Was sind die Hauptquellen der Infektionen?
Magen-Darm-Infektionen lassen sich auf zwei Hauptquellen zurückführen. Die Erreger stammen entweder von einem anderen Menschen oder gehen allein auf das Essen zurück.
Im zweiten Fall, den klassischen Lebensmittelinfektionen, stammen die Erreger ursprünglich aus dem Verdauungstrakt von Tieren und gelangen etwa beim Schlachten, Melken oder über Eier in die Speisen. Ein Indiz für das Essen als Infektionsquelle ist, dass mehrere Menschen gleichzeitig erkranken, die alle dieselbe Zutat zu sich genommen haben. Die Hauptverdächtigen sind in Deutschland nicht ausreichend erhitztes Hühnerfleisch, über das häufig Bakterien der Gattung Campylobacter aufgenommen werden, sowie Eier, die besonders häufig Salmonellen enthalten. Auch durch Rohmilch und anderes Fleisch kann man sich mit den beiden Bakterien infizieren.
Sie sind in Deutschland die häufigsten Erreger von Lebensmittelinfektionen. Dabei haben die sehr viel bekannteren Salmonellen-Erkrankungen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts in den vergangenen Jahren abgenommen, da Nutzgeflügel in größeren Haltungen mittlerweile gegen einen Teil der Erreger geimpft wird. Die so genannte Salmonellose ist damit heute seltener als Campylobacter-Erkrankungen, aber noch immer relevant. Beide Leiden kommen vor allem im Sommer vor, da sich die Bakterien in der Wärme besonders gut vermehren.
Die zweite große Quelle für Magen-Darm-Infektionen sind Mensch-zu-Mensch-Übertragungen. Der Infektionsweg heißt fäkal-oral und bedeutet genau das, wonach es klingt. Ausgeschiedene Erregerreste gelangen auf die Hände und von diesen direkt oder indirekt zum Nächsten. Indirekte Übertragungen können über Oberflächen beispielsweise im Badezimmer erfolgen.
Für eine Übertragung zwischen Menschen spricht, dass Personen nacheinander erkranken. Allerdings können die Erreger über die Hände auch ins Essen geraten. In dem Fall wird es schwerer, sie von den klassischen Lebensmittelinfektionen zu unterscheiden.
Die meisten Übertragungen zwischen Menschen gehen in Deutschland auf Rota- und Noroviren zurück. Rotaviren lösen vor allem bei Kindern Erkrankungen aus, während Erwachsene meist eine gewisse Immunität haben. Das Norovirus hinterlässt dagegen keine langfristige Immunantwort, sagt Birgit Terjung, Chefärztin der Gastroenterologie an den GFO-Kliniken Bonn und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten: „Das heißt nach einigen Monaten oder Jahren kann man erneut erkranken“.
Was ist der häufigste Erreger?
Das Norovirus ist der häufigste Erreger aller Magen-Darm-Infektionen hierzulande. Es ist ein extrem ansteckender und zäher Keim, der sich besonders im Winterhalbjahr verbreitet. „Noroviren können sich gerade bei niedrigen Temperaturen lange auf Oberflächen wie Türklinken, Toiletten oder Lebensmitteln halten“, sagt Birgit Terjung. Zudem verbringen Menschen im Winter tendenziell mehr Zeit in Innenräumen. Dadurch komme es zu mehr Kontakten mit potenziell Infizierten, die ihre Viren noch vor Ausbruch der Erkrankung auf Oberflächen hinterlassen können, sagt die Medizinerin.
Kann man Magen-Darm-Erkrankungen überhaupt entgehen?
Wer die typischen Quellen der Infektionen kennt, kann sie leichter vermeiden. Keime, die aus dem Essen stammen, unterbindet man durch strenge Lebensmittelhygiene. Temperaturen über 70 Grad Celsius töten die Bakterien ab. Daher sollte immer kontrolliert werden, dass vor allem Hühnerfleisch gut durchgegart ist. Bei der Zubereitung ist es wichtig, dass alles, was mit rohem Fleisch oder Eiern in Berührung kommt, sofort gereinigt wird. Das gilt für Küchenutensilien ebenso wie für die Hände. Produkte mit rohem Rind- oder Schweinefleisch sowie rohen Eiern sollten -wenn überhaupt – nur gegessen werden, wenn sie ganz frisch sind und nicht in warmen Umgebungen aufbewahrt werden.
Um Erreger einzudämmen, die durch Menschen übertragen werden, ist gründliche Handhygiene und die Reinigung aller möglicherweise kontaminierten Oberflächen wie Toiletten, Waschbecken, Türgriffe und Böden wichtig. Dabei sind Einmaltücher zu empfehlen. Doch gerade den Noroviren ist nicht einfach beizukommen. „Eine Ansteckung mit Noroviren braucht nur 10 bis 100 Viruspartikel, das ist deutlich weniger als bei anderen Viren“, sagt Birgit Terjung. Zugleich scheiden Erkrankte große Mengen an Erregern aus. Ansteckungen in Familien mit Kindern zu vermeiden, sei daher zwar nicht unmöglich, aber „sicher eine Herausforderung“, räumt die Medizinerin ein. Sie verweist darauf, dass sich vor allem kleine Kinder „ungezielt übergeben“ und auch Windelwechseln eine hohe Infektionsgefahr berge.
Hinzu kommt, dass sich das Virus auch über die Luft verbreiten kann. Das bisweilen explosionsartige Erbrechen kann die Keime in die Umgebungsluft katapultieren, von wo sie sich auf entfernteren Oberflächen ablagern oder von anderen eingeatmet werden können. Wer die Möglichkeit hat, sollte den Kontakt mit Erkrankten meiden und ein anderes Badezimmer, zumindest aber eigene Handtücher und Hygieneartikel benutzen. Eine Impfung gibt es nur gegen das Rotavirus. Sie wird Kleinkindern empfohlen.
Wie lassen sich die Infektionen behandeln?
Für die Therapie ist es in der Regel egal, woher genau die Beschwerden rühren. Deshalb rät die aktuelle Leitlinie bis auf einige Ausnahmen davon ab, auf den auslösenden Erreger zu testen. Denn das Gute ist, dass die Beschwerden sich oft schon nach einigen Tagen von allein wieder legen und keine spezifischen Behandlungen benötigen. Das Vorgehen besteht vielmehr bei allen Magen-Darm-Infektionen darin, den Verlust von Flüssigkeit und Elektrolyten auszugleichen. „Bei milden Fällen von akuter Gastroenteritis kann es ausreichend sein, zum Beispiel verdünnte Säfte mit Salzstangen oder Hühnerbrühe zu sich zu nehmen“, heißt es in der Leitlinie. Schwerer Betroffenen könnten Elektolytlösungen helfen, die es in der Apotheke zu kaufen gibt.
Erwachsene können kurzfristig Medikamente gegen Durchfall mit dem Wirkungsstoff Loperamid einnehmen. Von anderen Mitteln, darunter pflanzliche Präparate und Kohletabletten, raten die Autoren ab, da für sie keine kontrollierten Studien vorliegen. Mittel gegen Erbrechen mit Wirkstoffen wie Metoclopramid oder Ondansetron können der Leitlinie zufolge in der Behandlung Erwachsener versucht werden, allerdings ist die Evidenz für sie gering.
Soll man Schonkost essen?
Die Leitlinie hält fest: „Sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen mit akuter Gastroenteritis wird von restriktiven Diäten oder gar Teepausen abgeraten. Die Betroffenen dürfen alles essen, was sie vorher gewohnt waren und was sie tolerieren.“ Speisen, die fett- und ballaststoffarm sind, seien jedoch vermutlich verträglicher. Die Leitlinie nennt vor allem Kartoffeln, Nudeln, Reis, Haferschleim, Suppen, Bananen oder puren Joghurt als geeignete Kost.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
In einigen Fällen allerdings brauchen die Betroffenen medizinische Betreuung. Warnzeichen dafür sind sehr starke Beschwerden oder eine Austrocknung des Körpers, erkennbar beispielsweise an der „stehenden Hautfalte“. Das heißt ein Stück zwischen zwei Fingern eingeklemmte Haut, schnellt nach dem Loslassen nicht sofort wieder in den alten Zustand zurück.
Ein weiteres Warnzeichen sind blutige Durchfälle. Sie können etwa auf eine Infektion mit den so genannten EHEC-Bakterien, kurz für enterohämorrhagische Escherichia coli, hinweisen. Im Sommer 2025 sind in Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg ungewöhnlich viele EHEC-Fälle gemeldet worden, es wird nach wie vor nach der Quelle der Ausbruchs gesucht. Diese Erreger können sehr schwere Verläufe auslösen, die beispielsweise zum Nierenversagen führen können.
Auch wenn Durchfälle länger als 14 Tage anhalten, sollte ein Arzt aufgesucht werden. In dem Fall könnten seltene Komplikationen oder eine nicht infektiöse Ursache hinter dem Symptom stecken. Aufmerksamkeit ist zudem geboten, wenn Durchfall binnen drei Monaten nach einer Antibiotika-Einnahme auftritt. Antibiotika zerstören die natürliche Darmflora. In manchen Fällen gewinnen dann Bakterien der Gattung Clostridioides difficile die Oberhand und können schwere, mitunter tödliche Darmentzündungen verursachen.