Stand: 19.12.2025 19:56 Uhr
Kritiker sehen im neuen Ukraine-Darlehen nur einen Kompromiss. Für Kanzler Merz ist die Lösung aber „sogar besser als die, die ich vorgeschlagen habe“. Im Interview mit den tagesthemen zeigt er sich zufrieden mit dem Jahresabschluss.
Mehr als 17 Stunden Verhandlung in Brüssel – aber wenn es nach Bundeskanzler Friedrich Merz geht, hat sich der Gipfel-Marathon gelohnt. Die EU-Einigung zum Ukraine-Kredit war am Ende zwar nicht das, worauf der CDU-Politiker ursprünglich gedrängt hatte. Aber der Kanzler betonte nun in den tagesthemen: „Diese Lösung ist sogar besser als die, die ich vorgeschlagen habe.“
Die Lösung, die von 24 der 27 EU-Mitgliedern mitgetragen wird, lässt die russischen Vermögen in der EU zunächst eingefroren. Ein neues Darlehen bekommt die Ukraine dennoch – und wenn Russland keine Reparationszahlungen leistet, sollen die eingefrorenen Gelder für die Rückzahlung genutzt werden.
„Trotzdem wird das russische Vermögen genutzt“
Dieses Vorgehen sei einfacher und erfordere keine Haushaltsbeschlüsse der Mitgliedsstaaten, erklärte Merz im tagesthemen-Interview. „Und trotzdem wird das russische Vermögen genutzt.“ Sollten die festgesetzten Vermögenswerte an Russland zurückgehen, dann „nur nach Abzug des Darlehens, das die Ukraine jetzt bekommen hat – und nach Abzug weiterer Schäden“, so Merz.
Der Bundeskanzler und weitere EU-Regierungschefs hatten vor dem Gipfel noch darauf gedrängt, die russischen Vermögen in der EU direkt für die Ukraine zu nutzen. Der nun eingeschlagene Weg sei etwas, „was wir in der Europäischen Union in dieser Form bisher auch noch nicht gemacht haben“, sagte Merz. Die EU könne so etwas tun, was sonst Einstimmigkeit erfordert hätte.
Ungarn, Tschechien und Slowakei sträuben sich
Kritikerinnen und Kritiker sehen in der Einigung lediglich einen Kompromiss – auch Politiker der schwarz-roten Koalition drängen, Merz solle seinen ursprünglichen Weg weiterverfolgen. Merz verteidigte die Lösung: „Was soll ich machen, wenn ich in einer 17-stündigen Verhandlung in Brüssel sehe, dass drei von 27 diesen Weg nicht mitgehen wollen, wo eigentlich Einstimmigkeit erforderlich ist?“ Ungarn, Tschechien und die Slowakei beteiligen sich nicht an den Kosten des Darlehens. „Wenn drei gar nicht wollen, dann müssen wir nach Wegen suchen, wie 24 dann trotzdem vorangehen können.“
In der neuen Lösung für den Kredit, aber auch in der verschobenen Unterschrift des Mercosur-Abkommens sehen kritische Stimmen Dämpfer für die Glaubwürdigkeit der EU. Kanzler Merz hingegen sieht seine Ziele für den Gipfel erreicht: Der Ukraine sei wirksam und schnell geholfen worden. Und auch Mercosur werde im Januar unterzeichnet – davon zeigt sich Merz überzeugt: „Italien wird zustimmen, das hat uns die Ministerpräsidentin fest zugesagt.“
Ein zufriedener Kanzler zum Jahresabschluss
Zum Jahresabschluss gibt sich der Kanzler nach dem Gipfel deshalb zufrieden – auch innenpolitisch. „Alle Vorhaben, die wir im zweiten Halbjahr auf den Weg bringen wollten, sind verabschiedet worden.“ Dabei kam es aber immer wieder zu Differenzen innerhalb der Koalition und es lief für Merz – ähnlich wie in Brüssel – nicht alles wie geplant.
Zur Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer als Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung sagte Merz: „Wir leben in einer Demokratie und nicht in einer Diktatur“. In einer Demokratie seien auch mal „Umwege“ und „Kompromisse“ notwendig. „Und man muss auch akzeptieren, dass in demokratischen Gremien anders entscheiden wird, als es vielleicht der Vorsitzende will.“










