
Nach Trump-Putin-Telefonat Selenskyjs Drahtseilakt in Washington
Stand: 17.10.2025 04:29 Uhr
Bei seinem Besuch in Washington will der ukrainische Präsident seinen US-Amtskollegen zur Lieferung weitreichender Waffen bewegen. Macht ihm das überraschende Telefonat Trumps mit Kremlchef Putin einen Strich durch die Rechnung?
Wenn der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj heute US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus trifft, soll die mögliche Freigabe für den Verkauf von „Tomahawk“-Marschflugkörpern mit hoher Reichweite im Mittelpunkt stehen. Seit längerem arbeitet die ukrainische Regierung darauf hin. Und Selenskyj durfte sich Hoffnungen auf einen Durchbruch machen. Denn die Töne aus dem Weißen Haus klangen zuletzt durchaus positiv.
Am vergangenen Wochenende etwa hatte Trump dem russischen Staatschef Wladimir Putin direkt mit der Lieferung von „Tomahawks“ an Kiew gedroht, sollte Russland seine Angriffe auf die Ukraine nicht einstellen. Die Marschflugkörper würden es der Ukraine ermöglichen, weit entfernte Ziele innerhalb Russlands zu treffen. Der Kreml hat die USA wiederholt vor der Lieferung solcher Waffen gewarnt.
Trump dämpft Erwartungen
Für Sorgen in der ukrainischen Delegation könnte jedoch das überraschende Telefongespräch zwischen Trump und Putin nur wenige Stunden vor Selenskyjs Ankunft gestern führen. Nach diesem dämpfte der US-Präsident die Erwartungen. Die USA könnten ihre eigenen Vorräte nicht „entleeren“, sagte er. Mit Putin habe er in dem Telefonat über die Möglichkeit gesprochen, der Ukraine „Tomahawks“ zu liefern. Dem Kremlchef habe diese Idee „nicht gefallen“. Außerdem vereinbarten die Präsidenten ein weiteres persönliches Treffen, das diesmal in Budapest stattfinden soll.
Der ukrainische Präsident deutete die Ankündigung als Erfolg der Gespräche über Waffenlieferungen: „Wir sehen bereits, dass Moskau sich beeilte den Dialog zu erneuern, sobald es von den ‚Tomahawks‘ hörte“, teilte er mit. Weiter brachte er die Hoffnung zum Ausdruck, dass ähnlich wie beim Konflikt im Nahen Osten auch bei Russland eine Sprache der Stärke zum Erfolg führen werde.
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha äußerte sich ähnlich: Schon allein die Diskussion über die Marschflugkörper habe „Putin gezwungen“, Trump anzurufen und „wieder in den Dialog mit Amerika zu treten“, schrieb Sybiha auf der Plattform X.
Gipfeltreffen in den nächsten zwei Wochen?
Ob Trump tatsächlich „Tomahawks“ für den Verkauf an die Ukraine freigeben könnte, ist weiter unklar. Für Selenskyj ist der Besuch in Washington ein Drahtseilakt: Beobachtern zufolge könnten die Marschflugkörper der Ukraine eine Ausweitung der Angriffe auf Russlands Ölinfrastruktur erlauben. Zugleich könnte sich Trumps Fokus mit der Ankündigung des Treffens mit Putin zurück in Richtung seiner Friedensbemühungen verschieben.
Einen Zeitpunkt für den Gipfel in Budapest nannte Trump zunächst nicht, sagte dann später aber, dass das Treffen „wahrscheinlich in den nächsten zwei Wochen“ stattfinden könnte. Kommende Woche solle zunächst ein Treffen hochrangiger Regierungsvertreter geben. Auf US-Seite werde Außenminister Marco Rubio die Gespräche leiten. Der Ort dafür müsse noch festgelegt werden. Auch der Kreml bestätigte das geplante Treffen.
Unklare Rolle für Selenskyj
In Trumps Ankündigung war nicht die Rede davon, dass Selenskyj in irgendeiner Weise in die Gespräche in Budapest eingebunden werden soll. Der US-Präsident schrieb nur, dass er mit dem Ukrainer heute über sein Telefonat mit Putin sprechen werde.
Der Ausschluss Selenskyjs war bereits beim letzten persönlichen Treffen von Trump und Putin vor zwei Monaten in Alaska kritisiert worden. Greifbare Ergebnisse im Hinblick auf eine schnelle Friedenslösung brachte der Gipfel in Anchorage damals nicht. Vielfach wurde hingegen kritisiert, Trump habe Putin damit die Gelegenheit zur Rückkehr auf die Weltbühne gegeben.
Seitdem hatte sich der US-Präsident aber zunehmend frustriert über Putin geäußert. Er hatte zudem immer wieder ein Dreier-Treffen Putin-Selenskyj-Trump ins Spiel gebracht – doch dazu kam es bislang nicht.