Äußerung zu Belém Wie Merz mit einem Wort die Brasilianer verärgert
Stand: 19.11.2025 04:32 Uhr
Alle seien „froh“ über die Abreise aus Belém, sagte der Kanzler nach seinem kurzen Aufenthalt am Austragungsort der Klimakonferenz in Brasilien. Präsident Lula nahm die Äußerung mit Humor, dennoch sind die Brasilianer brüskiert.
Knapp 20 Stunden war er in Belém, gesehen hat er von der Amazonasregion eigentlich nichts, auch sein Auftritt auf dem Klimagipfel blieb eher blass – stattdessen schaffte es Bundeskanzler Friedrich Merz im Nachhinein noch, die Gastgeber zu brüskieren. „Ich habe einige der Journalisten, die mit mir in Brasilien waren, letzte Woche gefragt: Wer von euch würde denn gern hierbleiben? Da hat keiner die Hand gehoben“, erklärte der Bundeskanzler kurz nach Rückkehr aus Brasilien auf dem Handelskongress in Berlin. Und legte nach: „Die waren alle froh, dass wir vor allen Dingen von diesem Ort, an dem wir da waren, (…) wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind.“
Es brauchte nicht lange, da war der Kommentar in Brasilien durchgesickert. Die Reaktion aus Belém kam prompt. Dass die Stadt, was Hotels und Infrastruktur angeht, nicht der ideale Austragungsort für ein Megaevent war, ist bekannt. Gleichzeitig führt Belém den Gästen symbolträchtig die Herausforderungen im größten Regenwald der Welt vor Augen, genauso wie die Gastfreundschaft und Kultur der Menschen am Amazonas.
Lula rät Merz, tanzen zu gehen
„Der Kommentar des Kanzlers war unsensibel. Wenn wir jemanden in unserem Haus empfangen, öffnen wir nicht nur unsere Herzen, sondern auch unseren heiligen Raum“, sagt Ady Kayany vom indigenen Volk der Xukuru. Brasiliens Präsident Lula da Silva riet Merz, Belém und den Bundesstaat Pará erst einmal besser kennenzulernen:
Er hätte in Pará in eine Bar gehen sollen. Er hätte in Pará tanzen sollen. Er hätte die Küche von Pará probieren sollen, dann wäre ihm klar geworden: Berlin hat nicht mal 10 Prozent der Lebensqualität, die Belém und der Bundesstaat Pará zu bieten haben. Ich hab doch allen gesagt, esst ein bisschen Manicoba!
Damit meinte Lula ein typisches Gericht aus Belém. Weniger humorvoll reagiert der Bürgermeister von Belém, Igor Normando: Merz‘ Kommentar sei arrogant und voreingenommen. Die Mehrheit der Besucher aus aller Welt hätten sich fasziniert von der Stadt gezeigt, aber jeder gebe eben, was er habe.
Brasilianer wünschen sich mehr Respekt
Merz‘ Worte offenbarten vor allem etwas über ihn selbst und eine nach wie vor koloniale Denkweise, findet die Braslianerin Hosana Puruburá. „Ich will, dass er unser Brasilien etwas mehr respektiert. Wir haben nicht, wie die Europäer, andere Kulturen überfallen und haben dann behauptet, wir hätten sie entdeckt.“
Den deutschen Verhandlern auf dem Klimagipfel helfe so ein Kommentar ganz und gar nicht, glaubt David Ryfisch von Germanwatch. Dass Merz während seines Besuches zwar Unterstützung für Brasiliens zentrales Projekt, einen Waldschutzfonds, zusagte, aber keine konkreten Summen nannte, kam auch schon nicht gut an. „Ich glaube, er versteht nicht, was so ein diplomatischer Affront bedeutet, wie das hier aufgenommen wird – gerade, wo wir auch in die heiße Phase der Verhandlungen gehen.“
Umweltminister betreibt Schadensbegrenzung
Bundesumweltminister Carsten Schneider von der SPD bemüht sich seitdem um Schadensbegrenzung, schließlich arbeiten Deutschland und Brasilien beim Klimaschutz seit langem gut zusammen. Schneider hat in Belém gemeinsame Projekte besucht, postete auf Instagram Fotos mit dem Bürgemeister und mit lokalen Fischern. „Schade, dass ich nach der COP30 nicht länger bleiben kann“, schwärmte der Minister. „Ich hätte einige Pläne: zum Beispiel Fischen mit meinen Freunden vom Amazonas.“
In seiner Rede vor dem Konferenzplenum lobte Schneider den COP-Gastgeber ausdrücklich. Brasilien sei ein wunderbares Land mit großartigen Menschen.









