Beschluss der Koalition Regierung will weniger Klagen bei Infrastrukturprojekten
Stand: 11.12.2025 11:36 Uhr
Der Ausbau von Brücken, Straßen und Schienen soll möglichst zügig vorangehen. Dafür soll das Klagerecht eingeschränkt werden – darauf einigte sich der Koalitionsausschuss. Bei der Pressekonferenz gab es zudem auffallend viel Lob.
Stundenlang haben die Spitzen der schwarz-roten Koalition im Kanzleramt beraten und zeigten sich am Morgen in einer gemeinsamen Pressekonferenz zufrieden mit den Ergebnissen. Vor allem bei der Infrastruktur soll es nun zügig vorangehen: Bundeskanzler Friedrich Merz verkündete eine Einigung auf Elemente eines Gesetzes zur Beschleunigung beim Bau. Die Beseitigung aller Engpässe werde zum „überragenden öffentlichen Interesse“ erklärt, so Merz. Schienenvorhaben, der Neubau von Autobahnen wie auch der Ersatz von Brücken würden somit künftig Priorität erhalten.
Durch verschiedene Maßnahmen sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfacht, digitalisiert und erheblich beschleunigt werden. So soll der Artenschutz „standardisiert“ werden. Zudem will die Koalition das Umweltverbandsklagerecht einschränken. „Naturschutz bleibt wichtig, aber er kann jetzt nicht mehr durch endlose Verfahren dringend notwendige Maßnahmen blockieren“, betonte Merz.
„Für Klagen gegen Infrastrukturprojekte gelten künftig klarere Regeln, etwa zur Streitbeilegung, zur Rolle der Behörden und zum Wegfall der aufschiebenden Wirkung“, hieß es im Beschlusspapier. Einwendungen sollen demnach nur noch zählen, „wenn sich die betreffende Person oder Vereinigung bereits im Verwaltungsverfahren beteiligt hat“. Dies beuge Missbrauch vor. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf will die Koalition „spätestens am 28. Februar 2026“ beschließen.
CSU-Chef Markus Söder sprach von einem „richtig großen Schritt voran“. „Irgendwelche NGOs von ganz woanders her“ könnten in Zukunft nicht mehr Verfahren, an denen sie zuvor nie beteiligt waren, „im Nachhinein blockieren“.
Heizungsgesetz wird durch „Gebäudemodernisierungsgesetz“ ersetzt
Zudem wird das alte sogenannte Heizungsgesetz Merz zufolge abgeschafft. „Es wird künftig ‚Gebäudemodernisierungsgesetz‘ heißen“, sagte der CDU-Politiker. Beim Gebäudeenergiegesetz (GEG), oft als Heizungsgesetz bezeichnet, geht es um die zentrale Vorgabe, dass neue Heizungen nur eingebaut werden dürfen, wenn sie zu mindestens 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden. Es gibt umfassende Übergangs- und Ausnahmeregelungen. Funktionierende Heizungen können weiter betrieben werden.
Ende Februar 2026 will die Bundesregierung die Novelle des GEG beschließen. Das neue Gesetz solle technologieoffener, flexibler und einfacher werden. Bis Ende Januar sollten die beteiligten Ministerien sowie die Fraktionsvorsitzenden gemeinsam mit den Fachpolitikern Eckpunkte erarbeiten.
Private Rentenvorsorge im Fokus
Wie Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas bekanntgab, wird die Bundesregierung in der kommenden Woche die Rentenkommission für eine Reform der Alterssicherung einsetzen. „Dann kann es da auch beim Thema Rente losgehen“, kündigte die SPD-Co-Chefin an. „Da geht es auch um die Stabilität der Rente, aber vor allem auch darum, eine gerechte Basis für alle Generationen zu finden und die Zukunft der Rente auszugestalten.“
Mit einer Reform der privaten Altersvorsorge soll die Riester-Rente abgelöst werden, die seit Jahren die Erwartungen enttäuscht, die die Politik in sie hatte. Dazu hat Finanzminister Klingbeil bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt. Das Ziel: Die steuerlich geförderte private Altersvorsorge soll attraktiver werden. Im aktuellen Beschluss des Koalitionsausschusses heißt es, anknüpfend an den Beschluss von Ende November wolle die Koalition die private Altersvorsorge der jungen Menschen zusätzlich stärken. Konkret soll die Grundzulage für sogenannte Eigenbeiträge bis 1.200 Euro ab 2029 jährlich von aktuell 30 Cent pro Euro auf 35 Cent pro Euro erhöht werden.
Änderungen soll es auch bei der geplanten Frühstartrente geben. Ab 2029 sollen für zusätzliche Jahrgänge von bis dahin in der Frühstartrente nicht berücksichtigten Kindern, die eine Bildungseinrichtung in Deutschland besuchen, pro Monat zehn Euro je Kind in ein individuelles, privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot eingezahlt werden.
Krankenkassenbeiträge und Bürgergeld
Bas sieht außerdem Fortschritte bei den Bemühungen um eine Stabilisierung der Krankenkassenbeiträge im neuen Jahr. Man sei mit den Ländern in Vorverhandlungen „auf einem guten Weg“, sagte sie. Um den Druck für Anhebungen der Krankenkassenbeiträge zum 1. Januar 2026 zu mindern, hat der Bundestag ein Sparpaket von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) beschlossen. Der Bundesrat stoppte das Gesetz aber vorerst, darüber soll der Vermittlungsausschuss am kommenden Mittwoch beraten.
Verwundert zeigte sich die SPD-Politikerin über die Vorbehalte von Unionsministern gegen ihren Gesetzentwurf zur Abschaffung des Bürgergelds. Die Details der neuen Grundsicherung seien in der Koalition „auf Spitzenebene verhandelt“ worden – „und insofern war ich überrascht, dass es noch ein paar rechtliche Rückfragen gibt“. Sie sei aber „zuversichtlich, dass wir die jetzt noch klären“ und der Gesetzentwurf kommende Woche im Kabinett beschlossen werden kann, sagte Bas weiter. Kanzler Merz teilte diese Zuversicht: Es gebe noch wenige Fragen, die nun „im guten Einvernehmen geklärt“ würden, sagte er. „Das ist ein völlig normaler Prozess.“
Lob für die Arbeit der Koalition
Ein weiteres wichtiges Thema bei der Sitzung des Koalitionsauschusses war nach Angaben von SPD-Co-Chef und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil die weitere Unterstützung der Ukraine. Man sei sich einig, „dass wir als Deutschland dort Treiber sein wollen“ mit Blick auf die Nutzung von eingefrorenem russischen Vermögen. Es habe im Koalitionsausschuss dazu keinen Beschluss gegeben. „Aber das hat gestern einen großen Teil des Abends eingenommen.“
Klingbeil bescheinigte der Koalition zudem eine gute Arbeit in den vergangenen Wochen: Man blicke auf eine gute Bilanz zurück. „Wir haben maßgebliche Weichen für das Land gestellt“, sagte der Minister. Mit dem Infrastrukturgesetz etwa würden weit über das Sondervermögen hinaus Projekte beschleunigt.
Auch die anderen Koalitionsspitzen zeigten sich demonstrativ harmonisch – trotz vieler Streitigkeiten innerhalb der vergangenen Monate wie zum Beispiel über das Rentenpaket. CSU-Chef Markus Söder lobte die Koalition – sie sei „viel besser als ihr Ruf“, sagte er bei der Pressekonferenz. „Wir haben immer wieder dicke Brocken geschafft.“ Die Gesetzesmaschine laufe. Und auch der Kanzler verteidigte die Arbeit seiner Regierung: „Ich finde, dass wir mittlerweile in der Koalition wirklich gut, auch persönlich gut zusammenarbeiten“, sagte Merz. Er wies dabei zurück, dass der angekündigte „Herbst der Reformen“ nicht stattgefunden habe. „So umfangreiche Reformen (…) hat es in Deutschland noch nie gegeben“.









