analyse
Stand: 23.11.2025 03:22 Uhr
Gescheitert ist die Klimakonferenz in Brasilien nicht – doch viele Staaten sind unzufrieden mit dem Beschluss, der am Ende niedergeschrieben steht. Einige gute Ansätze gibt es aber dennoch.
Nach langem Ringen herrscht herbe Enttäuschung bei der Mehrzahl der Länder: „Wir wissen, dass manche unter Ihnen größere Ambitionen hatten“, entschuldigt André Corrêa do Lago, der brasilianische Konferenzvorsitzende des Klimagipfels, das mehr nicht drin war im Abschluss-Dokument.
Auf den vom brasilianischen Präsidenten Lula da Silva ins Spiel gebrachten Fahrplan zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas konnten sich die Länder nicht einigen. Fürs Klima ist das keine gute Nachricht, sagt Klimaforscher Niklas Höhne vom New Climate Insitute: „Das ist nicht der Notfall-Modus, der jetzt die adäquate Antwort wäre auf diese Krise.“
Nach wie vor ist klar: Setzen alle Länder ihre eingereichten Klimaziele so um, steuert die Welt auf 2,3 bis 2,5 Grad mehr bis Ende des Jahrhunderts zu. „Immerhin, die Revolution der erneuerbaren Energien ist nicht mehr aufzuhalten“, so Höhne. Auch das habe sich gezeigt – durch die breite Allianz von 80 Ländern, darunter auch Deutschland, die in Bélem öffentlich gefordert hatten, dass ein solcher Fahrplan für einen gerechten Ausstieg mit ins Dokument muss.
Kompromiss der brasilianischen Gipfelleitung
Der Kompromiss-Versuch der brasilianischen Konferenz-Leitung: Ein selbst initiierter Fahrplan zur Abkehr aus fossilen Energien – unabhängig vom eigentlichen Beschlussdokument. Das ist weniger bindend. Aber: „Vielleicht ist das sogar ein guter Weg, denn in diesem Fall können die Länder, die tatsächlich dafür sind, sich zusammentun und sie werden von den Störern und den Bremsern nicht aufgehalten“, sagt Höhne.
Eine kleine, aber starke Gruppe von Öl-Staaten hatte einen starken Text verhindert. Insofern könne die Initiative der brasilianischen Gipfelleitung im besten Fall nun sogar helfen, den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas voranzubringen, so Höhne.
Fahrplan zum Erreichen der 1,5 Grad-Grenze
Christoph Bals von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch sagt, der Weg zur Abkehr fossiler Energien stehe indirekt auch im Beschluss. Denn der Text rufe zu mehr Anstrengung auf, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen: „Kein Land könnte zu 1,5 Grad einen Pfad gehen, ohne massiv die fossilen Energien im eigenen Land runterzufahren.“
Außerdem nimmt der Text Bezug zu einer Einigung aus Dubai. Auf dem Klimagipfel vor zwei Jahren hatten sich die Länder darauf verständigt, bis 2030 erneuerbare Energien zu verdreifachen und Energieeffizienz zu verdoppeln.
Konferenz im Regenwald ohne nennenswerten Waldschutz
Neben dem Fahrplan zur Abkehr fossiler Energien geriet der Schutz der Wälder fast in Vergessenheit. Dabei hatte Lula nicht ohne Hintergedanken den Klimagipfel in den Amazonas geholt. Aber auch der geforderte Plan zum Entwaldungs-Stopp schaffte es nicht ins Abschlussdokument und musste von der brasilianischen Gipfelleitung eigens initiiert werden.
Es war das gleiche Vorgehen wie beim dem Fahrplan raus aus fossilen Energien und sei eine gute Initiative, sagt Friedrich Bohn, Waldökologe vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung: „Die COP hat durchaus Potenzial, den Waldschutz deutlich zu verbessern.“
Auch der Tropenfonds (Tropical Forest Forever Facility, TFFF), den Lula kurz vor der Klimakonferenz startete, erhöhe die Chance, die Entwaldung bis 2030 noch zu stoppen, sagt Bohn. Darauf hatten sich die Länder 2021 beim Glasgow-Gipfel geeinigt. Der TFFF greife Hand in Hand mit einem anderen internationalen Waldschutz-Mechanismus, dem REDD+. Der eine Mechanismus belohnt, wenn CO2 durch Aufforstung aus der Atmosphäre genommen wird. Der andere belohnt, wenn Wald stehen bleibt.
Anpassungslücke klafft weiterhin groß
Wenn Wälder stehen bleiben, mildern sie – zumindest lokal – Extremwetter wie Starkregen. Da genau das häufiger und intensiver wird und vor allem die ärmsten Länder wie Sudan, den Tschad oder Honduras trifft, forderten diese mehr Geld für Anpassung. Auch das war ein Thema beim 30. Klimagipfel in Brasilien. Das Umweltprogramm der UN (UNEP) rechnet vor: Es braucht zwischen 310 bis 365 Milliarden US-Dollar im Jahr.
Im Abschlussdokument haben sich Industrienationen lediglich darauf eingelassen, die Zusagen, die eventuell im Jahr 2025 auf dem Tisch liegen, verdreifachen zu wollen, erklärt Sabine Minninger von der Entwicklungsorganisation Brot für die Welt. Doch es bleibt fraglich, wieviel im Jahr 2025 überhaupt für Anpassung fließen wird: „Was hier zugesagt worden ist: Eine Multiplikation mit unbekannten Variablen.“
EU kam „mit leerem Portemonnaie“
Dabei sind Zusagen von Industrienationen auf Klimagipfeln vertrauensbildend. Niklas Höhne sieht Verantwortung dafür auch bei der EU, doch die „kam auch wirklich mit leerem Portemonnaie.“ Auch dadurch sei sie in einer schlechten Position gewesen, andere Länder vom Fahrplan zum Ausstieg aus fossilen Energien zu überzeugen.










