Stand: 13.09.2025 17:15 Uhr
Mehr als 110.000 Menschen sind in London dem Aufruf des Rechtsextremen Robinson gefolgt und protestieren gegen Einwanderung. Auch der US-Amerikaner Steve Bannon ist vor Ort. Tausende schlossen sich einer Gegendemo an.
Bei einer Großdemonstration der rechten Szene in Großbritannien sind nach Schätzungen der Polizei in London mehr als 110.000 Menschen auf die Straße gegangen. Das teilte die Polizei mit. „Es scheint einer der größten Proteste dieser Art zu sein“, sagte ARD-Korrespondentin Valerie Krall. Angeführt und organisiert wurde der Aufzug von dem bekannten britischen Rechtsextremisten Tommy Robinson.
Auf Plakaten und Fahnen waren Slogans für eine schärfere Asylpolitik zu lesen – etwa „Stoppt die Boote“ oder „Schickt sie nach Hause“, wie unter anderem der Sender Sky berichtete. Auch Anti-Transgender-Aktivisten waren der BBC zufolge unter den Demonstranten.
Etwa 5.000 Gegendemonstranten
Die Teilnehmenden bei einer Gegendemonstration unter dem Motto „Marsch gegen Faschismus“ gibt die Polizei mit etwa 5.000 an. Genaue Zahlen seien bei solchen Großveranstaltungen allerdings schwer zu schätzen, hieß es. Die Polizei verwende Aufnahmen von Überwachungskameras und Polizeihubschraubern.
Teilnehmende hielten Plakate mit Botschaften wie „Widersetzen Sie sich Tommy Robinson“, „Flüchtlinge willkommen“ und „Frauen gegen die extreme Rechte“ in die Höhe.
Etwa 1.000 Beamte der Metropolitan Police wurden in London eingesetzt, 500 Polizeikräfte seien aus Leicestershire, Nottinghamshire, Devon und Cornwall ausgeliehen worden, wie die BBC berichtet.
„Tommy Robinson wird von Milliardären finanziert, für eine Agenda für Milliardäre“, hieß es auf einem Plakat der Gegendemo.
Fahnenmeer in Londons Zentrum
Bereits kurz nach Mittag waren die Straßen im Zentrum Londons rund um Waterloo voller Menschen mit Union-Jack-Flaggen und englischen Flaggen. Auch Sprechchöre gegen den britischen Premierminister Keir Starmer waren laut Sky zu hören.
Nach Angaben der Met Police griff eine Gruppe von Demonstranten im Regierungsviertel Polizeibeamte mit Projektilen an. Diese hätten versucht, in einen abgesperrten Bereich zu gelangen, teilte die Behörde mit. Daraufhin habe die Polizei Gewalt anwenden müssen, um zu verhindern, dass die Absperrung durchbrochen werde. Diese sei dort errichtet worden, um die Demonstranten von Teilnehmenden der Gegendemo zu trennen.
Geplant war noch eine Kundgebung im Regierungsviertel in Westminster, darunter als Redner auch der ehemalige Stratege von US-Präsident Donald Trump, Steve Bannon, wie die Nachrichtenagentur PA unter Berufung auf Robinson berichtete.
Großbritanniens bekanntester Rechtsextremer
Tommy Robinson, der eigentlich Stephen Yaxley-Lennon heißt, ist einer der prominentesten Rechtsextremen Großbritanniens. Er wurde Anfang der 2000er-Jahre als Anti-Islam-Aktivist bekannt.
Der frühere Chef der rechtsextremen Vereinigung English Defence League macht mit seinen islamfeindlichen Aktivitäten und gewalttätigen Protesten auf sich aufmerksam, sagt ARD-Korrespondentin Krall. „Die English Defence League gibt es nicht mehr, aber Tommy Robinson ist seitdem nicht von der Bildfläche verschwunden“, sagte sie. Er habe immer wieder Proteste vor Hotels organisiert, in denen Geflüchtete untergebracht wurden.
Tommy Robinson (Bildmitte) gilt als bekanntester Rechtsextremist Großbritanniens.
Erst im Oktober 2024 musste Robinson in Haft. Trotz einer gerichtlichen Unterlassungsverfügung hatte er falsche Behauptungen über einen syrischen Geflüchteten verbreitet. Monate später wurde er wieder entlassen.
Man sehe bei den Protesten heute, dass es „ganz klar seine Zielgruppe ist, die da auf der Straße ist“, sagte die Journalistin. 70 bis 80 Prozent der Teilnehmenden seien Männer, hauptsächlich weiß.
Schulterschluss mit US-Rechtsnationalen?
Das Attentat auf den rechtsnationalen US-Podcaster Charlie Kirk habe dazu geführt, dass noch mehr Menschen sich der Demonstration angeschlossen haben, sagte Krall. „Es wurde versucht, das ganze als eine Meinungsfreiheit-Demonstration zu etablieren.“
Fast alle Redner hätten Kirk erwähnt und ihn als „Märtyrer“ dargestellt, der für die Sache der Rechten gestorben sei. Viele hätten von einem Wandel oder einem Aufbruch in eine neue Ära gesprochen. Der Tenor sei gewesen: „Wir stehen heute zusammen und können etwas anstoßen“, beschrieb die Korrespondentin ihre Eindrücke.
Zudem sei die christliche Botschaft nun deutlicher zu Tage getreten als noch bei vorherigen Demonstrationen. Der christliche Hintergrund habe bislang bei Robinson nicht im Vordergrund gestanden, „da sieht man jetzt vielleicht die Verbindung zwischen den unterschiedlichen Bewegungen“, sagte Krall. Es gehe jetzt mehrheitlich um die christlich-weiße Identität.