Kräftige Absatzeinbrüche Katerstimmung auf dem Whisky-Markt
Stand: 16.11.2025 16:28 Uhr
Whisky-Liebhaber treffen sich in Wiesbaden zur Messe „InterWhisky“. Die Spirituose ist gerade in deutschen Clubs sehr beliebt. Doch viele Probleme setzen den traditionellen Herstellern massiv zu.
In den schottischen Highlands soll seine Geburtsstunde liegen: Weil Mönche keine Weintrauben zur Verfügung hatten, nahmen sie Getreide, destillierten es, brannten den Extrakt und entwickelten Ende des 15. Jahrhunderts ein ganz spezielles Gebräu – den Whisky.
Auf der Nachbarinsel Irland sieht man das allerdings ganz anders. Hier verweist man auf einen mittelalterlichen Clan in Clonmacnoise, einer Klosterruine im Zentrum der Republik. Am Ufer des Shannon soll dessen Anführer das „flüssige Gold“ schon viel früher erfunden haben. Unglücklicherweise trank er der Legende nach zu viel davon und segnete recht schnell das Zeitliche.
Franzosen trinken am meisten
Was auch immer stimmen mag: Schottland ist seit Jahrhunderten die Hochburg des Whiskys in Europa. Im vergangenen Jahr wurden von dort rund 1,4 Milliarden Flaschen in alle Welt exportiert, das sind über 40 pro Sekunde. Mit rund 140 Brennereien hat das kleine Schottland die größte Dichte an Whisky-Herstellern weltweit.
Gut einen Liter Whisky pro Kopf trinkt – statistisch gesehen – jeder Schotte pro Jahr. Damit ist man allerdings nicht Spitzenreiter. Denn noch mehr vertragen die Franzosen, die es auf rund 2,2 Liter bringen. Auch in Uruguay, den USA und Australien wird viel Whisky konsumiert. In Deutschland ist es rund ein halber Liter, der nach der Statistik pro Kopf und Jahr die Kehle herunterläuft.
Das ist Stoff genug für manchen Kater am nächsten Morgen. Der gilt beim Whisky als besonders heftig und hartnäckig. Auch hat das Gebräu ziemlich viele Kalorien. Diese und andere gesundheitliche Nebenwirkungen haben in den vergangenen Jahren auch auf dem Whisky-Markt ihre Spuren hinterlassen. Denn wie bei anderem Hochprozentigen auch, lassen viele Menschen das Glas heute lieber stehen und setzen in Gesellschaft oder auf Partys auf Alkoholfreies.
Kräftige Absatzeinbrüche bei Traditionsherstellern
Dieser Trend zu mehr Achtsamkeit erklärt die massiven Turbulenzen auf dem Whisky-Markt der vergangenen Jahre aber nur zum Teil. Vor allem der schottische Whisky musste zeitweise empfindliche Rückschläge hinnehmen, die traditionelle Branche kämpft mit Absatzrückgängen von bis zu 20 Prozent. Zahlreiche Destillerien wurden geschlossen. Auslöser waren vor allem eine massive Überproduktion und scharfe Konkurrenz aus Asien. Insbesondere in Indien traten neue Produzenten auf und fluten seitdem den Markt.
Gleichzeitig führten die hohen Preise bei anziehender Inflation zu einer Zurückhaltung bei den Konsumenten. „Man darf nicht vergessen, dass Whisky ein Luxusgut ist“, sagt der renommierte Spirituosenrxperte Jürgen Deibel von der Unternehmensberatung Deibel Consultants in Hannover. „Da spart man dann als erstes, wenn man den Geldbeutel enger schnallen muss.“ Tatsächlich kostet eine Flasche schottischer Whisky im Premiumsegment bis zu 150 Euro.
Insgesamt herrsche „Katerstimmung“, sagen Branchenbeobachter. Ein Ende sei noch nicht in Sicht. In ihrer Studie unter dem aussagekräftigen Namen „Nüchterne Reflexion“ (Sober Reflection) rechnet die Deutsche Bank auch in diesem Jahr mit weiteren Absatzrückgängen, vor allem in den USA und anderen westlichen Ländern. „Unsere Analyse macht uns zunehmend vorsichtig über die weitere Entwicklung des Alkohol- und Spirituosenmarktes“, und das gelte auch für Whisky, schreibt Analyst Mitch Collett, dessen Aussagen in der Finanzbranche Gewicht haben.
Börsen-Notierungen kräftig eingebrochen
Tatsächlich sind die Aktienkurse der großen börsennotierten Spirituosen-Hersteller in den vergangenen Jahren kräftig unter die Räder gekommen. In fast allen Fällen haben sie sich seit der Corona-Pandemie mehr als halbiert und stabilisieren sich nur sehr langsam. Dazu gehören etwa die Notierungen des weltweiten Marktführers für Premium-Spirituosen Diageo aus Großbritannien mit Marken wie Johnnie Walker oder J&B, der französische Konzern Pernod-Ricard oder die amerikanische Brown-Forman-Corporation, die mit der Marke Jack Daniel’s das US-Geschäft dominiert.
Langfristig allerdings sehen die Prognosen weniger düster aus und der Whisky-Markt könnte wieder anziehen. Das geht aus der Analyse des führenden indisch-amerikanischen Marktforschungsinstituts Grand View Research hervor. Danach hat der weltweite Whisky-Markt derzeit ein Volumen von rund 84 Milliarden Dollar und soll bis zum Jahr 2030 auf 114 Milliarden steigen. Andere Institute sind da etwas vorsichtiger, der Trend ist allerdings gleich.
Gründe für den Optimismus gibt es mehrere: So lassen sich die Hersteller derzeit vieles einfallen, um breitere Käuferschichten zu erschließen. Sie spielen mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, trendigen Verpackungen und hoffen auf mehr Nachfrage in den Ländern, in denen das Gebräu en vogue ist.
Whisky in Deutschland angesagt
Dazu gehört auch Deutschland, wo Whisky, auch Scotch genannt, in Teilen der Party-Szene als hipp und trendy gilt, vor allem bei jüngeren Konsumenten. „Die greifen bevorzugt zu deutschen Marken, die auf einem sehr dynamischen Markt in rund 300 Destillerien entstehen“, sagt Branchenkenner Jürgen Deibel von der gleichnamigen Beratungsgesellschaft.
Die Volumina dort sind allerdings klein und nicht mit der Massenproduktion aus Schottland, den USA und seit einiger Zeit eben auch aus Indien zu vergleichen. Als größte Wachstumsmärkte gelten in der Branche ohnehin Asien und Südamerika.
Für die Connaisseure, die sich an diesem Wochenende im altehrwürdigen Kurhaus in Wiesbaden getroffen haben, ist das allerdings unerheblich. Seit der Veranstalter der „InterWhisky“, ein Schweizer Verlagshaus, zum 25-jährigen Jubiläum der Messe von Frankfurt nach Wiesbaden umzog, sind die Fans begeistert.
Die neue Location in der hessischen Landeshauptstadt, die gewählt wurde, weil der bislang gewählte Saal im Frankfurter Palmengarten aus allen Nähten platzte, gilt als Knaller in der Branche. Er dürfte auch in diesem Jahr für steigende Besucherzahlen sorgen.
Die Messe „InterWhisky 2025“ findet im Kurhaus Wiesbaden statt.
Whisky-Flaschen als Geldanlage beliebt
Viele von ihnen mögen Whisky allerdings nicht nur als Genussmittel. Denn die Flaschen oder gar Fässer der edlen Tropfen werden immer mehr auch zur Geldanlage – mit zum Teil zweistelligen Renditen. Für das britische Auktionshaus Sotheby’s sind Whisky-Auktionen deshalb mittlerweile gang und gäbe. Bei ihnen lassen wohlhabende Käufer gerne einiges springen.
So auch bei einer spektakulären Versteigerung in Londons ehrwürdiger New Bond Street vor zwei Jahren: Damals erzielte eine Flasche Malt Whisky aus dem Jahr 1926 mit speziellem Label der schottischen Destillerie The Macallan, von der es nur 12 Exemplare geben soll, den Rekordpreis von umgerechnet 2,5 Millionen Euro. Die Wertsteigerung ist garantiert: Eine andere Flasche zerbrach bei einem Erdbeben in Japan, eine weitere wurde konsumiert. Ein Zuschauer der Auktion schmunzelte deshalb hinterher ironisch: „Zum Glück wird das Zeug nicht schlecht.“










