Aufruf der Gewerkschaften Streik in Italien gegen Haushaltspläne
Stand: 12.12.2025 09:22 Uhr
Schulen, Ämter, Nahverkehr – in Italien dürfte heute vielerorts das öffentliche Leben still stehen. Gewerkschaften haben zum Streik gegen das Haushaltsgesetz aufgerufen. Sie halten es für unangemessen und ungerecht.
Von Anna Giordano, ARD-Studio Rom
Der Streik soll fast alle Sektoren des öffentlichen Lebens betreffen: Den Nahverkehr und die Bahn, Schulen, Ämter, Sozialdienste – auch im Gesundheitswesen wird es Einschränkungen geben. Der Entwurf für das Haushaltsgesetz 2026 stößt auf großen Widerstand.
Maurizio Landini, Generalsekretär von Italiens größter Gewerkschaft CGIL, drückt es so aus: „Wir haben diesen Streik ausgerufen, damit es eine reale Veränderung im Leben der Menschen gibt und vor allem derjenigen, die ihren Unterhalt mit Arbeit finanzieren müssen.“ Seine Gewerkschaft setzt sich dafür ein, dass die Löhne steigen. „Wir fordern, dass in Gesundheit und Bildung investiert wird“, sagt Landini. „Wir fordern, dass das getan wird, was nötig ist, um die soziale Gerechtigkeit wiederherzustellen, die es in diesem Land nicht mehr gibt.“
Lohne im EU-Durchschnitt eher gering
Vor allem die Löhne sind in Italien im Vergleich zu dem EU-Durchschnitt eher niedrig, auch weil es keinen Mindestlohn gibt – die Kaufkraft stagniert seit Jahren. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni weiß darum, sie will die Kritik dennoch nicht auf sich sitzen lassen.
Man arbeite daran, sagt sie, und stellt ihre Maßnahmen vor: „Wir haben uns für Geringverdiener eingesetzt und haben die Besteuerung von Gehaltserhöhungen gesenkt, also das, was man nach Vertragsverlängerungen mehr verdient, wird nur mit fünf Prozent versteuert.“ Das sei eine Maßnahme, die die Gewerkschaften gefordert habe. „Die CGIL hat das gefordert“, sagt Meloni. „Und wie reagiert sie: Mit einem Generalstreik.“
Ratingagentur hat Italien erstmals hochgestuft
Bei der Vorstellung des Haushaltsplans erwähnt Regierungschefin Meloni auch, dass sie die Investitionen in den Gesundheitssektor erhöht habe, dass es für mittlere Einkommen Steuersenkungen gebe. Maßnahmen, die von Gewerkschaften und auch Fachleuten als kleinteilig und uneffektiv kritisiert werden.
Und dennoch bekommt Italien gerade Rückenwind für seine Haushaltspolitik. Die Ratingagentur Moody’s hat das Land im November erstmals seit 23 Jahren hochgestuft – das bedeutet, Italien gilt nun als etwas kreditwürdiger, die Verschuldung hält sich in den vorgegebenen Grenzen, das Land gilt als politisch stabil.
Gewerkschaft fordert mehr Investitionen in Bildung und Gesundheit
Der Haushaltsplan der Regierung sei darauf ausgelegt, diesen Status zu halten. Es gehe ihr nicht darum, das Wohlergehen der Menschen zu fördern, sondern allein diesen Status zu halten, kritisiert Gewerkschaftsvorsitzender Landini. Die Absicht des Haushaltsplans sei es, die Drei-Prozent-Defizitregel der EU einzuhalten. „Und das nicht nur, weil damit die Konten besser aussehen“, sagt der Gewerkschaftler. „Sondern weil Italien damit aus der Verschuldung herauskommt und mehr Unterstützung für Investitionen in Waffen bekommt.“
Damit spielt Landini auf Beratungen der Europäischen Union an, denen zufolge die Militärausgaben eines Mitgliedslandes voraussichtlich nicht auf die Staatsverschuldung angerechnet werden sollen. Dass Italien tatsächlich seine Militärausgaben erhöhen will, steht für Ministerpräsidentin Meloni außer Frage. Ihre Strategie geht mit dem Haushaltsplan auf.
Wirtschaftliche Stabilität wichtiger als angemessene Löhne?
Für Gewerkschaften und Opposition sieht es so aus, als seien wirtschaftliche Stabilität und Militärausgaben wichtiger als angemessene Löhne, ein funktionierendes Gesundheitssystem und gute Schulen. Dass in diese Bereiche nicht investiert werde, werde seinem Land langfristig auf die Füße fallen, glaubt Landini: Denn noch bekommt Italien sehr viel Geld aus den Wiederaufbaufonds der EU. Wenn die Antragsfrist dafür im kommenden Jahr ausläuft, sehe es für Italien schlecht aus.









