
Stand: 20.10.2025 17:16 Uhr
Missbrauchsskandale haben die katholische Kirche weltweit erschüttert. Der Papst hat nun Vertreter einer Organisation von Betroffenen im Vatikan getroffen. Diese hoffen auf mehr Zusammenarbeit und mehr Schutz für Kinder und Erwachsene.
Papst Leo XIV. hat sich erstmals in seiner Rolle als katholisches Kirchenoberhaupt mit Vertretern einer Organisation von Missbrauchsopfern getroffen. Er empfing die internationale Betroffeneninitiative Ending Clergy Abuse (ECA) im Vatikan, wie der Heilige Stuhl mitteilte.
Es war die erste Audienz des Vereins, der nach eigenen Angaben Mitglieder aus über 30 Ländern hat, mit einem Papst. Unter Vorgänger Papst Franziskus sei ein solches Treffen nicht zustande gekommen.
„Historische Begegnung“
Die Organisation nannte die Begegnung historisch. „Überlebende haben lange nach einem Platz am Tisch verlangt. Heute fühlten wir uns gehört“, hieß es in einer Mitteilung. Der ECA-Vorsitzende Gemma Hickey bezeichnete das Treffen mit Leo als „zutiefst bedeutungsvolles Gespräch“. Es spiegele ein „gemeinsames Bekenntnis zu Gerechtigkeit, Heilung und echtem Wandel wider“, so Hickey. Leo selbst habe die Vertreter nach einem Brief der Organisation eingeladen.
Einer der Audienz-Teilnehmer war der deutsche Betroffenenvertreter Matthias Katsch. Ein entscheidender Aspekt des Treffens sei gewesen, dass Leo XIV. mit ihnen in Kontakt bleiben, einen offenen Kommunikationskanal mit ihm ermöglichen wolle, so Katsch. Der Papst habe sich wirklich Zeit genommen und aufmerksam zugehört. Ihre Anliegen, wie Nulltoleranz, Gerechtigkeit und Entschädigung für Missbrauchsopfer sowie die Geschichten Betroffener hätten die Vertreter des Vereins vorbringen können.
Vorstand vorsichtig optimistisch
Der Vorstand zeigte sich nach dem Treffen mit Leo XIV. vorsichtig optimistisch. „Ich glaube, er ist entschlossen, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um sexuellen Missbrauch von Kindern innerhalb der Kirche zu bekämpfen und zur Heilung beizutragen“, schilderte Katsch seinen Eindruck. Es wirke, als wolle der Papst wirklich versuchen, die Überlebenden zu unterstützen und ihnen zur Anerkennung zu verhelfen.
Ebenso scheine er bereit, Wege zu finden, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die versagt hätten, so Katsch. Es sei ein sehr langsamer Prozess, denn organisatorische Veränderungen brauchten Zeit, sagte das deutsche Vorstandsmitglied. Doch habe er aus diesem Treffen Hoffnung geschöpft. Die Anti-Missbrauch-Aktivisten habe der Papst ermutigt, als Organisation weiter zu wachsen, um noch mehr Betroffene weltweit zu repräsentieren.
Kinder und Erwachsene besser schützen
Man hoffe nun, gemeinsam mit dem Papst nach Wegen zu suchen, wie Kinder und schutzbedürftige Erwachsene weltweit besser geschützt werden können. Die katholische Kirche trage eine moralische Verantwortung, Überlebende von Missbrauch zu unterstützen und künftiges Leid zu verhindern. Die Betroffenen sind daher nach eigenen Angaben davon überzeugt, dass eine Zusammenarbeit zur Prävention von Missbrauch in der Kirche möglich und auch notwendig ist.
Mögliche nächste Schritte seien die Beteiligung von Betroffenenvertretern bei Gesprächen über eine Verschärfung des Kirchenrechts im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch. Der Papst habe zudem vorgeschlagen, in Kontakt mit der Päpstlichen Kinderschutzkommission zu treten. Sie überwacht und dokumentiert etwa die angeordneten Aufarbeitungs- und Schutzmaßnahmen in der katholischen Kirche weltweit. Auch Gespräche mit weiteren hochrangigen Vertretern der Weltkirchenverwaltung würden angestrebt.
Papst Leo: „Kultur der Prävention“
Seit Jahrzehnten wird die katholische Kirche von Missbrauchsskandalen erschüttert. Leo – der erste US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri – hatte zu Beginn seines Pontifikats bereits von seiner Kirche eine „Kultur der Prävention“ gefordert, die keine Form von Missbrauch zulasse. Kürzlich ernannte er auch einen neuen Leiter der Päpstlichen Kommission gegen sexuellen Missbrauch durch Geistliche. Diese hatte sein Vorgänger Franziskus 2014 eingerichtet.