Russlands Generalstabschef Waleri Gerassimow hat ungeachtet westlicher Forderungen nach Friedensverhandlungen eine Fortsetzung des russischen Angriffskrieges mit neuen Zielen für eine Herbstoffensive angekündigt. Es liefen derzeit unaufhörlich Angriffe entlang der gesamten Frontlinie, sagte Gerassimow zu der seit mehr als dreieinhalb Jahren andauernden Invasion in der Ukraine. „Heute legen wir die Aufgaben fest für die Gruppen der Streitkräfte, die auf die Herbstperiode gerichtet sind“, sagte er. Die Aussagen stehen im Gegensatz zu den Forderungen etwa von US-Präsident Donald Trump, den Krieg rasch zu beenden.
Nach Darstellung von Gerassimow werden im Moment rund 99,7 Prozent des ukrainischen Gebiets Luhansk von den russischen Streitkräften kontrolliert. Im ukrainischen Gebiet Donezk seien es 79 Prozent und in den Gebieten Cherson 76 Prozent und Saporischschja 74 Prozent. Unabhängig überprüfbar sind die Angaben nicht.
Russland fordert, dass sich die ukrainischen Streitkräfte etwa aus dem Gebiet Donezk komplett zurückziehen und die Region Moskaus Armee überlassen, um einen Waffenstillstand zu erzielen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnt das ab — auch, weil gerade die dort von der Ukraine gehaltenen Städte Slowjansk und Kramatorsk als wichtige Bastionen der Verteidigung gelten. Russland droht deshalb, die Städte zu erobern.
Das russische Delegationsmitglied bei den bisherigen Verhandlungen, Kirill Dmitrijew, sagte, die Europäer versuchten, den Ukraine-Konflikt durch nicht erfüllbare Forderungen in die Länge zu ziehen. Die USA hätten begonnen, das zu verstehen. „Die EU sollte aufhören, den Friedensprozess zu sabotieren“, sagte er. Russland kritisiert etwa immer wieder, dass die Europäer Truppen in die Ukraine zur Absicherung eines möglichen künftigen Friedens entsenden wollen. Moskau lehnt aber Vertreter aus Nato-Staaten kategorisch ab.
Die Europäer wiederum werfen Russland eine Verzögerungstaktik vor. Moskau versuche mit der Aussicht auf Verhandlungen und immer neuen Fristen, Zeit zu gewinnen für neue Angriffe, heißt es auch in Kiew.
Indiens Regierungschef Narendra Modi hat vor seinem geplanten Treffen mit Kreml-Chef Wladimir Putin in China mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über die Friedensbemühungen im Ukraine-Konflikt beraten. „Wir haben uns über den anhaltenden Konflikt, seine humanitären Aspekte und die Bemühungen um die Wiederherstellung von Frieden und Stabilität ausgetauscht“, schrieb Modi am Samstag nach dem Telefonat mit Selenskyj in Onlinenetzwerken. „Indien unterstützt alle Bemühungen in dieser Richtung uneingeschränkt“, fügte er hinzu.
Modi traf am Samstagabend in der chinesischen Hafenstadt Tianjin ein. Dort findet ab Sonntag der Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) statt. An dem zweitägigen Treffen nehmen mehr als 20 Staats- und Regierungschefs teil, unter ihnen auch Putin. Modi plant für Montag ein bilaterales Treffen mit dem russischen Präsidenten.
Selenskyj nannte das Telefonat mit Modi „produktiv und wichtig“. Er habe erneut seine Bereitschaft zu einem Treffen mit Putin bekräftigt, erklärte der ukrainische Präsident. Indien habe sich bereit erklärt, Russland und anderen Ländern bei dem Gipfel in China „entsprechende Signale zu senden“.
Gut 200 Milliarden Euro wurden nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine in der EU gesperrt. Einige Staaten wollen jetzt an das Geld heran. Doch Belgien und die großen Staaten der Eurozone lehnen das ab, berichtet unser EU-Korrespondent Thomas Gutschker vom Treffen der EU-Außenminister aus Kopenhagen:
Bundesaußenminister Johann Wadephul hat keine großen Hoffnungen auf einen schnellen Erfolg der US-Bemühungen um ein Ende des Krieges in der Ukraine. „Ich rate uns allen, die richtigen Debatten in dieser Zeit zu führen“, sagte der CDU-Politiker am Rande eines EU-Treffens in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Der russische Präsident Wladimir Putin wolle nicht verhandeln und führe seinen Krieg gegen die Ukraine fort, sagte Wadephul. Deswegen müsse nun vor allem weiter der Druck erhöht werden. Alle weiteren Fragen sollten danach diskutiert werden.
Wadephul spielte damit unter anderem auf die Diskussionen darüber an, wie sich die EU an militärischen Sicherheitsgarantien für die Ukraine beteiligen könnte, sollte es irgendwann einmal zu einem Waffenstillstandsabkommen zwischen Kiew und Moskau kommen. Dabei wird etwa auch darüber gesprochen, ob Soldaten aus EU-Staaten dann auch ukrainische Streitkräfte in dem Land selbst ausbilden sollten.
Als ein Instrument für mehr Druck auf Putin nannte Wadephul das derzeit geplante neue EU-Sanktionspaket — und in diesem Zusammenhang explizit Maßnahmen, die Russlands Erlöse aus dem Handel mit Öl und Gas weiter reduzieren könnten. Zudem rief er Partnerländer dazu auf, Selbstverpflichtungen zur militärischen und finanziellen Unterstützung der Ukraine zu erfüllen. „Da ist noch lange nicht alles, was zugesagt worden ist, eingehalten“, sagte er.
Forderungen von Ländern wie Litauen, in der EU eingefrorene Gelder der russischen Zentralbank deutlich weitreichender als bislang zur Unterstützung der Ukraine zu nutzen, lehnte er hingegen erneut ab. „Ich glaube, dass das Einfrieren dieser Mittel schon eine erhebliche Wirkung hat“, sagte er. Das Entscheidende sei, dass Putin jetzt an den Verhandlungstisch komme.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hat die Rückgabe eingefrorener russischer Vermögenswerte angesichts der anhaltenden Angriffe auf die Ukraine bis auf Weiteres ausgeschlossen. „Es ist undenkbar, dass Russland dieses Geld wiedersieht, wenn es der Ukraine die verursachten Schäden nicht vollständig ersetzt“, sagte Kallas nach einem informellen Treffen der EU-Außenminister am Samstag in Kopenhagen. Dies ergebe sich aus der „Verwüstung“, die Russland weiter in der Ukraine anrichte, fügte Kallas an. Es sei deutlich, dass Russland keinen Frieden suche, sondern „mehr Krieg“.
Die EU-Mitgliedstaaten berieten derzeit über weitere Sanktionen gegen Russland, sagte Kallas. Zur Diskussion stünden unter anderem indirekte Sanktionen für Russlands Handelspartner sowie verschärfte Maßnahmen gegen die sogenannte russische Schattenflotte, die zur Ausfuhr von russischem Erdöl genutzt wird.
Der frühere ukrainische Parlamentschef Andrij Parubij ist im Westen des Landes in der Stadt Lwiw nach Behördenangaben getötet worden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach auf der Plattform X von einem „schrecklichen Mord“ an dem 54 Jahre alten Abgeordneten, der in der Vergangenheit auch Vorsitzender des Parlaments in Kiew gewesen war.
Die Ermittlungen zu dem Verbrechen und die Suche nach dem Täter liefen, teilte Selenskyj mit. Er sprach den Angehörigen des Politikers sein Beileid aus. Medien berichteten, der Abgeordnete sei mit mehreren Schüssen getötet worden.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas knüpft die Rückgabe von in der EU eingefrorenen Vermögen an Russland an Reparationszahlungen des Landes an die Ukraine. Es sei nicht vorstellbar, dass diese Gelder an Russland zurückgegeben werden, wenn das Land nicht für die Kriegsschäden in der Ukraine bezahlt habe, sagt Kallas kurz vor Gesprächen der EU-Außenminister zur Ukraine in Kopenhagen. In der EU sind wegen des Krieges in der Ukraine russische Vermögen im Wert von rund 210 Milliarden Euro eingefroren. Einige EU-Staaten wie Polen und die baltischen Länder fordern die Beschlagnahmung der Vermögen, um damit die Ukraine zu unterstützen. Deutschland, Frankreich und Belgien lehnen dies jedoch ab. Sie verweisen auf rechtliche Bedenken und darauf, dass künftige Gewinne aus den Vermögen bereits für die Unterstützung der Ukraine vorgesehen seien.
Nach Angaben aus Kiew plant Russland eine weitere große Offensive im ostukrainischen Industriegebiet Donbass. Der Vorstoß könne im Raum um die Stadt Pokrowsk erfolgen, warnte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj laut der Nachrichtenagentur Interfax Ukraine bei einem Gespräch mit Medienvertretern. „Die Konzentration (an Truppen) dort liegt bei bis zu 100.000, das ist das, was wir heute Morgen haben“, sagte er. Die russischen Truppen bereiteten den Vorstoß vor. Aber die Ukraine sei darauf vorbereitet und die Lage unter Kontrolle, sagte Selenskyj.
Bei russischen Luftangriffen in der südostukrainischen Region Saporischschja ist nach Angaben der Behörden mindestens ein Mensch getötet worden. 22 weitere Menschen seien zudem verletzt worden, darunter drei Kinder, teilte der Chef der regionalen Militärverwaltung Iwan Fedorow am Samstag mit. Die russischen Angriffe mit Drohnen und Raketen hätten Privathäuser zerstört und viele Einrichtungen beschädigt, darunter Cafés, Tankstellen und Industrie-Unternehmen, fügte er hinzu. Dutzende Häuser seien von der Strom- und Gasversorgung abgeschnitten.
Die Ukraine meldet massive russische Angriffe in der Nacht zum Samstag. Die Luftwaffe teilte in einer Mitteilung auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit, bei dem Angriff seien 537 Drohnen und 45 Raketen gezählt worden. Davon seien 510 Drohnen und 38 Raketen abgefangen worden. Bisher seien Einschläge von 24 Drohnen und fünf Raketen an insgesamt sieben Orten festgestellt worden. Trümmerteile von abgefangenen Geschossen seien an 21 Standorten niedergegangen, so die Luftwaffe.
Die USA stellen nach den jüngsten russischen Angriffen auf die Ukraine den Willen Moskaus zum Frieden in Frage. „Die Angriffe auf Kiew lassen Zweifel an der Ernsthaftigkeit von Russlands Friedenswillen aufkommen. Diese Angriffe auf zivile Gebiete müssen sofort aufhören“, sagte der amerikanische Diplomat John Kelley vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.
Die amerikanische Regierung droht mit wirtschaftlichen Maßnahmen, sollte Russland den Krieg fortsetzen. „Die Vereinigten Staaten fordern die Russische Föderation auf, diese Konsequenzen zu vermeiden, indem sie die Gewalt stoppt und sich konstruktiv für die Beendigung des Krieges einsetzt“, so Kelley weiter vor dem 15-köpfigen Rat.
Die USA sind zur Lieferung mehrerer Patriot-Flugabwehrsysteme und anderer Waffen an den NATO-Partner Dänemark bereit, der die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland unterstützen will. Das Außenministerium in Washington genehmigte den Deal, dessen Umfang mit 8,5 Milliarden US-Dollar beziffert wurde. Neben sechs Abschussrampen umfasst das Paket auch Radar- und Leitsysteme sowie entsprechende Raketen.
Dänemark und andere NATO-Mitglieder wollen die Ukraine im Krieg gegen den Angreifer Russland mit hochmodernen Waffensystemen unterstützen. Da Deutschlands nördlicher Nachbar selbst keine Patriot-Systeme besitzt, muss Dänemark die Waffen in den USA kaufen. Auch die Niederlande kaufen den Amerikanern Patriots ab, um die Flugabwehr der Ukraine zu stärken.
Behörden in der zentralukrainischen Region Dnipropetrowsk haben am frühen Samstagmorgen einen großen Angriff gemeldet. „Die Region wird massiv angegriffen. Es sind Explosionen zu hören“, schrieb der Gouverneur der Region, Serhyj Lysak, auf Telegram und rief die Einwohner auf, Schutzräume aufzusuchen. Seinen Angaben zufolge waren die Städte Dnipro und Pawlograd von den Angriffen betroffen. Zuvor hatte die ukrainische Luftwaffe vor einer Rakete gewarnt, die sich auf das Gebiet zubewegte.
Anders als Donezk, Cherson, Luhansk, Saporischschja und die Halbinsel Krim gehört Dnipropetrowsk nicht zu den ukrainischen Regionen, die Moskau als annektiert erklärt hat. Dnipropetrowsk ist bisher auch von heftigen russischen Angriffen weitgehend verschont geblieben. In dieser Woche räumte Kiew jedoch erstmals ein, dass der russischen Armee in der Region ein Vorstoß gelungen sei.
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat sich Staatsmedien zufolge mit den Familien von Soldaten getroffen, die bei ihrem Einsatz an der Seite Russlands im Krieg gegen die Ukraine getötet wurden. Kim habe den Hinterbliebenen sein Beileid für den „unerträglichen Schmerz“ ausgesprochen, berichtete die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA am Samstag. Den Berichten zufolge hielt Kim am Freitag eine an die Familien aller Opfer gerichtete Rede, nachdem er sich in der vergangenen Woche bei einer anderen Zeremonie nur mit einigen Hinterbliebenen getroffen hatte. Er versprach, in der Hauptstadt Pjöngjang ein Denkmal für die getöteten Soldaten zu errichten und erklärte, der Staat würde die Kinder der Opfer umfassend unterstützen.
Das amerikanische Außenministerium hat den potenziellen Verkauf von Starlink-Diensten sowie von Patriot-Luftabwehrsystemen und zugehöriger Ausrüstung an die Ukraine genehmigt. Wie das Pentagon mitteilte, handelt es sich dabei um Transaktionen im Wert von 150 Millionen beziehungsweise 179 Millionen Dollar. Die US-Regierung hatte sich mit ihren europäischen Verbündeten darauf geeinigt, die militärische Unterstützung für Kiew zu verstärken. Trotz der Genehmigung durch das US-Außenministerium ist unklar, ob entsprechende Verträge schon unterzeichnet sind oder die Verhandlungen abgeschlossen wurden.