analyse
Koalitionsausschuss Die schwarz-rote Spitze betont das Gemeinsame
Stand: 11.12.2025 16:33 Uhr
Nach dem Arbeitstreffen der Koalitionsspitzen geht man gnädig miteinander um. Doch dass CDU/CSU und SPD die Stabilität der Regierung so betonen müssen, hat gleich mehrere Gründe.
Am Morgen nach dem Koalitionsausschuss und einer nicht allzu langen Nacht loben sich die vier Protagonisten der Koalition in auffälliger Weise gegenseitig. Weder CDU-Bundeskanzler Friedrich Merz noch SPD-Vizekanzler Lars Klingbeil und seine Co-Parteichefin Bärbel Bas, die auch Arbeitsministerin ist, sparen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Morgen an Lob für den Koalitionspartner. Auch CSU-Vertreter Markus Söder, in Berlin durchaus für Spitzen und Querschüsse bekannt, ist an diesem Tag für seine Verhältnisse geradezu überschwänglich im Lob: „Diese Koalition ist viel besser als ihr Ruf.“
Das ist einigermaßen erstaunlich – am Ende eines Jahres, nachdem der Frühsommer imagetechnisch für Schwarz-Rot bereits mit dem Debakel um die Verfassungsrichterwahl und die Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf ins Wasser gefallen war. Und sich die Koalition gerade zwischen Kabinett und Fraktionen bei der Frage einer Wehrpflicht und vergangene Woche auch bei den letzten Metern auf dem Weg zum ersten Rentenpaket uneinig gezeigt und verstolpert hatte.
Aber was hätten sie auch einräumen sollen, so kurz vor der Weihnachtspause? Wie schwierig vieles war – ein solches Eingeständnis hätte ihren Gegnern Aufwind gebracht, vor allem der radikalen AfD, die sich derzeit im Bund wie in den Ländern ohnehin in hohen Umfragewerten sonnt.
Während Merz, Klingbeil und Bas die Zerwürfnisse erst gar nicht ansprechen und nur loben, lässt Söder es mit kurzen Andeutungen zumindest durchblicken: „Es gab ein paar Leichtsinnsfehler, das wollen wir abstellen“ sowie: „Es hat vergangene Woche eine Zitterpartie gegeben, da darf man sich nicht täuschen“.
Von allem, was man hört über dieses Miteinander, funktioniert es auf der Spitzenebene durchaus. Es ist kein Vergleich etwa zu den letzten Monaten der Vorgängerregierung, in der die Gräben zwischen FDP-Vertreter Christian Lindner und dem SPD-Kanzler Olaf Scholz sowie dem grünen Vizekanzler Robert Habeck unüberwindbar schienen.
Zudem schafft der Koalitionsausschuss es, vieles zu besprechen. Viele Gesetze kamen bereits geräuschlos auf den Weg. Dennoch hört man aus Kreisen der Unionsfraktion: „Wir kriegen vieles hin – und dann schaffen wir es wieder, durch so eine große Sache wie die Rentendebatte alles einzureißen.“
Die äußerst knappe Mehrheit von zwölf Stimmen im Parlament zeigte sich in den ersten acht Monaten Regierungszeit. Von meinungsstarken Abweichlern in den Regierungsfraktionen wird sie als Druckmittel genutzt. Das führt zu Unberechenbarkeit und Unruhe. Vor allem die Union scherte bei Sachthemen aus, immer auch gegen die eigene Führung der Fraktion und des Kanzleramts, die alles bereits in Spitzengesprächen mit der SPD geeint hatte.
Das wird am Rande dieses Koalitionsausschusses sicher Thema gewesen sein, denn auch in dieser Woche gab es wieder Unruhe in letzter Minute – diesmal bei der Grundsicherung, die das Bürgergeld ablösen soll und am Mittwoch im Kabinett vorliegen sollte. Dabei waren sich erneut alle Spitzen laut Arbeitsministerium einig.
In dem Fall kamen die Last-Minute-Bedenken aus unionsgeführten Ministerien. Es gibt die Deutung, dass hinter den Bedenken Parlamentarier stecken, die sich damit an CDU-Wirtschaftsministerin Katherina Reiche gewendet haben.
Bereits bei der Rentendebatte war mehr als deutlich geworden, dass sich die Parlamentarier gerade unionsseits von Kanzleramt und Koalitionsspitzen nicht genügend eingebunden fühlen. Konflikte und Meinungsverschiedenheiten, die bei Gesetzesvorhaben in den Fraktionen entstehen könnten, müssten bereits im Vorfeld einer Kabinettsentscheidung abgeräumt werden, um die Protestwelle danach zumindest zu bremsen. Das scheint besonders wichtig bei so unterschiedlichen Koalitionspartnern wie SPD und Union.
Wie wichtig die Stabilität der Koalition ist, wissen gerade die Protagonisten des Koalitionsausschusses. Klingbeil deutet es an, indem er die innenpolitischen wie europa- und geopolitischen Herausforderungen erwähnt – gerade mit Blick auf die Lage in der Ukraine: „Ich bin dem Bundeskanzler sehr dankbar. Dafür, dass er die Europäer gerade versammelt, dass er dafür sorgt, dass wir in Europa eine starke Stimme haben.“ Und Söder betont zum Schluss, diese Regierung sei so stabil, „dass sich jedenfalls Radikale keine Hoffnung machen dürfen“. Auch dieser Aspekt eint sichtlich.










