Regenwaldschutz KI soll illegale Rodungen schneller erkennen
Stand: 21.11.2025 18:31 Uhr
Illegale Rodungen frühzeitig erkennen – im Amazonasgebiet soll KI den Regenwaldschutz verbessern: Sie wertet Satellitenbilder aus, erkennt Gefahren und erleichtert das Eingreifen. Auch deutsche Nationalparks haben Interesse.
Die Millionenstadt Belém ist neben Manaus die wichtigste Stadt des brasilianischen Amazonasgebiets. Doch sie liegt so weitab von den üblichen Touristenrouten, dass sie bei manch einem vor der Weltklimakonferenz 2025 bislang unter dem Radar lief.
Dass Brasiliens Präsident Lula da Silva die COP30 bewusst dorthin geholt hat, zielte vor allem darauf, den internationalen Entscheidungsträgern vor Ort zu zeigen, wie schlecht es dem Amazonas-Regenwald geht und daran zu erinnern: Die Regenwälder sind die grüne Lunge des Planeten. Dennoch wurde im Jahr 2024 weltweit so viel von ihnen zerstört wie seit über 20 Jahren nicht mehr: eine Fläche so groß wie Bayern. Beim Schutz des Waldes könnte nun jedoch Künstliche Intelligenz helfen.
Den größten Regenwald-Nationalpark der Welt schützen
Ein Hotspot der Regenwald-Abholzung in Südamerika ist der Nationalpark Chiribiquete im kolumbianischen Amazonasgebiet. Die Vegetation verschwindet dort etwa zugunsten neuer Rinderweiden, Straßen oder Coca-Plantagen, deren Erträge Grundlage der Kokain-Produktion sind.
All das erfolgt zu großen Teilen illegal, und oft kommen Maßnahmen zum Schutz des Waldes zu spät. Um das zu ändern, werde dort nun auf ein neues Überwachungssystem gesetzt, bei dem Satellitenbilder mit KI analysiert würden, erklärt Esperanza Leal. Sie koordiniert von Bogotá aus das Kolumbien-Programm der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt.
Schutz der Nationalparks
„Die neue Technologie soll unsere Umweltschutzarbeit erleichtern, indem Warnmeldungen über illegale Waldzerstörung viel schneller als bisher veröffentlicht werden“, sagt die Naturschützerin. Nicht nur im Nationalpark Chiribiquete, sondern auch im nahen Nationalpark La Macarena und im Schutzgebiet Nukak.
Alle drei Areale sind für die Artenvielfalt und das globale Klima von großer Bedeutung: Chiribiquete ist der größte tropische Regenwald-Nationalpark der Erde und ein riesiger Kohlenstoffspeicher. La Macarena ist eine wichtige ökologische Verbindung zwischen Amazonas und Anden. Das Nukak-Reservat erhält mit seinen umfangreichen Regenwaldgebieten lokale und regionale Niederschlagszyklen aufrecht.
Schneller handeln können
Bislang dauerte es Wochen, bis eine Behörde wie die kolumbianische Staatsanwaltschaft neue Berichte über Rodungen vorliegen hatte. Dank der neuen Technologie gibt es nun fast in Echtzeit verwertbare Daten über Veränderungen im Wald. „Auf dieser Basis können dann zum Beispiel gemeinsam mit den lokalen Gemeinden oder den zuständigen Ministerien vorbeugende beziehungsweise disziplinarische Schritte eingeleitet werden“, erläutert Esperanza Leal.
Zuvor müssten die Daten aber noch vor Ort verifiziert werden, und solange die KI noch weiter in ihrer Präzision verbessert werden müsse, fänden auch immer noch parallele Überwachungsflüge statt. Leal drängt darauf, die technischen Möglichkeiten weiterzuentwickeln. Denn damit könne der Waldschutz nicht nur sehr viel schneller, sondern auch viel effizienter werden.
„Optimalerweise wird die KI wie ein Forschungs- oder ein Naturschutzassistent eingesetzt, also wie jemand, der hilft, Daten zu analysieren oder Muster zu erkennen, wo wir Menschen keine Muster sehen“, unterstreicht auch Frauke Fischer den Wert des KI-Einsatzes im Regenwaldschutz.
Die Biologin aus Frankfurt am Main ist Expertin für den Einsatz künstlicher Intelligenz im Umweltbereich und hat zu dem Thema unlängst das Sachbuch „Kann KI die Natur retten?“ veröffentlicht. Auch Deutschland könne in Sachen Ökologie viel von diesen neuen Techniken profitieren – auch wenn es hier keine Regenwälder gibt.
KI im Umweltschutz: ein Trend mit Zukunft
„Das beginnt mit KI-Apps, mit denen sich per Smartphone-Fotos Arten bestimmen lassen“, erläutert Fischer. Ebenso könne man mit KI Millionen Stunden an Tonaufnahmen aus der Natur automatisch auswerten. Auch darüber lassen sich dann Arten identifizieren – Vögel, Frösche oder Insekten – und Informationen über ihre Verbreitung und Bestandsgröße gewinnen.
„KI kann uns auch helfen, viel früher als wir das im Moment tun, Störungen zu erkennen“, so die Expertin. „Das funktioniert sehr gut, indem sie Daten von Tieren auswertet.“ Beispielsweise gebe es Projekte, in denen Vogelarten besendert werden, die sehr empfindlich auf ökologische Störungen in Waldgebieten reagieren. „Diese Wälder sehen teilweise selbst auf Satellitenfotos noch total intakt aus“, sagt Fischer, „aber wenn die Vögel diese Bereiche vermeiden, weiß man, dass irgendwas nicht mehr stimmen kann.“
Auf solchen Möglichkeiten basiert auch das neue Projekt „KI-Nationalpark“. Koordiniert vom Verein Nationale Naturlandschaften e. V. entsteht gemeinsam mit der Universität Freiburg und der biometrio.earth GmbH ein KI-gestütztes Überwachungssystem für insgesamt 15 deutsche Nationalparks und Wildnisgebiete. Das Ziel sind standardisierte Verfahren zur Erfassung von Artenvielfalt und Störfaktoren, aber auch Handlungsempfehlungen zum Schutzgebietsmanagement. Der Bund gibt dafür 1,8 Millionen Euro – und auch das ist ein Zeichen, dass uns KI im Naturschutz immer häufiger begegnen dürfte, egal ob in Südamerika oder im Schwarzwald.










