Wasser-Wiederverwendung Wie Städte klimaresilienter werden können
Stand: 17.11.2025 15:47 Uhr
Eigentlich gibt es in Deutschland genug Wasser. Aber es kommt zu unregelmäßig – mal gibt es heftigen Starkregen, dann wieder lange Trockenphasen. Städte und Kommunen müssen lernen, es besser zu nutzen.
Wenn die Toiletten in der neu sanierten Wohnanlage in Mannheim Feudenheim gespült werden, dann fließt hier kein Frischwasser, sondern aufbereitetes Wasser aus den Duschen, Badezimmerbecken und Waschmaschinen. Das sogenannte Grauwasser wird gesammelt und im Keller der Wohnanlage wieder gereinigt.
Hinter einer Tür in der Tiefgarage mit der Aufschrift „Grauwasser-Technikraum“ geht es eine Stahltreppe runter – und dann steht man vor mehreren mannshohen schwarzen Kanistern, vielen Rohren und vier Behältern, die aussehen wie große Kartuschen: die sogenannte Ultrafiltrationsmembrananlage. Die mache aus dem Grauwasser wieder sogenanntes Servicewasser, erklärt Simon Gehrmann von der Technischen Universität in Darmstadt. „Das wird dann in diese Behälter gepumpt, und von diesen geht es in den Wohnungskreislauf herein, also wird in die Waschmaschinen und Toilettenspülung geschickt.“
Die Toiletten in der Wohnanlage werden automatisch mit dem aufbereiteten Wasser gespült, beim Waschmaschinenanschluss können die Mieter selbst entscheiden, ob sie auf das aufbereitete oder auf frisches Wasser zugreifen.
Modell der wassersensitiven Stadt
Was an Wasser übrig bleibt, werde in einen kleinen Teich in der Mitte der Wohnanlage gepumpt, erklärt Simon Gehrmann, der dieses Pilotprojekt der „Wassersensitiven Stadt“ mit entworfen hat. Besitzerin des Areals am Alfred-Damaschke-Ring ist die GBG Unternehmensgruppe GmbH. Als der Neubau der Mehrfamilienhäuser anstand, sollte das möglichst umweltfreundlich passieren. Gebaut wurde mit modernsten Energiestandards, Photovoltaik, Fassadenbegrünung und eben ganz besonders wassersparend.
Rund 40 Prozent Frischwasser lassen sich durch die Aufbereitung einsparen, etwa 11.000 Liter werden in der Anlage jeden Tag gefiltert. 8.000 davon gehen wieder in die Wohnungen, der Rest in den künstlichen Teich, der wie ein kleines Biotop angelegt wurde. In ihn wird auch das Regenwasser von den Dächern geleitet, außerdem dient er als Auffangbecken bei Starkregen. Das Wasser wird genutzt, um die Fassadenbegrünung und in Hitzeperioden den alten Baumbestand im angrenzenden Park zu wässern. Gleichzeitig sorgt er an heißen Tagen für kühlere Temperaturen und insgesamt für mehr Lebensqualität. Denn das Wasser nimmt die Wärme auf und sorgt, wenn es verdunstet, für Kühlung.
„Wir setzen hier auf eine lokale Lösung statt auf lange Leitungswege“, sagt Annette Rudolph Cleff von der Technischen Universität Darmstadt. Das Projekt sei eine gute Blaupause für alle Neubauprojekte und Sanierungen: „Denn diese großen Wasserinfrastrukturen, die ja für uns ein großes Zeichen der Zivilisation waren, werden uns in Zukunft mit der wachsenden Weltbevölkerung und dem Klimawandel nicht mehr weiterhelfen können.“
Die Mehrkosten für die Infrastruktur der Wasseraufbereitung lagen laut Uni Darmstadt bei gerade mal einem Prozent der Gesamtsumme. Im Gegenzug wird aber Geld nicht nur beim Frischwasser, sondern auch bei den Abwassergebühren eingespart.
Schwammstadtviertel in Stuttgart
Auch in Stuttgart spielt das Thema Wassermanagement eine zunehmend große Rolle. Das Neubaugebiet im Neckarpark im Stadtteil Bad Cannstatt, das zum Teil noch im Bau ist, wurde als Schwammstadt konzipiert. Statt Straßen und Gehwege zu asphaltieren, wurde Sickerpflaster verlegt und das ist für Jürgen Mutz, den Leiter des Stuttgarter Tiefbaumamtes auch eine Besonderheit, „dass wir auch auf den Straßen Sickerpflaster haben und nicht nur auf den Gehwegen“.
Als Sickerpflaster bezeichnet man Steine, die porös sind und das Wasser wie ein Schwamm aufsaugen. So wird es gleich ins Erdreich und dann ins Grundwasser geleitet.
Normalerweise sind Straßen in Deutschland asphaltiert und damit versiegelt. Das heißt, das Wasser kann nicht versickern und fließt gleich über die Kanalisation wieder ab. Das ist im Neubaugebiet im Stuttgarter Neckarpark anders. Auch der kleine Park in der Mitte der Anlage kann mit seiner Senke und dem schmalen Fluss bei Starkregen viel Wasser aufnehmen. Außerdem wird das Wasser in einer Zisterne gesammelt und in Trockenzeiten zum Bewässern genutzt.
Alle Hausbesitzer müssen das Regenwasser nutzen
Auf dem Areal stehen schon mehrere Wohn- und Bürohäuser, auch eine Kita und eine Schule sind schon in Betrieb. Neue Gebäude werden gerade gebaut oder sind in Planung. Alle Hausbesitzer sind verpflichtet, das Regenwasser zu sammeln und zu nutzen, viele haben sich auch entschieden, die Fassade zu begrünen.
Das sorgt bei Hitze für angenehmere Temperaturen, genau wie der kleine Park, dessen Bäume, wenn sie mal ausgewachsen sind, viel Schatten spenden werden und so die Auswirkungen des Klimawandels erträglicher machen sollen. Die Schwammstadt im Neckarpark soll der Stadt als Blaupause für weitere Neubaugebiete dienen. Anders zu bauen, meint Jürgen Mutz, sei in Zeiten des Klimawandels nicht mehr sinnvoll.










