Soldaten bei Protesten gegen Regierung Putschversuch in Madagaskar?
Stand: 12.10.2025 14:03 Uhr
Seit mehr als zwei Wochen demonstrieren vor allem junge Menschen in Madagaskar gegen die Regierung. Gestern hatten sich Soldaten dem Protest angeschlossen. Präsident Rajoelina spricht von einem Versuch der „illegalen Machtübernahme“.
Seit Tagen kommt Madagaskar nicht zur Ruhe. Die Proteste gegen die Regierung dauern seit dem 25. September an. Nun spricht Präsident Andry Rajoelina von einem Versuch der illegalen Machtübernahme. „Die Präsidentschaft der Republik möchte die Nation und die internationale Gemeinschaft darüber informieren, dass derzeit auf nationalem Gebiet ein Versuch unternommen wird, die Macht illegal und mit Gewalt zu übernehmen, was gegen die Verfassung und die demokratischen Grundsätze verstößt“, so Rajoelina.
Am Samstag hatten sich Soldaten einer Demonstration in der Hauptstadt Antanarivo angeschlossen. Ein Offizier der Capsat-Einheit sprach zu Demonstranten vor dem Rathaus. Seine Soldaten würden sich dem Befehl widersetzen, auf Demonstranten zu schießen. Er rief den Rest des Militärs sowie Gendarmerie und Polizei zur Befehlsverweigerung auf. Ausgerechnet die Capsat-Einheit hatte 2009 den damaligen Präsidenten des Landes entmachtet und Präsident Rajoelina den Weg zur Macht geebnet.
In einer Ansprache verkündete ein anderer Capsat-Offizier nun, die öffentliche Ordnung wiederherzustellen. Man habe das Kommando über die gesamte Armee übernommen.
Soldaten haben sich in der Hauptstadt Antanarivo in Madagaskar den Demonstranten angeschlossen.
Welche Rolle spielt die Gendarmerie?
Die Armee des Inselstaates ist vergleichsweise klein und verfügt nur über wenige schwere Waffen. Parallel zur Armee gibt es die paramilitärische Gendarmerie, was in ehemaligen französischen Kolonien nicht ungewöhnlich ist. Einige Demonstranten machen die Gendarmerie für das gewaltsame Vorgehen gegen die Protestierenden verantwortlich. Nach unbestätigten Berichten soll auch ein Capsat-Soldat von der Gendarmerie getötet worden sein.
Stromausfälle, hohe Arbeitslosigkeit, Armut
Die Demonstranten werfen der Regierung Versagen bei der Strom- und Wasserversorgung, Missstände im Bildungssystem sowie Untätigkeit angesichts hoher Arbeitslosigkeit und weit verbreiteter Armut vor. Teils gibt es mehr als zwölf Stunden am Tag keine Elektrizität. Es kam bereits zu gewaltsamen Zusammenstößen und Plünderungen. Sicherheitskräfte gingen mit Tränengas, Blendgranaten und Gummigeschossen gegen die Proteste vor.
Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden seit Beginn der Proteste mindestens 22 Menschen getötet und mehr als 100 weitere verletzt. Präsident Rajoelina selbst sprach von zwölf Toten, bei ihnen handele es sich um „Plünderer“ und „Einbrecher“.
Rücktritt des Präsidenten gefordert
Die unter dem Namen „Gen Z“ zusammengeschlossene Protestbewegung fordert den Rücktritt von Rajoelina, die Auflösung des Senats, des Verfassungsgerichts und der Wahlkommission sowie die strafrechtliche Verfolgung des Geschäftsmannes Mamy Ravatomanga. Dieser soll angeblich Rajoelinas wichtigster Geldgeber sein.
Präsident Rajoelina war 2009 nach einem Putsch gegen den damaligen Staatschef Ravalomanana an die Macht gekommen. Angeführt wurde der Umsturz von den Capsat-Soldaten. Ende 2023 wurde Rajoelina bei einer von der Opposition boykottierten Wahl für eine dritte Amtszeit bestätigt.
Das vor der afrikanischen Ostküste liegende Madagaskar gehört trotz seiner vielen Rohstoffe zu den ärmsten Ländern der Welt. Fast 75 Prozent der Menschen leben unter der Armutsgrenze.