
Lage in Nahost Ein Tag, an dem die Waffenruhe gefährlich wankte
Stand: 19.10.2025 21:27 Uhr
Israel und die Hamas haben sich gegenseitig vorgeworfen, die Waffenruhe gebrochen zu haben. Beide Seiten meldeten Angriffe und Tote. Am Abend teilte Israels Militär dann mit, die Waffenruhe werde wieder eingehalten.
Nach heftigen Luftangriffen im Gazastreifen will die israelische Armee nach eigenen Angaben die Gaza-Waffenruhe wieder einhalten. „Auf Anweisung der politischen Führung und nach einer Reihe schwerer Angriffe als Reaktion auf die Verstöße der Hamas hat die IDF (Armee) mit der erneuten Durchsetzung der Waffenruhe begonnen“, hieß es in einer auf Telegram verbreiteten Mitteilung. Zugleich warnte die Armee, sie werde auf jeden Verstoß entschieden reagieren.
Die mühsam vereinbarte Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas war zuvor gefährlich ins Wanken geraten – neun Tage nach ihrem Inkrafttreten. Israel meldete Angriffe auf seine Truppen im Süden des Gazastreifens – vermutlich durch Kämpfer der Terrororganisation Hamas. Dabei soll es zwei Tote gegeben haben. Auch im Norden des Gazastreifens hätten sich Bewaffnete israelischen Soldaten genähert und seien erschossen worden.
„Antwort auf die eklatante Verletzung der Waffenruhe“
Die israelische Luftwaffe bombardierte daraufhin Ziele im Gazastreifen. Unter anderem sei „eine Serie von Angriffen gegen Hamas-Terrorziele im südlichen Gazastreifen“ geflogen worden, so das Militär. Dies sei eine „Antwort auf die eklatante Verletzung der Waffenruhe“ durch die Hamas.
Insgesamt wurden nach Angaben mehrerer Krankenhäuser bei verschiedenen Angriffen 14 Palästinenser getötet. Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium meldet höhere Zahlen. Getroffen wurde demnach auch ein behelfsmäßiges Café an der Küste, wobei es mindestens sechs Tote gab. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben nicht.
Hamas widerspricht Israels Darstellung
Dem israelischen Militär zufolge hatten zuvor Extremisten in Rafah an der Grenze des Gazastreifens zu Ägypten Soldaten mit einer Panzerfaust beschossen. Die Soldaten befanden sich den Angaben zufolge in einem Gebiet, das laut Waffenruheabkommen weiter von Israel kontrolliert wird.
Ein hochrangiger Hamas-Vertreter bestritt, dass seine Organisation an dem Angriff beteiligt gewesen sei. Die Hamas erklärte, die Kommunikation mit ihren in Rafah verbliebenen Einheiten sei seit Monaten unterbrochen. „Wir sind nicht verantwortlich für irgendeinen Zwischenfall in diesen Gebieten“, erklärte sie.
Rechtsextremer Minister schreibt von „Krieg“
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beriet sich mit Kommandeuren der Sicherheitskräfte und wies das Militär an, „entschlossen gegen Verstöße gegen die Waffenruhe vorzugehen“. Mit einer Wiederaufnahme des Krieges drohte er nicht. Von anderen Mitgliedern seiner Koalition kamen schärfere Töne: Verteidigungsminister Israel Katz drohte der Hamas, sie werde „einen hohen Preis zahlen“ für „jeden Schuss“ auf israelische Soldaten und „jeden Bruch der Waffenruhe“. Der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich schrieb im Onlinedienst X: „Krieg!“
Gemäß des von US-Präsident Donald Trump vermittelten 20-Punkte-Plans gilt im Gazastreifen seit dem 10. Oktober eine Waffenruhe. Die israelische Armee hat sich teilweise zurückgezogen und kontrolliert nun etwa die Hälfte des Gazastreifens, einschließlich der Grenzen – jedoch nicht die wichtigsten Städte.
Die Hamas hat ihrerseits – wie vereinbart – 20 vor zwei Jahren in das Palästinensergebiet verschleppte Geiseln freigelassen. Von den 28 toten Geiseln, die laut dem Abkommen ebenfalls hätten zurückgegeben werden müssen, sind jedoch erst zwölf wieder in Israel.