicht schnell genug, neue Kapazitäten an Gaskraftwerken zu schaffen.“
Zudem ist der Strombedarf keineswegs statisch. Klimawissenschaftler weisen darauf hin, dass die Stromnachfrage – getrieben durch die Elektrifizierung von Verkehr (E-Autos) und Wärme (Wärmepumpen) sowie das Wiederanziehen der Konjunktur – voraussichtlich deutlich ansteigen wird, weshalb die Verlangsamung des Ausbaus kontraproduktiv wäre.
Regionale Widerstände versus nationale Ziele
Als einer der Vorreiter in Sachen Ausbau gilt Nordrhein-Westfalen, bestätigt Fischedick vom Wuppertal Institut. „Die Landesregierung hat für die laufende Legislaturperiode das Ziel ausgegeben (bis Ende 2027) mindestens 1.000 neue Windkraftwerke zu errichten. Tatsächlich erscheint das Ziel aus heutiger Sicht erreichbar zu sein.“
Der Erfolg der Energiewende hängt letztlich nicht nur von der technologischen Machbarkeit ab, sondern von der politischen Entschlossenheit und der Akzeptanz in den Regionen, um die Skalierung von Lösungen zu ermöglichen.










