Ernährungsmedizin Erstmals Medikament gegen Fettleber zugelassen
Stand: 20.11.2025 03:44 Uhr
Etwa jeder vierte Mensch in Deutschland leidet an einer Fettleber, oft verursacht durch den Lebensstil. Jetzt hat die EU-Arzneimittel-Agentur erstmals ein Medikament für die Fettleber im fortgeschrittenen Stadium zugelassen.
Es ist – im wahrsten Sinne des Wortes – ein zunehmendes Problem: Bei immer mehr Menschen in den Industrienationen verfettet die Leber. Laut der Deutschen Leberstiftung ist die nicht durch Alkohol bedingte Fettleber inzwischen die häufigste Lebererkrankung in Deutschland. Meist durch ein Ungleichgewicht zwischen Kalorienaufnahme und -verbrauch kommt es dabei zur übermäßigen Einlagerung von Fett in der Leber. Der Energieüberschuss soll hier gesichert werden für schlechtere Zeiten.
Doch die Einlagerung hat Folgen: Es kann dadurch zur Entzündung und einem bindegewebigen Umbau (Fibrose) der Leber kommen. Für diese sogenannte metabolische Dysfunktion-assoziierte Steatohepatitis (MASH) mit Leberfibrose ist nun erstmals ein spezifisches Medikament zugelassen worden.
Im August hatte die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) den Wirkstoff Resmetirom für den europäischen Markt zugelassen. Nun ist er auch in Deutschland erhältlich.
Wirkmechanismus: Gesteigerter Fettstoffwechsel in der Leber
Resmetirom bindet an den Schilddrüsenrezeptor THR-ß in der Leber und simuliert damit quasi eine Schilddrüsenüberfunktion. Der Fettstoffwechsel wird angekurbelt, Triglyceride werden abgebaut, die Entzündung und auch die Fibrose, der bindegewebige Umbau, gehen zurück.
„Für die Betroffenen ist das Medikament ein Segen, weil wir erst mal eine spezifische Therapie haben, die in der Leber ansetzt und diesen Kreislauf aus Schädigung, Entzündung und Fibrose durchbrechen kann oder zumindest abmildern kann“, erklärt Frank Tacke, Klinikdirektor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie der Charité Berlin dem NDR-Gesundheitsmagazin „Visite“.
Studie belegt Rückgang von MASH und Fibrose
Tacke hat auch an der multinationalen Phase-III-Studie MAESTRO-NASH mitgearbeitet, die für die Zulassung relevant war. 966 Erwachsene mit einer metabolischen Dysfunktion-assoziierten Steatohepatitis und Leberfibrose in unterschiedlichem Stadium wurden dafür untersucht: Über 52 Wochen bekamen sie entweder 80 Milligramm Resmetirom, 100 Milligramm Resmetirom oder ein Placebo.
Dabei zeigte sich: Nach zwölf Monaten hatten rund 30 Prozent der Patienten mit 100 Milligramm und rund 26 Prozent der Patienten mit 80 Milligramm des Medikaments eine Auflösung ihrer MASH. Bei der Placebogruppe waren es nur rund zehn Prozent. Zudem verbesserte sich auch die Fibrose um mindestens ein Stadium bei rund 26 beziehungsweise 24 Prozent der Patienten mit dem neuen Medikament.
„Das ist eben das ganz Besondere bei diesem Medikament, dass man auch schon eingetretene Schädigungen, die noch nicht zu stark sind, also Zwischenstufen der Fibrose, dass die sich sogar zurückbilden können“, sagt Rainer Günther, Oberarzt und Leiter der Hepatologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel.
Ein Ergebnis, das auch die EMA mit dazu bewog, das Medikament als Therapie in Kombination mit Ernährung und Bewegung bei MASH mit mäßiger bis fortgeschrittener Leberfibrose (Stadium F2 bis F3) in Europa zuzulassen. Die Zulassung erfolgte jedoch nur bedingt, das heißt unter besonderen Bedingungen: Die EMA erwartet weitere Nachweise für den Nutzen des Arzneimittels und wird neue Informationen dazu mindestens jährlich bewerten. Denn noch fehlt es an den wirklich entscheidenden klinischen Endpunkten der Studien zum neuen Medikament – und es bleibt fraglich, ob es zum Beispiel die Sterblichkeit und die Anzahl an nötigen Lebertransplantationen reduziert. Dazu läuft bereits die Studie MAESTRO-NASH OUTCOMES.
Nebenwirkungen: Durchfall, Übelkeit und Juckreiz
Neben den positiven Effekten auf die Leber konnte bisher auch gezeigt werden, dass das Medikament zusätzlich die Blutfette, wie zum Beispiel LDL-Cholesterin reduziert. Doch Resmetirom hat auch Nebenwirkungen: Sehr häufig sind Übelkeit und Durchfall, und häufig kommt es auch zu Juckreiz.
In der aktuellen Leitlinie zur nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) von 2022 ist das Medikament noch nicht als Therapieoption aufgeführt. Es gibt jedoch bereits eine Konsultationsfassung für ein Amendment der Leitlinie. Im Gemeinsamen Bundesausschuss läuft unterdessen ein Nutzungsbewertungsverfahren zu dem Medikament.
Wichtige Basistherapie: Gewichtsreduktion und Bewegung
Bisher gab es in Europa kein spezifisches Medikament für MASH. Grundsäulen der Therapie waren und sind vor allem Lebensstiländerungen in Form von Gewichtsreduktion, körperlicher Bewegung, sowie Reduktion des Alkoholkonsums und die gegebenenfalls medikamentöse Therapie der begleitenden Erkrankungen wie Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Adipositas.
Übergewichtigen beziehungsweise adipösen Patientinnen und Patienten empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten bei einer MASH, ihr Gewicht um mindestens fünf Prozent zu reduzieren.
Liegt bereits eine Fibrose vor, wird empfohlen das Gewicht um zehn Prozent zu reduzieren. Dazu sollten Betroffene drei Stunden wöchentlich aerobes Training machen, so die Leitlinie. Diese Maßnahmen führen in vielen Fällen schon zu einer deutlichen Verbesserung der Erkrankung und sollen auch bei einer möglichen medikamentösen Therapie weiter fortgeführt werden.









