Wassermangel im Iran Die schwerste Dürre seit 50 Jahren
Stand: 18.11.2025 07:02 Uhr
Der Iran befindet sich in seiner schwersten Dürre seit 50 Jahren, Flüsse und Stauseen trocknen aus. Während Kritiker der Regierung Missmanagement vorwerfen, bringt der Wassermangel die Menschen zusehends in Bedrängnis.
Der 65-jährige Landwirt Ali Daghenei blickt über ein brachliegendes Feld. Der kleine Ort Pakdasth, 25 Kilometer südöstlich von Teheran, war einmal bekannt für Gemüse und Kräuter. Petersilie und Koriander wurden hier im großen Stil angebaut. Heute liegt die Erde staubtrocken in der Sonne.
„Damals war hier alles Flussgebiet: Dort, wo jetzt der Wasserkanal ist, flossen mehrere kleine Bäche, jeder mit einem eigenen Namen“, erzählt Daghenei. „So haben wir hier mit der Landwirtschaft angefangen – alles mit Flusswasser. Wir haben damit Gemüse angebaut.“
Fluss ausgetrocknet und kaum Regen
Der Fluss ist längst ausgetrocknet, auch der Kanal führt kein Wasser mehr. Tiefbrunnen wurden gebohrt. Ali Daghenei ist umgestiegen und baut nun im Gewächshaus Rosen an, mit Tröpfchenbewässerung.
„Das Wasser, das wir heute zur Verfügung haben, ist nur noch ein Drittel von dem, was wir früher hatten. Wenn es noch weniger wird, ist das wirklich besorgniserregend. Ohne Wasser geht das ganze Gewächshaus zugrunde“, sagt Daghenei. Mittlerweile fangen sie hier auch den Regen auf.
„Dann müsste Teheran evakuiert werden“
Doch es hat seit Monaten nicht mehr geregnet, es gibt 85 Prozent weniger Niederschlag als im Durchschnitt, sagt der staatliche Wetterdienst. Der Iran erlebt die schwerste Dürre seit 50 Jahren. Allein 19 Stauseen gelten bereits als praktisch ausgetrocknet. Klimamodelle sagen voraus, dass es im Iran im Herbst und Winter künftig nur wenig regnen wird.
Auch der iranische Präsident Massud Peseschkian zeigt sich alarmiert: „Wir haben kaum mehr Wasser. Wenn es nicht bald regnet, müssen wir rationieren. Wenn der Regen weiter ausbleibt, haben wir bald gar kein Wasser mehr. Dann müsste Teheran evakuiert werden.“
Millionen Menschen zu evakuieren, das gilt als unrealistisch. Doch die Menschen spüren die Knappheit im Alltag längst. Der Wasserdruck in den Leitungen hat abgenommen. Nachts wird das Wasser komplett abgestellt.
Rationierungen in der Hauptstadt
Auch Rationierungen haben begonnen, wie in der Wäscherei von Ali Surani in Teheran. „Heute sind sie gekommen und sagten, unser Verbrauch sei zu hoch. Sie haben das Wasser für 24 Stunden abgestellt. Wir müssen jetzt zur Behörde und unterschreiben, dass wir sparsamer sein werden“, erzählt Surani.
Wie viel er einsparen soll, das habe man ihm nicht gesagt. Weil er von Wasser abhängig ist, hat er Angst, den Betrieb bald einstellen zu müssen. Für eine Lösung des Problems sei es jetzt wohl zu spät, meint er. „Die Fachleute hätten rechtzeitig einen Weg finden müssen, damit es nicht so weit kommt.“ Jetzt bleibe einem nur noch, zu beten und auf Regen zu warten.
Kritik an der Infrastruktur
Tatsächlich werfen Kritiker der Regierung vor, das Problem zu lange ignoriert zu haben. Statt in moderne Wassersysteme zu investieren, herrsche Korruption, so die Kritik.
Auch der Umweltexperte Touraj Fathi übt im ARD-Interview Kritik: „Von je 100 Litern Wasser für die Stadt Teheran gehen zwischen 20 und 35 Liter verloren, sobald sie ins Trinkwassernetz eingespeist werden. Wenn wir also das marode Netz instand setzen, und den Verlust auf unter fünf Liter begrenzen, wäre das Problem vorerst gelöst.“
Doch über entsprechende Pläne ist nichts bekannt. Staatsmedien berichten hingegen von ersten Versuchen von Cloud Seeding – einer Technologie, bei der Chemikalien in Wolken gesprüht werden, um sie zum Abregnen zu bringen. Ihre Effektivität ist wissenschaftlich umstritten.
Berufswechsel – oder Wegzug
Landwirt und Rosenzüchter Ali Daghenei sagt, einige seiner Kollegen hätten wegen der Trockenheit mittlerweile ganz aufgehört. Und auch er fragt sich, wie lange er noch arbeiten kann.
Für ihn wiederholt sich die Geschichte: „Mein Vater ist damals mit uns aus dem Dorf bei Isfahan weggegangen, wegen Wassermangels und Dürre. Wenn es hier jetzt schlimmer wird, dann müssen wir wohl den Beruf wechseln – oder wieder weiterziehen.“









