Treffen in Washington Trump drängt Erdoğan zum Verzicht auf russische Energie
Stand: 25.09.2025 21:38 Uhr
US-Präsident Trump hat die Türkei zum Verzicht auf russische Energie-Importe aufgefordert. Bestehende wirtschaftliche Sanktionen könnten aufgehoben werden, versprach er seinem türkischen Amtskollegen Erdoğan.
US-Präsident Donald Trump hat den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zu einem vollständigen Verzicht auf Energie aus Russland aufgefordert. „Ich möchte, dass er kein Öl mehr aus Russland kauft“, solange Russland seinen Krieg gegen die Ukraine fortführe, sagte Trump bei einem Treffen mit Erdoğan im Oval Office des Weißen Hauses vor Journalisten. Erdoğan solle auch auf Gas aus Russland verzichten, so Trump.
In der Vergangenheit waren die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei teils angespannt – wegen der Situation im ehemaligen Bürgerkriegsland Syrien und der Menschenrechtslage in der Türkei. Trotz großer Differenzen etwa über die Einschätzung der Lage im Nahen Osten – die USA unterstützen Israel im Gegensatz zur Türkei – überhäufte Trump den türkischen Präsidenten mit Lob. Kritik beschränkte er auf die wirtschaftlichen Beziehungen der Türkei mit Russland. Die anschließenden Gespräche endeten nach etwa zwei Stunden.
Türkei setzt weiter auf russisches Gas und Öl
Die Türkei pflegt enge Beziehungen zu Russland und zur Ukraine, lehnt aber westliche Sanktionen gegen Moskau ab. 2024 kamen nach Angaben der türkischen Energiemarkt-Regulierungsbehörde 66 Prozent aller türkischen Ölimporte aus Russland, bei Gas waren es 41 Prozent. Das Land hat bisher keine Abkehr davon erkennen lassen. Trump ist das ein Dorn im Auge.
Die Energiegeschäfte sind für Russland eine wichtige Einnahmequelle für die Finanzierung des Krieges. Russland führt seit mehr als dreieinhalb Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Trump hatte jüngst bereits die EU aufgefordert, den Energiehandel mit Russland einzustellen. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte daraufhin einen schnelleren Stopp europäischer Öl- und Gasimporte aus Russland angekündigt.
Trump setzt Aufhebung der Strafmaßnahmen in Aussicht
Erdoğan ist zum ersten Mal seit 2019 im Weißen Haus. Der türkische Präsident darf auf eine Aufhebung von US-Sanktionen gegen die türkische Verteidigungsindustrie hoffen. Die von Trump 2020 verhängten Strafmaßnahmen waren eine Reaktion auf die türkische Anschaffung des russischen Luftabwehrsystems S-400 – aus Sicht Washingtons ein unvereinbares Sicherheitsrisiko für die NATO. Ankara wurde in der Folge aus einem Projekt zur Entwicklung des Kampfjets F-35 ausgeschlossen und mit Sanktionen belegt.
Die Strafmaßnahmen könnten „fast sofort“ aufgehoben werden, sollte es ein gutes Treffen geben, so Trump. Zugleich ist ein milliardenschweres Geschäft über neue F-16-Maschinen bereits auf dem Weg. Auf der Agenda stand auch ein möglicher Großauftrag der Fluggesellschaft Turkish Airlines beim US-Flugzeugbauer Boeing.
Doppeldeutige Bemerkung über Erdoğan
Trump äußerte sich während des Treffens mehrmals bewundernd über Erdoğan. Trotz des Vorgehens der türkischen Regierung gegen die Opposition sagte Trump: „Er leistet in seinem Land hervorragende Arbeit“. Man habe ein ausgezeichnetes Verhältnis zueinander.
In der Türkei werden seit Monaten immer wieder Oppositionspolitiker festgenommen. Ekrem İmamoğlu, ein aussichtsreicher Herausforderer von Erdoğan bei einer zukünftigen Präsidentschaftswahl, sitzt seit einem halben Jahr ohne Anklage in Untersuchungshaft. Seine Festnahme im März löste Massenproteste in der Türkei aus.
Eine Bemerkung Trumps zu Beginn des Gesprächs ließ allerdings aufhorchen: Sein langjähriger Freund Erdoğan wisse mehr über „gefälschte Wahlen“ als jeder andere. Ob er Erdoğan damit etwa als Opfer oder vielleicht als Strippenzieher adressierte, blieb offen. Der US-Botschafter in der Türkei, Tom Barrack, hatte das Land kurz zuvor als „in gewisser Weise autoritär“ bezeichnet.
Krieg im Nahen Osten ausgespart?
Nicht öffentlich thematisiert wurde ein zentraler Konfliktpunkt der beiden: Während Trump eng an der Seite Israels steht, geht Erdoğan den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu scharf an. Vor der UN-Vollversammlung in New York warf der türkische Präsident der israelischen Regierung erneut Genozid und die gezielte Vertreibung der Palästinenser vor.
Erdoğan sieht sich als Fürsprecher der Palästinenser in der muslimischen Welt. Er unterhält auch gute Beziehungen zur militant-islamistischen Hamas, gegen die Israel im Gazastreifen Krieg führt. Mitglieder der Terrorgruppe sollen sich auch in der Türkei aufhalten.