Stand: 18.12.2025 17:08 Uhr
Frontex muss die Grundrechte von Asylbewerbern schützen und kann bei rechtswidrigen Abschiebungen in die Pflicht genommen werden – das hat der EuGH entschieden. Das heißt, auch Frontex haftet bei illegalen Pushbacks.
Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, Frontex, arbeitet mittlerweile eng mit den EU-Staaten zusammen, die an den Außengrenzen liegen. Dabei wird Frontex immer wieder vorgeworfen, an Menschenrechtsverletzungen beteiligt zu sein – vor allem an sogenannten Pushbacks oder Driftbacks. Bei diesen werden Migranten einfach zurückgewiesen oder auf dem Meer ausgesetzt, obwohl sie einen Asylantrag stellen. Das ist illegal, weil die Asylanträge in einem ordentlichen Verfahren für jeden Einzelfall geprüft werden müssen.
Die Nichtregierungsorganisation Mare Liberum hat allein für das Jahr 2020 festgestellt, dass es an den EU-Grenzen über 10.000 Pushbacks gegeben hat. Offizielle Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR bestätigen, dass jedes Jahr hunderte Flüchtlingsboote abgefangen werden und zur Umkehr gezwungen werden.
Schadensersatzklagen gegen Frontex
Verantwortlich für die Pushbacks sind die EU-Staaten an den Außengrenzen. Griechenland zum Beispiel wurde bereits wegen illegaler Pushbacks vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof verurteilt. Allerdings gibt es Berichte, dass auch Frontex an Pushbacks beteiligt ist.
Gegen Frontex hatten ein syrischer Geflüchteter und eine Familie syrischer Kurden geklagt. Sie wollten von Frontex Schadensersatz für Menschenrechtsverletzungen bei illegalen Zurückweisungen. In erster Instanz waren die Kläger vor dem Europäischen Gericht gescheitert. Denn bisher war Frontex von der Haftung bei Pushbacks weitgehend freigestellt. Doch in zweiter Instanz hat der Europäische Gerichtshof den Klägerinnen und Klägern nun Recht gegeben.
Nicht nur der EU-Staat haftet, sondern auch Frontex
In einem Grundsatzurteil hat der EuGH die Rechte von Geflüchteten gegenüber Frontex deutlich gestärkt. Der Gerichtshof betont: Bei gemeinsamen Rückführungsaktionen, bei denen Frontex EU-Staaten unterstützt, haftet nicht nur der EU-Staat, sondern auch Frontex. Frontex könne sich nicht darauf berufen, dass die Agentur nur technische und operative Unterstützung leiste.
Darüber hinaus macht es der EuGH Geflüchteten in Zukunft auch leichter, einen illegalen Pushback zu beweisen. Der Beweis für einen solchen Pushback ist für Geflüchtete nämlich in der Praxis oft kaum möglich. Griechische Grenzbeamte nehmen ihnen regelmäßig ihre Handys oder Smartphones ab. Eine Beweismöglichkeit mit Fotos oder Geodaten fällt damit weg.
Nicht alle Details müssen bewiesen werden
Der EuGH betonte nun, dass Geflüchtete bei einem Pushback besonders schutzbedürftig sind. Wenn es für sie unmöglich ist, Beweise zur erbringen, wäre Frontex gewissermaßen immun. Was nicht sein könnte, denn auch gegenüber dem Handeln von Frontex müsse es wirksamen Rechtsschutz geben. Deshalb reiche für den Beweis, dass ein Pushback stattgefunden hat, ein sogenannter Anscheinsbeweis, bei dem nicht alle Details bewiesen werden müssen. Es muss nur widerspruchsfrei und glaubhaft vorgebracht werden, dass es einen Pushback gab.
Im konkreten Fall muss es nun ein neues Verfahren vor dem europäischen Gericht in erster Instanz geben. Dort muss Frontex alle relevanten Informationen herausgeben, die einen illegalen Pushback beweisen können.









