Stand: 20.11.2025 13:10 Uhr
Weltweit schrumpfen die Tropenwälder – mit verheerenden Folgen für den Klimawandel. Eine neue Studie zeigt: Sind die Flächen erst mal abgeholzt, dauert es mindestens 20 Jahre, bis sie sich wieder erholen.
Der tropische Regenwald ist eines der Kippelemente des Klimawandels. Diese Kippelemente können nach dem Überschreiten eines spezifischen Schwellenwertes Kettenreaktionen auslösen, die den Klimawandel weiter beschleunigen.
Durch die fortlaufende Zerstörung der Regenwälder werden beispielsweise enorme Mengen Kohlendioxid freigesetzt. Im Sinne des natürlichen Klimaschutzes ist es darum wichtig, dass sich entwaldete Flächen wieder erholen können, sagt Matthias Schleuning vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt am Main. Das Problem dabei: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass es mehrere Jahrzehnte braucht, bis sich so ein Wald wieder erholen kann, und erst wenn ein Wald wieder in einem erholten Zustand ist, kann er auch wieder als Kohlenstoffspeicher fungieren.“
Insgesamt speichern die tropischen Wälder über 17 Prozent des weltweit in Vegetation und Boden gebundenen Kohlenstoffs, so die Tropenwaldstiftung „Oro Verde“. Auf diese Weise halten die Tropenwälder ein Grad Celsius der globalen Erwärmung zurück. Dieser ökologische Wert ist auf jeden Fall ein wichtiger Grund, sie vor Abholzung zu schützen oder sie dort wieder aufzuforsten, wo sie vom Menschen zerstört wurden. Aber die Erholung des Waldes braucht ihre Zeit. Wie viel genau, das beleuchtet nun eine neue Studie der Forschungsgruppe REASSEMBLY der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Sie wurde im ecuadorianischen Chocó-Regenwald durchgeführt und ist nun im Fachjournal Current Biology erschienen.
Keine Wiederbewaldung ohne fruchtfressende Tiere
Die brasilianische Forscherin Anna Rebello Landim, Doktorandin bei Matthias Schleuning, untersuchte im Rahmen der Studie gemeinsam mit der Umweltstiftung Jocotoco 62 Parzellen mit Wald in unterschiedlichen Stadien der Regeneration – von landwirtschaftlich genutzten Bereichen wie Kakaoplantagen über junge Sekundärwälder bis hin zu ungestörten Naturwäldern. So stellte sie fest, wie im Laufe der Zeit die Walderholung voranschreitet.
Dabei sind die meisten tropischen Pflanzen darauf angewiesen, dass Tiere ihre Samen ausbreiten – diese Wechselwirkungen spielen eine unersetzliche Rolle bei der natürlichen Regeneration der Wälder. Der entscheidende Schritt hin zu einem ökologisch funktionierenden Waldbiotop ist es deshalb, dass sich die Ausbreitung von Pflanzensamen durch Tiere wie Vögel, Fledermäuse oder Affen wieder erholt und so die natürliche Wiederbewaldung in Gang setzt.
Doch dazu müssen diese Tiere, die Früchte fressen und dann deren Samen mit ihrem Kot verbreiten, erst einmal in das jeweilige Gebiet zurückkehren. „Während meiner Datenerhebung habe ich Daten in Waldparzellen mit unterschiedlichem Alter der Erholung gesammelt“, erläutert Anna Rebello Landim. „Anstatt also 40 Jahre im Feld zu verbringen, habe ich diese Wechselwirkungen auf Parzellen mit unterschiedlichem Erholungsalter untersucht, und das ermöglichte es uns, einen Trend der Erholung zu erkennen.“
Tukane spielen in tropischen Wäldern eine wichtige Rolle bei der natürlichen Ausbreitung von Pflanzensamen. Nach der Abholzung kehren sie oft erst nach zehn Jahren wieder in neue Waldgebiete zurück.
Es wird Jahre dauern
Das Ergebnis: „Unsere Studie zeigt, dass die Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen und Tieren erst nach rund 20 Jahren wieder annähernd so vielfältig sind wie in ungestörten Wäldern“, so Anna Rebello Landim. „Als erstes kehren kleine Vögel zurück, die kleine Samen transportieren. Tukane kommen bestenfalls nach etwa zehn Jahren dazu. Größere Säugetiere, wie beispielsweise Klammeraffen, die auch große Samen transportieren können, brauchen noch länger.“
Diese Erkenntnis ist insofern wichtig, da junge, nachwachsende Tropenwälder oft schon nach zehn bis 15 Jahren wieder gerodet werden. „Die Samenausbreitung hängt auch von der Mobilität der Tiere ab“, hebt Matthias Schleuning hervor. „Dabei gilt: Umso intakter eine Landschaft als Ganzes ist, desto schneller können sich auch Einzelteile dieser Landschaft nach menschlicher Störung wieder erholen.“
Der intakte Tropenwald schrumpft
Besonders mit einer Anbindung an intakte Waldgebiete, so Matthias Schleuning, könnten von dort die Tiere, die die Samen ausbreiten, schneller in den neu heranwachsenden Wald vordringen.
Vor allem alte Bäume sind dabei wie Brücken in der Landschaft – sie erleichtern es Tieren, zwischen Waldfragmenten zu wandern und Samen auszubreiten. Doch der intakte Tropenwald wird immer weniger. Pro Jahr verschwindet auf der Erde eine Regenwaldfläche etwa von der Größe Panamas. Wenn sich dieser Trend fortsetzen und nichts für den Erhalt des Regenwaldes getan würde, wäre der Wald bis Ende des Jahrhunderts vollends verschwunden.
In einem nächsten Schritt werden Anna Landim, Matthias Schleuning und ihre Kollegen nun zum Beispiel auch das Wachstum junger Bäume im Wald untersuchen. Auf diese Weise wollen sie noch mehr Hinweise darauf finden, mit welchen Maßnahmen die Wiederbewaldung beschleunigt werden kann – für den Schutz der biologischen Vielfalt und für den Schutz des Klimas.










