Stand: 26.10.2025 10:51 Uhr
Noch immer ist die Bankenaufsicht in Europa mit den Geldhäusern nicht zufrieden. 85 Prozent bekamen 2024 die Note 3, heißt es. Probleme sind etwa die Gehaltsstruktur und das Risikomanagement in den Banken.
Europas oberste Bankenaufseherin ist mit dem Zustand der Banken nicht zufrieden. In den Instituten und den Aufsichtsbehörden habe sich seit der Finanzkrise von 2008 und 2009 zwar viel getan. Es sei aber nicht genug, sagte Claudia Buch vom Bankenaufsichtsamt der Europäischen Zentralbank (EZB) bei einer Vorlesung an der Frankfurt School of Finance and Management.
Von der Fliegerei lernen
Nach wie vor befasst sich die Aufsicht mit den Gehältern von Investmentbankern. „Eine hohe erfolgsabhängige Bezahlung kann Entscheider anregen, sich auf risikoreiche Strategien zu verlegen, um schnell Gewinne zu machen“, sagte Buch. „Es kommt auf die Gehaltsstruktur an!“ Aufsichtsbehörden seien nicht generell gegen erfolgsabhängige Bezahlung von Bankern. Es gehe darum, wie Erfolg gemessen werde.
Die Bankenaufseherin zog eine Parallele zur Flugbranche. Zwar seien Bankgeschäfte viel komplexer und schwieriger zu messen. Aber Buch ließ anklingen, dass es auf die Haltung ankomme. „In der Flugbranche wurde das Risikomanagement deutlich verbessert: Durch technische Verbesserungen und weil das Personal verpflichtet wurde, alles zu stoppen, wenn Gefahren wahrgenommen werden.“
Was passiert in Banken wirklich?
Durch die Finanzkrise hätten Aufsichtsbehörden gelernt, sagte die Volkswirtin: „Was geschieht wirklich in den Banken? Wie kommen Entscheidungen zustande? Und wie können erfolgsabhängige Bezahlungen von Entscheidern auf Kosten Außenstehender gehen?“
Es komme auch sehr auf die Typen an, die in Banken das Sagen hätten. Und es komme auf die Gremien an, in denen Entscheidungen gefällt werden. „Rein formelle Regeln verändern Verhalten nicht“, sagte Buch, deren Behörde die 114 größten Banken Europas beaufsichtigt.
„Wie Risiken wahrgenommen, diskutiert und behandelt werden, hängt wesentlich an Werten und Normen in einer Organisation.“ Das sei schwer zu erfassen und zu messen, so Buch. Daher würden Aufsichtsbehörden viele intensive Gespräche in Banken führen und nicht nur Daten und Dokumente prüfen.
Studierende würden sich schämen
Doch schon das Prüfen von Daten ist schwierig. Viele Banken könnten nicht die nötigen Unterlagen liefern. „Im Jahr 2024 haben wir 85 Prozent der Banken mit der Note 3 bewertet“, sagte Buch. Das sei weitgehend unbefriedigend. Zum Vergleich wandte sie sich an die Studentinnen und Studenten im Publikum. „Sie erwarten wohl mehr“, sagte die frühere Professorin zum kommenden Studienerfolg.
Große Verantwortung
Bankenkrisen und Bankenpleiten wirkten anders als Krisen und Pleiten in anderen Branchen: „Bankenkrisen wirken lange aufs Wachstum, auf den Arbeitsmarkt und auf die Staatsfinanzen“, erklärt Buch. Sie würden das Vertrauen von Menschen ins Wirtschaftssystem nachhaltig verletzen.
„Viele von Ihnen bereiten sich auf Karrieren im Bankgeschäft oder andern Gebieten des Finanzwesens vor“, sagte die Aufseherin zu den Studentinnen und Studenten im Publikum. „Ihre Entscheidungen dort können viel Gutes bewirken. Aber sie können auch die Sicherheit von Institutionen und sogar die Stabilität des Finanzwesens beeinflussen.“
In der Zuhörerschaft saßen nicht nur junge Leute. Auch Jens Weidmann war gekommen. Während seiner Zeit als Präsident der Bundesbank war die heutige Bankenaufseherin Buch seine Vertreterin. Jetzt arbeitet Weidmann als Aufsichtsratschef der Commerzbank, die von Claudia Buchs Behörde beaufsichtigt wird.










