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Scharfe Kritik an „inakzeptablen“ US-Sanktionen gegen HateAid-Spitze

Suedpole. by Suedpole.
13:33:01 24. Dezember 2025
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Scharfe Kritik an „inakzeptablen“ US-Sanktionen gegen HateAid-Spitze

Josephine Ballon und Anna-Lena von Hodenberg

Stand: 24.12.2025 13:42 Uhr

Von den USA verhängte Einreiseverbote für die Geschäftsführerinnen der Organisation HateAid ziehen massive Kritik der Bundesregierung nach sich. Die EU verteidigt ihre Digitalgesetze – und will sich gegen „ungerechtfertigte Maßnahmen“ wehren.

Die von den USA verhängten Einreiseverbote, unter anderem für die Geschäftsführerinnen der deutschen Beratungsstelle HateAid, ruft in der deutschen Politik und bei EU-Vertretern heftige Kritik hervor. Bundesaußenminister Johann Wadephul verurteilte den Schritt der US-Regierung als „nicht akzeptabel“.

Beim Kurznachrichtendienst X betonte Wadephul, die Arbeit von HateAid stütze sich auf das EU-Gesetz für digitale Dienste, den sogenannten Digital Services Act (DSA). Das Gesetz sei „von der EU für die EU demokratisch beschlossen“ worden und „stellt sicher, dass alles, was offline illegal ist, auch online illegal ist“, schrieb der CDU-Politiker.

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Zuvor hatte die US-Regierung Sanktionen gegen Josephine Ballon und Anna-Lena von Hodenberg bekannt gegeben. Sie stehen an der Spitze der 2018 gegründeten gemeinnützigen Organisation HateAid, die psychologische und rechtliche Unterstützung für Menschen anbietet, die im Internet diskriminiert, beleidigt, bedroht oder angegriffen werden.

Justizministerin Hubig gibt HateAid Rückhalt

Auch Bundesjustizministerin Stefanie Hubig stellte sich hinter die Arbeit von HateAid. Die Organisation leiste einen wichtigen Beitrag dazu, dass Persönlichkeitsrechte auch im digitalen Raum geschützt würden. „Denn wenn Betroffene von Hassrede schutzlos bleiben, dann ist der demokratische Diskurs nicht frei“, warnte Hubig. Wer das als Zensur bezeichne, stelle „unser rechtsstaatliches System falsch dar“. Die Organisation unterstütze Betroffene, verbiete aber selbst keine Meinungsäußerungen. Die SPD-Ministerin hob hervor:

Die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland werden von der Verfassung gezogen, vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber – und von einer unabhängigen Justiz.

USA wirft Betroffenen Zensur vor

Die US-Regierung begründet die Sanktionen mit angeblicher Zensur durch „radikale Aktivisten“ und Nichtregierungsorganisationen. „Viel zu lange haben Ideologen in Europa organisierte Bemühungen angeführt, um amerikanische Plattformen dazu zu zwingen, amerikanische Standpunkte zu bestrafen, die ihnen nicht passen“, äußerte sich Außenminister Marco Rubio zu den verhängten Einreiseverboten.

Von den Sanktionen sind neben den HateAid-Geschäftsführerinnen auch der frühere französische EU-Kommissar Thierry Breton betroffen, der als Architekt des DSA gilt. Sie gelten auch für die Gründerin des britischen Global Disinformation Index (GDI), Clare Melford, und den Gründer des in den USA und Großbritannien tätigen Center for Countering Digital Hate (CCDH), Imran Ahmed. Der Brite lebt der Organisation zufolge in Washington, ihm droht nun die Abschiebung aus den USA.

HateAid prangert „Akt der Repression“ an

HateAid verurteilte die Sanktionen als „Akt der Repression einer Administration, die zunehmend Rechtstaatlichkeit missachtet und versucht, ihre Kritiker mit aller Härte zum Schweigen zu bringen“. Die Organisation forderte von der Bundesregierung und der europäischen Kommission „ein klares Signal, dass das nicht hinnehmbar ist“. Sonst seien europäische Gesetze „nicht mehr das Papier wert, auf dem sie geschrieben wurden“.

Der ehemalige EU-Kommissar Breton verglich die US-Sanktionen mit der „Hexenjagd“ auf vermeintliche Kommunisten zu Zeiten der berüchtigten McCarthy-Ära in den USA, in der viele Menschen zu Unrecht ins Visier der Staatsgewalt gerieten. „An unsere amerikanischen Freunde: Die Zensur findet nicht dort statt, wo ihr sie wähnt“, so Breton bei X.

Grüne drängen auf Reaktion der Regierungskoalition

Die Grünen fordern von der Bundesregierung eine entschiedene Reaktion auf die Einreiseverbote. Omid Nouripour, Vizepräsident des Bundestags, sagte, die Regierung solle „umgehend den Geschäftsträger der US-Botschaft einbestellen. Hier geht es um den Schutz deutscher Staatsbürger.“ Parteichefin Franziska Brandner schloss sich dieser Forderung an. „Die Einreiseverbote sind ein autoritärer Einschüchterungsversuch und ein direkter Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit in Europa“, kritisierte sie. Wer den Einsatz gegen Hass, Bedrohung und digitale Gewalt als „radikalen Aktivismus“ diffamiere, stelle Meinungsfreiheit bewusst auf den Kopf. 

Die förmliche Einbestellung eines Botschafters gilt als scharfes diplomatisches Mittel, mit dem die Regierung des Gastlandes eine deutliche Verstimmung signalisiert.

Scharfe Worte kamen auch aus den Reihen der SPD. Die stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Sonja Eichwede, betonte, die USA würden versuchen, „unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Meinungsfreiheit“ gegen Menschen und Organisationen vorzugehen, „die sich für soziale Plattformen ohne Hass und Hetze einsetzen“. Und die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Carmen Wegge, warf der US-Regierung eine schlichtweg falsche Argumentation vor. „Strafbares Verhalten wie Volksverhetzungen und Beleidigungen sind nicht von der Meinungsfreiheit geschützt“, mahnte sie.

EU droht entschiedene Gegenmaßnahmen an

Die EU-Kommission stellte bereits in Aussicht, sie werde „schnell und entschieden reagieren, um unsere Regulierungsautonomie gegen ungerechtfertigte Maßnahmen zu verteidigen“, sollte dieser Schritt erforderlich werden. Zunächst habe sie die USA „um Klarstellung“ gebeten.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb bei X, die US-Sanktionen kämen „einer Einschüchterung und Nötigung gleich“ und zielten darauf ab, „die Souveränität Europas zu untergraben“. „Gemeinsam mit der Europäischen Kommission und unseren europäischen Partnern werden wir weiterhin unsere digitale Souveränität und unsere regulatorische Autonomie verteidigen“, betonte Macron.

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