Sonntag, September 14, 2025
  • About
  • Advertise
  • Careers
Suedpole. Nachrichten
  • Start
  • Sport
  • Politik
  • Urlaub & Reisen
  • Gesundheit
  • Technik
  • Finanzen
  • Login
  • Register
No Result
View All Result
Suedpole. Nachrichten
Home Nachrichten

Finnlands Ex-Geheimdienstchef: „Medwedew will, dass nützliche Idioten sein Narrativ nacherzählen“

Suedpole. by Suedpole.
14. September 2025
in Nachrichten
0
finnlands-ex-geheimdienstchef:-„medwedew-will,-dass-nuetzliche-idioten-sein-narrativ-nacherzaehlen“

Finnlands Ex-Geheimdienstchef: „Medwedew will, dass nützliche Idioten sein Narrativ nacherzählen“

Die Drohungen von Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew schüchterten die Finnen nicht ein, sagt ihr Ex-Geheimdienstchef Pekka Toveri. Schließlich würden viele die hybride Kriegsführung Moskaus aus Zeiten der Sowjetunion kennen. Die große Gefahr für Europa seien Leute, die kaum über Russland Bescheid wissen.

ntv.de: Wie ernst nehmen Sie die Drohungen von Medwedew, der behauptet, Finnland bereite einen Angriff auf Russland vor?

Pekka Toveri: Nicht allzu ernst. Das ist nur ein Teil der alten Erzählung der russischen Regierung, die sie ihrem Volk seit Jahren einflößt. Sogar Anfang der 2000er, als die Beziehungen Finnlands zu Russland besser waren, erzählte der Kreml den Menschen immer wieder Geschichten, etwa dass die Behörden in Finnland angeblich russischen Eltern ihre Kinder wegnehmen würden. Diese Narrative dienen einem Zweck: Obwohl Finnland unter den Russen über lange Zeit als freundliches, sauberes und funktionierendes Land galt, das leicht zu besuchen ist, bereitete Russland sein Volk auf das Schlimmste vor.

Wie hat sich das Narrativ nach Russlands Invasion in die Ukraine entwickelt?

Als dann der Angriffskrieg begann und wir Finnen beschlossen, der Nato beizutreten, bekam diese Erzählung eine neue Wendung: „Die Finnen sind Faschisten, man kann ihnen nicht trauen.“ Die Leute im Kreml, die diese Botschaften jetzt senden, sitzen immer höher in der Hierarchie. Es geht darum, uns Finnen einzuschüchtern. Doch das klappt nicht. Wir haben keine Angst vor den Russen. Wir sind diese Art von Reden und leeren Drohungen aufgrund unserer Geschichte gewohnt. Aber die Desinformation richtet sich generell an Leute im Westen, die über Russland nicht so genau Bescheid wissen. Medwedew will, dass sogenannte nützliche Idioten sein Narrativ nacherzählen: Finnland sei früher sicher gewesen, jetzt aber unsicher – was völliger Unsinn ist.

Pekka Toveri hat zwei Jahre lang den Nachrichtendienst beim Verteidigungskommando Finnland geleitet. Inzwischen sitzt er für die finnische Mitte-rechts Partei Nationale Sammlungspartei im Europaparlament. Er ist Vorsitzender der Delegation im Parlamentarischen Assoziationsausschuss EU-Ukraine.

Pekka Toveri hat zwei Jahre lang den Nachrichtendienst beim Verteidigungskommando Finnland geleitet. Inzwischen sitzt er für die finnische Mitte-rechts Partei Nationale Sammlungspartei im Europaparlament. Er ist Vorsitzender der Delegation im Parlamentarischen Assoziationsausschuss EU-Ukraine.

(Foto: Martin Lahosse / EPP Group)

Das alles ist also Teil russischer Desinformationskampagnen. Was haben Sie in Ihrer Zeit beim finnischen Nachrichtendienst über Russlands hybride Kriegsführung gelernt?

Russland, und davor die Sowjetunion, haben eine lange Geschichte solcher Kampagnen. Vor dem Winterkrieg 1939, also noch bevor die Sowjetunion Finnland angegriffen hat, gab es auch schon Kampagnen gegen die eigene Bevölkerung und andere Staaten. Da hieß es, Finnland sei schon verloren, es lohne sich nicht, die Finnen zu unterstützen, sie verdienten es nicht. Man hatte schon damals nützliche Idioten in Finnland, man hat eine Marionettenregierung aufgebaut, man hat versucht, die Armee zu sabotieren – alles, was wir heute unter hybrider Kriegsführung verstehen, gab es schon damals.

Also hat sich nichts verändert?

Heute haben die Russen nur bessere Werkzeuge für die Desinformation und die Cyberkriminalität. Konventionelle militärische Bedrohungen sind einfacher: Panzer, Raketen – da weiß man, wie man reagiert. Viele europäische Armeen sind im Moment noch zu klein, aber das kann man relativ leicht ausbauen. Informationskriege sind viel schwieriger, weil man kein klares Ziel ins Visier nehmen kann. Unsere größte Stärke ist unsere Einheit – als Nationen und in Allianzen wie der Nato und der EU. Diese Einheit versuchen die Russen zu brechen, durch Desinformation und Polarisierung. Sie sind gut darin, die Verteidigung dagegen ist schwierig.

Screenshot 2025-09-09 112354.png

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen saß vor einigen Tagen in einem Flugzeug, dessen GPS-System gestört wurde. Der Vorfall wird nicht weiter untersucht, es könnte sich aber um einen Sabotage-Akt Russlands handeln. Gibt es Belege, dass Russland in Europa vermehrt die Navigationssysteme von Flugzeugen stört?

Da gibt es viele Belege. In Ostfinnland, nahe der russischen Grenze, konnten Rettungsfahrzeuge manchmal ihre Ziele nicht finden, weil sie sich nicht auf GPS verlassen konnten. An finnischen Flughäfen in Grenznähe zu Russland konnten Flugzeuge nicht allein mit GPS landen, sie mussten auf Backup-Systeme zurückgreifen. Dasselbe haben wir um Kaliningrad gesehen und in den baltischen Staaten. GPS-Spoofing und -Jamming gibt es schon seit Langem.

Wie gefährlich ist das?

Ein Teil davon ist rein defensiv, um militärische Einrichtungen gegen ukrainische Drohnenangriffe zu schützen. Aber die Russen nehmen keine Rücksicht darauf, ob sie Nachbarn treffen. Manche Störungen sind ganz klar aggressiv: Russland stört den Schiffs- und Landverkehr anderer Staaten. Auch der zivile Luftverkehr ist betroffen. Flugzeuge und Schiffe haben zwar Backup-Systeme – aber die Gefahr von Unfällen ist da, besonders wenn Menschen nicht an solche Störungen gewöhnt sind. In Finnland ist die Navigation in manchen Gegenden sowieso schwierig, und wenn dann noch GPS gestört ist, steigt die Gefahr.

Krause.jpg

Wie kann sich Europa gegen hybride Angriffe wehren?

Das Hauptziel sind die politischen Führungspersonen im Westen. Aber benutzt wird die Bevölkerung – weil wir Demokratien sind. Wenn man die öffentliche Meinung beeinflusst, beeinflusst man die Politik. Das heißt: Jeder Europäer ist ein Ziel und ein Werkzeug. Deshalb muss man die Zivilbevölkerung stärken und weiterbilden, damit sie den Umgang mit Desinformation lernt. Unser früherer finnischer Präsident Sauli Niinistö hat mal gesagt: „Die wichtigste Verteidigungslinie gegen hybride Angriffe liegt zwischen den Ohren jedes Bürgers.“

Die Verantwortung liegt also beim Einzelnen?

Ja. Jeder einzelne muss erkennen, was passiert. Man muss Informationen prüfen, bevor man sie glaubt oder weitergibt. In Finnland gibt es Programme, in denen Kinder Medienkompetenz lernen: skeptisch sein, Fakten prüfen. Bildung ist wichtig. Je besser man versteht, was in der Welt passiert, desto leichter erkennt man, ob eine Nachricht echt ist oder nicht. Natürlich müssen auch die Plattformen wie Google, Amazon und andere Verantwortung übernehmen – sie verdienen Milliarden, werden aber als Werkzeuge gegen unsere Demokratie missbraucht. Wir müssen auch Desinformationskampagnen stören und richtige Informationen verbreiten. Dass die USA sich aus diesem Bereich teilweise zurückziehen, ist kein gutes Zeichen.

536448836.jpg

US-Präsident Donald Trump verbreitet selbst gern Desinformation. Wie brenzlig ist das – mit Blick darauf, dass die Europäer von den USA militärisch abhängig sind?

Da wir von den US-Geheimdiensten abhängig sind, wenn man sich die militärische Bedrohung und die Cyber-Bedrohungen ansieht, sollten wir unsere eigenen Fähigkeiten verbessern, um mit beidem umzugehen. Und die Europäer sollten sich selbst gegen Desinformation wehren können. Wir Finnen sind in manchem Experten, besonders in Bezug auf Russland. Seit 100 Jahren schauen wir fast ausschließlich nach Osten. Deshalb wissen wir mehr als viele andere. Wir haben auch eine enge Kooperation mit Partnerdiensten im Ausland.

Also können andere europäische Länder viel von den Finnen lernen?

Wir haben in Finnland viel getan, aber wir sind kein Beispiel, das sich auf andere Länder übertragen lässt. Wir sind ein kleines, homogenes und relativ reiches Land. Es gibt wenig Migranten. Viele Menschen wollen nicht nach Finnland ziehen, sei wegen des Essens, des Klimas, der Sprache oder der Finnen selbst. Wir haben ein hohes Bildungsniveau und eine gemeinsame Geschichte, die wir ehren. Im Zweiten Weltkrieg starben 95.000 finnische Soldaten für unsere Freiheit bei einer damaligen Bevölkerung von 3,6 Millionen Menschen. Jeder einzelne Friedhof in Finnland hat einen Soldatenfriedhof, und wir gedenken der Gefallenen. Jeder weiß also, dass die Bedrohungen immer aus dem Osten kam.

545153090 (1).jpg

Und deshalb sind die Finnen vorsichtiger, was Russland angeht?

Unsere historischen Wurzeln lehren uns, skeptisch gegenüber allem zu sein, was aus Russland kommt. Aber andere europäische Länder haben eine andere Geschichte – sie kennen die Russen teilweise schlechter. Sie sind weniger homogen und damit leichter angreifbar. Das Wichtigste ist: Die politische Führung muss zuhören. In Finnland gibt es großes Vertrauen zwischen Politik und Sicherheitsbehörden. Aber Trump hört seinen Geheimdiensten nicht zu. Im Gegenteil: Er feuert jeden, der etwas sagt, was er nicht mag. Das ist immer der sicherste Weg in die Katastrophe.

Werfen wir einen Blick auf die Ukraine, die militärisch auch von den USA abhängt. Trump sperrte Kiew zeitweise den Zugang zu US-Satellitenbildern, um ihre Zustimmung zu einer Waffenruhe mit Russland zu erzwingen. Hält er immer noch Informationen gegenüber der Ukraine zurück?

Der Austausch von Geheimdienstinformationen geht jetzt weiter und das ist wichtig, weil die Ukraine mit ihren Langstreckenfähigkeiten aufwartet. Die Ukrainer haben ihre Flamingo-Marschflugkörpern mit einer Reichweite von bis zu 3000 Kilometern entwickelt. Flamingo hat bei Treffern eine Genauigkeit von etwa 15 Metern. Aber jede Langstreckenrakete ist nutzlos, wenn man die Zielinformationen nicht hat. In der Aufklärung über das Ziel braucht man eine Genauigkeit von wenigen Metern.

Und das können nur die USA bieten?

Ja, weil sie über globale Fähigkeiten verfügen, um überall genau zu zielen. Manchmal reichen auch Open Source Informationen, die man von Satellitendiensten kaufen kann, zum Beispiel bei zivilen Zielen wie Raffinerien. Aber wenn man militärische Ziele treffen will, die versteckt sind und sich manchmal bewegen, braucht man oft die Hilfe der USA. Zwar haben die europäischen Länder ihre Unterstützung für die Ukraine in diesem Bereich verstärkt. Aber wir sind immer noch nicht in der Lage, die US-Fähigkeiten vollständig zu kompensieren.

Was kann der ukrainische Geheimdienst im Krieg ohne jede Hilfe erledigen?

Wir haben gesehen, dass die Ukrainer eigenständig Operationen innerhalb Russlands durchführen können – mithilfe ihres Personals dort. Da hilft ihnen die Geschichte. Viele Ukrainer sprechen Russisch und verstehen, wie die Russen vorgehen. Sie kennen die größte Schwachstelle des russischen Systems: Dass die Russen korrupt sind, dass man kaufen kann, was man will, wenn man genug Geld und die richtigen Kontakte hat. Dies hilft den Ukrainern, in Russland zu operieren und auch ihre taktischen Geheimdienstinformationen an der Front zu organisieren.

546192233.jpg

Welche Schritte gehen Europäer jetzt, um unabhängig von US-Geheimdiensten zu werden?

Die Verteidigung Europas wurde über 80 Jahre lang erfolgreich in der Nato organisiert. Wir sollten nicht versuchen, das Rad neu zu erfinden. Die EU kann der Nato aber helfen, die Verteidigungsforschung und -industrie aufzubauen, um alles bereit zu stellen, was die Nato-Armeen brauchen. Und wir brauchen einen europäischen Ersatz für die Vernetzung von Führungsinformationssystemen der USA, um große Verbände zu kommandieren und Geheimdienstinformationen besser austauschen zu können.

Worauf können wir aufbauen?

Die Industrie in der EU hat schon einiges entwickelt. Wir haben mit Galileo ein leistungsfähiges satellitenbasierte Navigationssystem, das die Unabhängigkeit Europas von anderen Systemen wie GPS sichert und eine zivile Alternative bietet. Wir haben innovative Unternehmen wie Iceye in Finnland, das Mikrosatelliten herstellt und betreibt. Wir müssen bedenken, dass die militärischen Fähigkeiten der USA global ausgerichtet sind. Das sollten wir so nicht kopieren, weil wir das nicht brauchen. Wir müssen europäische Fähigkeiten für die europäischen Bedürfnisse aufbauen. Das alles ist ziemlich schnell machbar, weil wir nur wissen müssen, was in Europa und den Nachbarstaaten geschieht.

546197408.jpg

Sie sind also optimistisch, dass die Europäer das jetzt schaffen werden?

Wissen Sie, als Ex-Militär muss man das Glas immer halb voll sehen. Wenn die Europäer wirklich daran arbeiten, könnten sie in ein paar Jahren Fähigkeiten zur eigenen Verteidigung und für die Unterstützung der Ukraine aufbauen. Es gibt auch komplizierte Aufgaben, zum Beispiel die Antwort auf die Frage, welcher europäische Geheimdienst bei der Zusammenarbeit die Führung übernehmen soll. Geheimdienste sind national geprägt und eifersüchtig in Bezug auf ihre Quellen.

Mit Pekka Toveri sprach Lea Verstl

Related posts

wahltermine:-heisser-herbst:-fast-30-buergermeisterwahlen-in-brandenburg

Wahltermine: Heißer Herbst: Fast 30 Bürgermeisterwahlen in Brandenburg

14. September 2025
russische-vermoegen:-berlin-denkt-ueber-freigabe-fuer-kiew-nach

Russische Vermögen: Berlin denkt über Freigabe für Kiew nach

14. September 2025

Die Drohungen von Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew schüchterten die Finnen nicht ein, sagt ihr Ex-Geheimdienstchef Pekka Toveri. Schließlich würden viele die hybride Kriegsführung Moskaus aus Zeiten der Sowjetunion kennen. Die große Gefahr für Europa seien Leute, die kaum über Russland Bescheid wissen.

ntv.de: Wie ernst nehmen Sie die Drohungen von Medwedew, der behauptet, Finnland bereite einen Angriff auf Russland vor?

Pekka Toveri: Nicht allzu ernst. Das ist nur ein Teil der alten Erzählung der russischen Regierung, die sie ihrem Volk seit Jahren einflößt. Sogar Anfang der 2000er, als die Beziehungen Finnlands zu Russland besser waren, erzählte der Kreml den Menschen immer wieder Geschichten, etwa dass die Behörden in Finnland angeblich russischen Eltern ihre Kinder wegnehmen würden. Diese Narrative dienen einem Zweck: Obwohl Finnland unter den Russen über lange Zeit als freundliches, sauberes und funktionierendes Land galt, das leicht zu besuchen ist, bereitete Russland sein Volk auf das Schlimmste vor.

Wie hat sich das Narrativ nach Russlands Invasion in die Ukraine entwickelt?

Als dann der Angriffskrieg begann und wir Finnen beschlossen, der Nato beizutreten, bekam diese Erzählung eine neue Wendung: „Die Finnen sind Faschisten, man kann ihnen nicht trauen.“ Die Leute im Kreml, die diese Botschaften jetzt senden, sitzen immer höher in der Hierarchie. Es geht darum, uns Finnen einzuschüchtern. Doch das klappt nicht. Wir haben keine Angst vor den Russen. Wir sind diese Art von Reden und leeren Drohungen aufgrund unserer Geschichte gewohnt. Aber die Desinformation richtet sich generell an Leute im Westen, die über Russland nicht so genau Bescheid wissen. Medwedew will, dass sogenannte nützliche Idioten sein Narrativ nacherzählen: Finnland sei früher sicher gewesen, jetzt aber unsicher – was völliger Unsinn ist.

Pekka Toveri hat zwei Jahre lang den Nachrichtendienst beim Verteidigungskommando Finnland geleitet. Inzwischen sitzt er für die finnische Mitte-rechts Partei Nationale Sammlungspartei im Europaparlament. Er ist Vorsitzender der Delegation im Parlamentarischen Assoziationsausschuss EU-Ukraine.

Pekka Toveri hat zwei Jahre lang den Nachrichtendienst beim Verteidigungskommando Finnland geleitet. Inzwischen sitzt er für die finnische Mitte-rechts Partei Nationale Sammlungspartei im Europaparlament. Er ist Vorsitzender der Delegation im Parlamentarischen Assoziationsausschuss EU-Ukraine.

(Foto: Martin Lahosse / EPP Group)

Das alles ist also Teil russischer Desinformationskampagnen. Was haben Sie in Ihrer Zeit beim finnischen Nachrichtendienst über Russlands hybride Kriegsführung gelernt?

Russland, und davor die Sowjetunion, haben eine lange Geschichte solcher Kampagnen. Vor dem Winterkrieg 1939, also noch bevor die Sowjetunion Finnland angegriffen hat, gab es auch schon Kampagnen gegen die eigene Bevölkerung und andere Staaten. Da hieß es, Finnland sei schon verloren, es lohne sich nicht, die Finnen zu unterstützen, sie verdienten es nicht. Man hatte schon damals nützliche Idioten in Finnland, man hat eine Marionettenregierung aufgebaut, man hat versucht, die Armee zu sabotieren – alles, was wir heute unter hybrider Kriegsführung verstehen, gab es schon damals.

Also hat sich nichts verändert?

Heute haben die Russen nur bessere Werkzeuge für die Desinformation und die Cyberkriminalität. Konventionelle militärische Bedrohungen sind einfacher: Panzer, Raketen – da weiß man, wie man reagiert. Viele europäische Armeen sind im Moment noch zu klein, aber das kann man relativ leicht ausbauen. Informationskriege sind viel schwieriger, weil man kein klares Ziel ins Visier nehmen kann. Unsere größte Stärke ist unsere Einheit – als Nationen und in Allianzen wie der Nato und der EU. Diese Einheit versuchen die Russen zu brechen, durch Desinformation und Polarisierung. Sie sind gut darin, die Verteidigung dagegen ist schwierig.

Screenshot 2025-09-09 112354.png

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen saß vor einigen Tagen in einem Flugzeug, dessen GPS-System gestört wurde. Der Vorfall wird nicht weiter untersucht, es könnte sich aber um einen Sabotage-Akt Russlands handeln. Gibt es Belege, dass Russland in Europa vermehrt die Navigationssysteme von Flugzeugen stört?

Da gibt es viele Belege. In Ostfinnland, nahe der russischen Grenze, konnten Rettungsfahrzeuge manchmal ihre Ziele nicht finden, weil sie sich nicht auf GPS verlassen konnten. An finnischen Flughäfen in Grenznähe zu Russland konnten Flugzeuge nicht allein mit GPS landen, sie mussten auf Backup-Systeme zurückgreifen. Dasselbe haben wir um Kaliningrad gesehen und in den baltischen Staaten. GPS-Spoofing und -Jamming gibt es schon seit Langem.

Wie gefährlich ist das?

Ein Teil davon ist rein defensiv, um militärische Einrichtungen gegen ukrainische Drohnenangriffe zu schützen. Aber die Russen nehmen keine Rücksicht darauf, ob sie Nachbarn treffen. Manche Störungen sind ganz klar aggressiv: Russland stört den Schiffs- und Landverkehr anderer Staaten. Auch der zivile Luftverkehr ist betroffen. Flugzeuge und Schiffe haben zwar Backup-Systeme – aber die Gefahr von Unfällen ist da, besonders wenn Menschen nicht an solche Störungen gewöhnt sind. In Finnland ist die Navigation in manchen Gegenden sowieso schwierig, und wenn dann noch GPS gestört ist, steigt die Gefahr.

Krause.jpg

Wie kann sich Europa gegen hybride Angriffe wehren?

Das Hauptziel sind die politischen Führungspersonen im Westen. Aber benutzt wird die Bevölkerung – weil wir Demokratien sind. Wenn man die öffentliche Meinung beeinflusst, beeinflusst man die Politik. Das heißt: Jeder Europäer ist ein Ziel und ein Werkzeug. Deshalb muss man die Zivilbevölkerung stärken und weiterbilden, damit sie den Umgang mit Desinformation lernt. Unser früherer finnischer Präsident Sauli Niinistö hat mal gesagt: „Die wichtigste Verteidigungslinie gegen hybride Angriffe liegt zwischen den Ohren jedes Bürgers.“

Die Verantwortung liegt also beim Einzelnen?

Ja. Jeder einzelne muss erkennen, was passiert. Man muss Informationen prüfen, bevor man sie glaubt oder weitergibt. In Finnland gibt es Programme, in denen Kinder Medienkompetenz lernen: skeptisch sein, Fakten prüfen. Bildung ist wichtig. Je besser man versteht, was in der Welt passiert, desto leichter erkennt man, ob eine Nachricht echt ist oder nicht. Natürlich müssen auch die Plattformen wie Google, Amazon und andere Verantwortung übernehmen – sie verdienen Milliarden, werden aber als Werkzeuge gegen unsere Demokratie missbraucht. Wir müssen auch Desinformationskampagnen stören und richtige Informationen verbreiten. Dass die USA sich aus diesem Bereich teilweise zurückziehen, ist kein gutes Zeichen.

536448836.jpg

US-Präsident Donald Trump verbreitet selbst gern Desinformation. Wie brenzlig ist das – mit Blick darauf, dass die Europäer von den USA militärisch abhängig sind?

Da wir von den US-Geheimdiensten abhängig sind, wenn man sich die militärische Bedrohung und die Cyber-Bedrohungen ansieht, sollten wir unsere eigenen Fähigkeiten verbessern, um mit beidem umzugehen. Und die Europäer sollten sich selbst gegen Desinformation wehren können. Wir Finnen sind in manchem Experten, besonders in Bezug auf Russland. Seit 100 Jahren schauen wir fast ausschließlich nach Osten. Deshalb wissen wir mehr als viele andere. Wir haben auch eine enge Kooperation mit Partnerdiensten im Ausland.

Also können andere europäische Länder viel von den Finnen lernen?

Wir haben in Finnland viel getan, aber wir sind kein Beispiel, das sich auf andere Länder übertragen lässt. Wir sind ein kleines, homogenes und relativ reiches Land. Es gibt wenig Migranten. Viele Menschen wollen nicht nach Finnland ziehen, sei wegen des Essens, des Klimas, der Sprache oder der Finnen selbst. Wir haben ein hohes Bildungsniveau und eine gemeinsame Geschichte, die wir ehren. Im Zweiten Weltkrieg starben 95.000 finnische Soldaten für unsere Freiheit bei einer damaligen Bevölkerung von 3,6 Millionen Menschen. Jeder einzelne Friedhof in Finnland hat einen Soldatenfriedhof, und wir gedenken der Gefallenen. Jeder weiß also, dass die Bedrohungen immer aus dem Osten kam.

545153090 (1).jpg

Und deshalb sind die Finnen vorsichtiger, was Russland angeht?

Unsere historischen Wurzeln lehren uns, skeptisch gegenüber allem zu sein, was aus Russland kommt. Aber andere europäische Länder haben eine andere Geschichte – sie kennen die Russen teilweise schlechter. Sie sind weniger homogen und damit leichter angreifbar. Das Wichtigste ist: Die politische Führung muss zuhören. In Finnland gibt es großes Vertrauen zwischen Politik und Sicherheitsbehörden. Aber Trump hört seinen Geheimdiensten nicht zu. Im Gegenteil: Er feuert jeden, der etwas sagt, was er nicht mag. Das ist immer der sicherste Weg in die Katastrophe.

Werfen wir einen Blick auf die Ukraine, die militärisch auch von den USA abhängt. Trump sperrte Kiew zeitweise den Zugang zu US-Satellitenbildern, um ihre Zustimmung zu einer Waffenruhe mit Russland zu erzwingen. Hält er immer noch Informationen gegenüber der Ukraine zurück?

Der Austausch von Geheimdienstinformationen geht jetzt weiter und das ist wichtig, weil die Ukraine mit ihren Langstreckenfähigkeiten aufwartet. Die Ukrainer haben ihre Flamingo-Marschflugkörpern mit einer Reichweite von bis zu 3000 Kilometern entwickelt. Flamingo hat bei Treffern eine Genauigkeit von etwa 15 Metern. Aber jede Langstreckenrakete ist nutzlos, wenn man die Zielinformationen nicht hat. In der Aufklärung über das Ziel braucht man eine Genauigkeit von wenigen Metern.

Und das können nur die USA bieten?

Ja, weil sie über globale Fähigkeiten verfügen, um überall genau zu zielen. Manchmal reichen auch Open Source Informationen, die man von Satellitendiensten kaufen kann, zum Beispiel bei zivilen Zielen wie Raffinerien. Aber wenn man militärische Ziele treffen will, die versteckt sind und sich manchmal bewegen, braucht man oft die Hilfe der USA. Zwar haben die europäischen Länder ihre Unterstützung für die Ukraine in diesem Bereich verstärkt. Aber wir sind immer noch nicht in der Lage, die US-Fähigkeiten vollständig zu kompensieren.

Was kann der ukrainische Geheimdienst im Krieg ohne jede Hilfe erledigen?

Wir haben gesehen, dass die Ukrainer eigenständig Operationen innerhalb Russlands durchführen können – mithilfe ihres Personals dort. Da hilft ihnen die Geschichte. Viele Ukrainer sprechen Russisch und verstehen, wie die Russen vorgehen. Sie kennen die größte Schwachstelle des russischen Systems: Dass die Russen korrupt sind, dass man kaufen kann, was man will, wenn man genug Geld und die richtigen Kontakte hat. Dies hilft den Ukrainern, in Russland zu operieren und auch ihre taktischen Geheimdienstinformationen an der Front zu organisieren.

546192233.jpg

Welche Schritte gehen Europäer jetzt, um unabhängig von US-Geheimdiensten zu werden?

Die Verteidigung Europas wurde über 80 Jahre lang erfolgreich in der Nato organisiert. Wir sollten nicht versuchen, das Rad neu zu erfinden. Die EU kann der Nato aber helfen, die Verteidigungsforschung und -industrie aufzubauen, um alles bereit zu stellen, was die Nato-Armeen brauchen. Und wir brauchen einen europäischen Ersatz für die Vernetzung von Führungsinformationssystemen der USA, um große Verbände zu kommandieren und Geheimdienstinformationen besser austauschen zu können.

Worauf können wir aufbauen?

Die Industrie in der EU hat schon einiges entwickelt. Wir haben mit Galileo ein leistungsfähiges satellitenbasierte Navigationssystem, das die Unabhängigkeit Europas von anderen Systemen wie GPS sichert und eine zivile Alternative bietet. Wir haben innovative Unternehmen wie Iceye in Finnland, das Mikrosatelliten herstellt und betreibt. Wir müssen bedenken, dass die militärischen Fähigkeiten der USA global ausgerichtet sind. Das sollten wir so nicht kopieren, weil wir das nicht brauchen. Wir müssen europäische Fähigkeiten für die europäischen Bedürfnisse aufbauen. Das alles ist ziemlich schnell machbar, weil wir nur wissen müssen, was in Europa und den Nachbarstaaten geschieht.

546197408.jpg

Sie sind also optimistisch, dass die Europäer das jetzt schaffen werden?

Wissen Sie, als Ex-Militär muss man das Glas immer halb voll sehen. Wenn die Europäer wirklich daran arbeiten, könnten sie in ein paar Jahren Fähigkeiten zur eigenen Verteidigung und für die Unterstützung der Ukraine aufbauen. Es gibt auch komplizierte Aufgaben, zum Beispiel die Antwort auf die Frage, welcher europäische Geheimdienst bei der Zusammenarbeit die Führung übernehmen soll. Geheimdienste sind national geprägt und eifersüchtig in Bezug auf ihre Quellen.

Mit Pekka Toveri sprach Lea Verstl

Tags: Politik
Previous Post

Leute: Kichernd durch die Kabinettssitzung

Next Post

Feuer: Seniorin wird bei Wohnungsbrand schwer verletzt

Next Post
feuer:-seniorin-wird-bei-wohnungsbrand-schwer-verletzt

Feuer: Seniorin wird bei Wohnungsbrand schwer verletzt

Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

RECOMMENDED NEWS

liveticker-zur-iaa-2025:-grosser-andrang-am-ersten-tag

Liveticker zur IAA 2025: Großer Andrang am ersten Tag

5 Tagen ago
ranking:-teures-rad,-teure-risiken:-das-sind-die-besten-fahrradversicherungen-des-jahres-2025

Ranking: Teures Rad, teure Risiken: Das sind die besten Fahrradversicherungen des Jahres 2025

6 Tagen ago
studie-zur-mundgesundheit:-karies-in-deutschland-geht-zurueck

Studie zur Mundgesundheit: Karies in Deutschland geht zurück

7 Tagen ago
fuenfkampf-funktionaere-beenden-vorerst-chaos

Fünfkampf-Funktionäre beenden vorerst Chaos

7 Tagen ago

BROWSE BY CATEGORIES

  • Aktien
  • Finanzen
  • Gesundheit
  • Nachrichten
  • Politik
  • Sport
  • Technik
  • Unterhaltung
  • Urlaub & Reisen
  • Wirtschaft / Börse

BROWSE BY TOPICS

24H2 25H2 AfD Ausland Auto Super Resolution Berlin Betriebssysteme Bundesliga Campino CDU Click to Do Copilot+ Datei Explorer Deutschland DHB Donald Trump Dyn Handball Eintracht Frankfurt Emoji 16.0 Fußball Handball Handys & Smartphones HBL iPhone Air KB5065789 KI Features Kriminalität Leben Microsoft Mobiles News Nordrhein-Westfalen Palästina Passkeys Politik Polizei Preview Update Reisen Security Software and Services Snapdragon Software SPD USA Windows Windows Einstellungen

POPULAR NEWS

  • viele-megatrends,-eine-aktie-–-ist-das-die-naechste-palantir?

    Viele Megatrends, eine Aktie – ist das die nächste Palantir?

    0 shares
    Share 0 Tweet 0
  • Taliban verbieten Hautkontakt – Helfer lassen Frauen in Trümmern zurück

    0 shares
    Share 0 Tweet 0
  • Ukraine: Russland verschleppt das Gespräch mit Selenskij

    0 shares
    Share 0 Tweet 0
  • Windows-11-Patch löscht heimlich zwei Programme von Ihrem PC: Das steckt dahinter

    0 shares
    Share 0 Tweet 0
  • 1&1-Nutzer melden Störung ihrer Internetverbindung

    0 shares
    Share 0 Tweet 0

Suedpole. Nachrichten

Follow us on social media:

Recent News

  • VfL Gummersbach gegen Füchse Berlin: So empfangt ihr die HBL-Partie kostenlos im TV und Live-Stream
  • Leichtathletik-WM in Tokio: Bredau und der Titelverteidiger schon draußen
  • KI-Genie: „Hölle los“ bei Amazon! Broadcom, Bloom verdoppelt – Nvidia-Hype aus?!

Category

  • Aktien
  • Finanzen
  • Gesundheit
  • Nachrichten
  • Politik
  • Sport
  • Technik
  • Unterhaltung
  • Urlaub & Reisen
  • Wirtschaft / Börse

Recent News

vfl-gummersbach-gegen-fuechse-berlin:-so-empfangt-ihr-die-hbl-partie-kostenlos-im-tv-und-live-stream

VfL Gummersbach gegen Füchse Berlin: So empfangt ihr die HBL-Partie kostenlos im TV und Live-Stream

14. September 2025
leichtathletik-wm-in-tokio:-bredau-und-der-titelverteidiger-schon-draussen

Leichtathletik-WM in Tokio: Bredau und der Titelverteidiger schon draußen

14. September 2025
  • About
  • Advertise
  • Careers

© 2025 Suedpole. Nachrichten

No Result
View All Result
  • Start
  • Politik
  • Sport
  • Urlaub & Reisen
  • Gesundheit
  • Aktien
  • Unterhaltung
  • Finanzen
  • Wirtschaft / Börse
  • Technik

© 2025 Suedpole. Nachrichten

Welcome Back!

Login to your account below

Forgotten Password? Sign Up

Create New Account!

Fill the forms below to register

All fields are required. Log In

Retrieve your password

Please enter your username or email address to reset your password.

Log In